Molekularlargenetischer Arbeitsplatz
Molekulargenetischer Arbeitsplatz

Hintergrund

Der Einsatz molekularbiologischer Methoden in der modernen Evolutionsforschung weist zwei entscheidende Vorteile auf: Die Methodik ist universell auf alle Organismen anwendbar und erlaubt Erkenntnisse entlang einer langen Zeitspanne von vielen Millionen Jahren. Der molekulare Ansatz ermöglicht die Erfassung genetischer Biodiversität, die der Biodiversität der Arten zugrunde liegt. Darüber hinaus kann der Ansatz über Verwandtschaftsbeziehungen Aufschluss geben und dahinter steckende Mechanismen erklären.
Wenn sich Arten von einem gemeinsamen Vorfahren differenzieren, akkumulieren sie regelmäßig Mutationen, wodurch sie sich genetisch voneinander entfernen und weiterentwickeln. Während sich so in bestimmten Abschnitten des Genoms regelmäßig Mutationen anreichern, ist das Tempo der morphologischen Veränderung höchst variabel. Durch Anwendung dieser molekularen, evolutionären Uhr ermöglichen genetische Daten Einblicke in die historische Zoogeographie und Phylogeographie von Arten und Populationen: Die biogeographische Geschichte der Verbreitungsmuster kann aufgedeckt werden. Speziationsereignisse können zurückverfolgt werden, beispielsweise auf eine zugrundeliegende Trennung der Ursprungs-Population durch entstandene geographische Barrieren.

Durch immer komplexer werdende gesetzliche Regelungen wie das Nagoya-Protokoll, wird es immer schwieriger Frischmaterial genetisch zu untersuchen. Daher gewinnt die Analyse von historischer DNA aus Museumsexemplaren zunehmend an Bedeutung. Das molekulargenetische Labor am Museum für Tierkunde in Dresden stellt sich dieser Zukunftsaufgabe und ist auf die Analytik von aDNA (ancient DNA) spezialisiert.

Infrastruktur

Das molekulargenetische Labor des Museums für Tierkunde enthält einen Hauptbereich, sowie eine separate Laboranlage zur Bearbeitung von Probenmaterial (Gewebe, Federn, Haare und Knochen) von Organismen aus Museumssammlungen mit aDNA-Methodik. Um Kontaminationen zu minimieren, werden die anfälligsten Schritte (DNA-Isolierung, PCR-Ansatz und DNA-library preparation) in einem Reinraum in einem anderen Gebäude durchgeführt.

Das gewonnene Erbgut wird mittels mehrerer PCR-Maschinen mit „fast“-Modus, einem Sequenzer der Firma Applied Biosystems (ABI 3730 Genetic Analyzer, 48 Kapillaren) und einem MiSeq-Sequenzer der Firma Illumina analysiert.

Die Ausstattung des Labors* ist auf derselben Stufe wie bei entsprechenden Einrichtungen universitärer Forschungsinstituten auf dem Gebiet der Systematik. Neben der Arbeit mit aDNA oder historischer DNA aus Museumsmaterial wird das Labor bei der Grundlagenforschung auf den Gebieten der Verwandtschaftsanalyse und Populationsgenetik sehr effektiv eingesetzt. Sequenzen können zeitnah zur Isolierung und Amplifizierung des Erbmaterials aus den Proben analysiert und ausgewertet werden; Fragmentanalysen können gezielt optimiert werden.

* Zur Ausstattung des Labors gehören u.a.:

  • 7 PCR-Maschinen (Eppendorf, ABI, BIOER)
  • qPCR-Maschine
  • Covaris
  • TapeStation
  • Qubit
  • Nanodrop One
  • ABI Sanger Sequenzer
  • MiSeq

Forschung

Der Schwerpunkt im molekulargenetischen Labor ist die Erforschung systematisch-taxonomischer, phylogenetischer und populationsgenetischer Fragestellungen. Gut ausgerüstet mit dem Laborbereich zur Arbeit mit aDNA und der entsprechenden Expertise, ist das Labor Senckenberg Wissenschaftlern aller Institute zugänglich. Die Fragestellungen der Laborleiterin, Dr. Anna K. Hundsdörfer, werden auf diesen Seiten vorgestellt.