Mala-FFM_Unio elongatulus

Malakologie

Die Najaden-Serie des Monats


In lockerer Folge werden an dieser Stelle einzelne Serien aus der laufenden Bearbeitung der Najadensammlung des Senckenberg-Museums vorgestellt. Wunderliches neben Wunderbarem, Kurioses, auch Tragisches, welches den Schalen und ihrer Geschichte anhaftet, sollen einen kleinen Eindruck vom Reichtum der Sammlung vermitteln.
Nach einer kleinen Pause von 60 Monaten soll nun die Najadenserie des Monats fortgesetzt werden, wenn auch vielleicht nicht genau im Monatsrhythmus. Denn die Bearbeitung der Flussmuschelsammlung im Forschungsinstitut Senckenberg wurde in der Zwischenzeit weitergeführt und hat sich dem Ziel, diesen Sammlungsteil digital zu erfassen und zu revidieren, ein gutes Stück genähert. Dies geschah u.a. 2019 mit finanzieller Unterstützung durch die Datz-Stiftung.

Dass ein solcher Reichtum auch eine Herausforderung und Aufgabe ist, die gelegentlich zur Verzweiflung treiben kann, hat Charles Torrey Simpson sehr deutlich zu verstehen gegeben, als er versuchte, Ordnung in die aus Europa beschriebenen Arten der Gattung Anodonta (Teichmuscheln) zu bringen.
The number of specific names bestowed on the Anodontas of Europe must run up into the thousands. I have gone over the literature as carefully as possible, and large series of specimens from many localities, and I confess that I am absolutely unable to separate these forms specifically. The variations of form, size, color, solidity, and even texture are sufficient for a large number of species if they were not everywhere connected by intermediate examples. The new school of conchologists has named every conceivable variation, and in very many cases distorted individuals. Europe is a densely settled region, and it is possible that the waters of the streams and ponds in many places may be so affected by sewage and other offal as to produce many changes in the mollusks living in them. (Simpson, 1900: 621, Fußnote)

Simpson, C. T. (1900): Synopsis of the Naiades, or Pearly Fresh-Water Mussels. – Proceedings of the United States National Museum, 22: i-viii, 501-1044, Washington. (with Plate XVIII).

 

 

