Sonne Expedition - FS Sonne SO239The dark side of the Moon13.04.2015, 08:37, The dark side of the Moon
Während die Erde sich zwischen Sonne und Mond schob und damit die kürzeste totale Mondfinsternis des 21. Jahrhunderts begann, befanden wir uns im Kühllabor mitten auf dem Pazifik, siebten Proben vom Einsatz des Epibenthosschlittens der vergangenen Nacht und verschwendeten dabei keinen (oder fast keinen) Gedanken an das, was in diesem Moment am Himmel über uns geschah, sondern viereinhalb Kilometer unter uns am tiefen Meeresgrund. Es ist gemeinhin bekannt, dass wir mehr über das Universum, die Oberfläche des Mondes und die Anzahl der Sterne in unserer Milchstraße wissen als über das Leben in der Tiefsee. Wenn man annimmt, dass Manganknollen über Millionen von Jahren geformt wurden, ist klar, dass es unglaublich lange dauern würde, bis der Meeresboden sich dort nach einem Abbau erholt haben wird. Deshalb ist man jetzt schon dabei, Schutzzonen einzurichten, in denen kein Abbau erfolgt, und von wo aus Tiere die gestörten Gebiete wiederbesiedeln könnten. Wir wollen dazu wissen, ob manche Arten überall zu finden sind oder nur sehr lokal verbreitet vorkommen. Mit dieser Information können wir dann genauer bestimmen, in welchem
Bislang wissen wir nur sehr wenig über das Leben im Manganknollengürtel. Bekannt jedoch ist, dass einige Tiere Larven besitzen, die über Meeresströmungen weit verdriftet werden können. Andere, wie etwa die sogenannten Isopoden und Tanaidacea, also Asseln und Scherenasseln, die zu den Krebstieren zählen, betreiben Brutpflege und tragen ihre Jungtiere in einer Bruttasche unter dem Bauch herum. Zudem bauen zahlreiche Tanaidacea Röhren, in denen sie vermutlich ihr ganzes Leben bleiben. Die Jungtiere, die aus der Bruttasche entlassen werden, bleiben zunächst bei der Mutter, bis sie ein „unabhängiges“ Leben führen können und ihre eigene Röhre bauen - ganz in der Nähe zum „Elternhaus“. Diese Form der Entwicklung ist aus dem Flachwasser bekannt, und es kann nur vermutet werden, dass Tiefsee-Tanaidacea ein ähnliches Verhalten zeigen. Isopoden und Tanaidacea sind die Tiergruppen, mit denen wir arbeiten, und sie sind es auch, die vermutlich sehr sensibel auf einen Abbau reagieren würden, da ihre Verbreitung sehr eingeschränkt ist. Das ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Denn es konnte in einer Studie gezeigt werden, dass manche Isopoden in der CCZ über mehrere hundert Kilometer verbreitet sind. Dies scheint nur ein Katzensprung im Vergleich zur Entfernung der Erde zum Mond, aber ein riesiger für einen Tiefseekrebs mit einer Größe von nur wenigen Millimetern, und von denen die meisten weder krabbeln noch schwimmen können. Wie sie sich verbreiten und wie groß ihr genaues Verbreitungsgebiet ist, das ist nach wie vor unbekannt. Denn die meisten Arten, die wir finden, sind bislang neu für die Wissenschaft, und sie alle müssen noch beschrieben und benannt werden. Bis heute ist nur ein Bruchteil der CCZ untersucht worden, und sicherlich werden wir noch viele weitere unbeschriebene Arten dort entdecken. Aber gerade deshalb sind wir hier. Und jede Probe und jedes Tier, das wir uns anschauen, ist ein weiteres winziges Teil in einem riesigen, faszinierenden Puzzle.
Und nun noch einmal zurück zum Anfang: es befinden sich etwa 200 Milliarden Sterne in unserer Milchstraße, aber wie viele Arten leben in der CCZ? Auf diese Fragen schulden wir Ihnen noch eine Antwort!
Stefanie Kaiser, Senckenberg am Meer, Wilhelmshaven
The dark side of the MoonWhile the Earth aligned itself with the Moon and the Sun, initiating the shortest total lunar eclipse of the 21st century, we were in the cold room in the middle of the Pacific, half-way through sieving of the samples from the previous epibenthic sledge deployment and not spending too much thought (or just very little) on what was just happening in the sky above us, but rather on the bottom of the sea four-and-a-half kilometres underneath. Given that manganese nodules have formed over millions of years it will probably take tremendously long after mining for the seafloor to return to previous conditions. That is why preservation areas will need to be designated where no mining will occur and from where organisms can reconquer disturbed areas. So can all species be found everywhere or rather does each species have a distinctly limited distribution? The latter would, for instance, tell us where preservation areas would need to be placed relative to the mining site. Isopods and tanaidaceans are the ones, we are most interested in. And those are the ones, which are likely to be particularly sensitive to the destruction of their surroundings, as their home range may be very restricted. This, however, is just part of the story, as some CCZ isopods have been shown to live several hundred kilometres apart – a short hop compared to the distance to the Moon, though still a giant leap for deep-sea crustaceans only few millimetres in size, some of which may not even crawl or swim. How they disperse and what their actual distributional range is, remains obscure. This is also because most of the species we find are new to science and they all need to be described and named. Until now only a small fraction of the CCZ has been sampled and certainly many species are yet undiscovered. But this is why we are here for, and every sample and every individual we look at adds another jigsaw piece to a giant and fascinating puzzle. So coming back to the beginning: there are about 200 billion stars in the Milky Way, but how many species live in the CCZ? We still owe you an answer on this one! Stefanie Kaiser, Senckenberg am Meer, Wilhelmshaven
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