Mala-FFM_NSDM 2020_08_Elliptio complanata
Ein wertvoller Teil der Senckenberg-Sammlung sind Bestände, die von anderen Museen oder Forschungseinrichtungen übernommen wurden, nachdem diese ganz oder teilweise aufgelöst worden waren. Dabei handelt es sich oft um historisch wertvolles Material, das teilweise noch aus dem frühen  19. Jahrhundert stammt. Das bedeutendste Beispiel ist sicherlich mit über 400 Serien die Sammlung Heinrich Georg Bronn (1800 – 1862) aus dem Zoologischen Institut der Universität Heidelberg. Eine kleine Sammlung von Flussmuscheln stammt auch aus dem Museum der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg (http://www.nhg-nuernberg.de). Nach mehreren Umzügen kam das Material 1969 in Frankfurt an, wobei der Inhalt der Schachteln nur selten zu den Etiketten passte, die dabei lagen. Manches konnte einander zugeordnet werden, aber andere Fälle von Schalen ohne Beschriftung und Etiketten ohne dazu passendes Material werden wohl ungelöst bleiben. Doch auch wenn sich Schalen und Etiketten „gefunden“ haben, ist noch nicht alles aufgeklärt. Beim hier gezeigten Beispiel lassen sich Fundort („Baltimore“?) und Sammler („M.“ für Morris?) nicht mit letzter Sicherheit angeben. Bei der Bestimmung der Art (Elliptio complanata) war, wie in vielen weiteren Fällen, Dr. Arthur E. Bogan (Raleigh, North Carolina; https://naturalsciences.org/staff/arthur-bogan) in großzügiger Weise behilflich. Einen Eindruck von der großen und verwirrenden Vielfalt der Arten und Formen in der Gattung Elliptio erhält man im „Electric Elliptio Land“ (https://www.asc.ohio-state.edu/eeob/molluscs/Elliptio/elliptio.html) von G. Thomas Watters (1953 – 2019). Eine pdf-Version mit Inhaltsverzeichnis ist auf Anfrage erhältlich.
Mala-FFM_NSDM 2015_08
Das Schlusswort zum – vorläufigen – Ende der Najadenserien des Monats aus dem Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum lässt ein berühmter Sohn der Stadt Frankfurt sprechen, der auch eng mit der Gründung der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft verbunden ist: 
„Da steh ich nun, ich armer Tor,
und bin so klug als wie zuvor.“ 
Ob er dabei an die südamerikanischen Flussmuscheln der Gattung Diplodon dachte, ist nicht überliefert. Diese stehen aber beispielhaft für die noch zahlreichen offenen Fragen über Artabgrenzung, Artdiagnose und Verwandtschaftsbeziehungen sowie Stammesgeschichte bei den Flussmuscheln. Ein Beispiel für die vielen, oft sehr ähnlich aussehenden Formen (Arten? Unterarten?) innerhalb der Gattung zeigt die Serie des Monats August. Zwar haben moderne Methoden der Molekularbiologie wesentlich zur Klärung in vielen Bereichen beigetragen, aber die Bedeutung der klassischen Museumssammlungen nimmt deswegen nicht ab. Wenn auch noch 186 Jahre nach der Erstbeschreibung einer Diplodon-Art das ihr zugrunde liegende Schalenmaterial  wohl verwahrt – aber unerkannt oder vergessen – wiederentdeckt wird (Miyahira et al. 2013), dann sind Wert und Auftrag einer wissenschaftlich betreuten Sammlung einmal mehr nachdrücklich erwiesen. Miyahira, I. C., Mansur, M. C. D. & Santos, S. B. 2013. Revision of the type specimens of Diplodon ellipticus and Diplodon expansus (Bivalvia, Unionoida, Hyriidae). Spixiana 36 (2): 173-182.
Mala-FFM_NSDM 2015_06
Es gibt so viel zu entdecken in der wunderbaren Welt der Flussmuscheln, dass Überraschungen nicht ausbleiben können.  Manchmal streikt schier der Verstand und man fragt sich: Wie ist das möglich? Wie im Fall unserer Najadenserie des Monats: „partly gravid“ = ein bisschen schwanger?? Nun, die Lösung dafür ist überraschend einfach (nur teilweise mit Eiern oder Larven gefüllte Brutkiemen) und bei Flussmuscheln nicht selten anzutreffen. Übrigens ist die vorgestellte Art, Gonidea angulata (Lea, 1838) auch sonst ein bemerkenswertes Tier. Sie ist zwar im Westen Nordamerikas heimisch, scheint aber näher mit asiatischen Arten verwandt zu sein. 
Noch mehr Wunderliches und Unerwartetes aus dem Fortpflanzungsverhalten der Flussmuscheln gibt es in der Unio Gallery von M. Christopher Barnhart zu sehen: http://unionid.missouristate.edu/.
Mala-FFM_NSDM 2015_07
Ähnlich und doch ganz anders … Die Stacheln auf der Schale einer Lazarusklapper (Spondylus gaederopus, links) aus der Gattung der marinen Stachelaustern und die „Stacheln“ (eher: Röhrchen) einer Süßwasserauster aus Afrika (Etheria elliptica, rechts) vermitteln beide den Eindruck, dass es nicht ratsam ist, sich mit diesen Tieren einzulassen. In unterschiedlichen Lebensräumen entwickeln diese Arten ein ähnliches Aussehen. Da aber Stacheln sehr unterschiedliche Funktionen erfüllen können, handelt es sich vielleicht nur um eine Äußerlichkeit. Gerade über die Lebensweise der Flussaustern ist wenig bekannt, so dass der Zweck ihrer „Stacheln“ noch nicht geklärt ist, zumal es neben den stacheligen auch ganz stachellose Exemplare gibt.  Und rechtzeitig zur beginnenden Sommerurlaubszeit sei hier noch vor anderen Stacheln gewarnt, denen man besser nicht zu nahe kommt: Auch Seeigel und Kakteen „schmücken“ sich in gleicher Weise.
Mala-FFM_NSDM 2015_05
Von wenigen Ausnahmen abgesehen (vgl. NSdM des Vormonats) sind sich doch viele Flussmuschelarten in ihrer äußeren Gestalt recht ähnlich (zugegeben: nur auf den ersten Blick). Solche konvergenten Formen lassen auf ähnliche Lebensbedingungen schließen, mit denen sich die Tiere auseinandersetzen müssen. Für diese typischen Bewohner von Flüssen und permanenten Stillgewässern sind die Strömungsverhältnisse, die Beschaffenheit des Gewässergrundes, die chemischen Eigenschaften des Wassers und die Nahrungsmenge wichtige Faktoren, die die Verbreitung und das Erscheinungsbild der Arten bestimmen. Die Najadenserie des Monats Mai zeigt ein Beispiel für eine transatlantische Ähnlichkeit. Während Potomida littoralis (oben) in Westeuropa und rund ums Mittelmeer anzutreffen ist (vielerorts: war), ist Elliptio crassidens im zentralen Nordamerika und den östlichen Zuflüssen des Golfs von Mexiko weit verbreitet. Trotz ihrer Ähnlichkeit sind die beiden Arten aber nicht näher miteinander verwandt, ja für Potomida littoralis ist überhaupt noch unklar, in welche Unterfamilie sie einzuordnen ist. Auch für diese offene Frage hält die Sammlung des Senckenberg Forschungsinstituts Material zu ihrer Lösung bereit.
Mala-FFM_NSDM 2015_04
Während die allermeisten Flussmuschel-Arten nicht durch außergewöhnliche Formen oder Farben dem unvoreingenommenen Betrachter ins Auge stechen, so gibt es doch bemerkenswerte Ausnahmen. Eine davon ist Hyriopsis bialata, im Handel als Haifischflossenmuschel bekannt.  Der Name gibt schon eine recht gute Vorstellung von ihrem Aussehen, auch wenn „Segelbootmuschel“ (oder wahlweise „gekentertes Segelboot ohne Mast“) ebenso passend wäre. Was aber wirklich rätselhaft ist, das ist die Funktion der beiden „Flügel“, des großen hinteren und eines kleineren am Vorderende. Da die Tiere in Fließgewässern auf sandigem Substrat leben (Quelle: http://www.iucnredlist.org), könnten sie der Stabilisierung der Position des Tieres dienen. Dagegen scheint aber zu sprechen, dass der große Flügel zusammen mit einem Teil des Hinterendes frei ins Wasser ragt, wie sich an der feinen Schlammauflage auf der Schale erkennen lässt. Ideen und Hinweise zur Lösung dieser Frage nimmt der Autor gerne entgegen.
Mala-FFM_NSDM 2015_03
In den Sammlungen des Senckenberg Forschungsinstituts befinden sich auch einige zu didaktischen Zwecken angefertigte Präparate, die früher entweder ausgestellt waren oder zu Demonstrationszwecken in der Lehre verwendet wurden. Ein solches Objekt mit einer langen Vergangenheit ist die Serie des Monats Februar 2015. Am Zoologischen Institut der Universität Heidelberg wurde vor nun bald 130 Jahren eine Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) so aufpräpariert, dass ihr Herz zu sehen ist (der dunkel gefärbte Teil des in der Körpermitte von oben = vorne nach unten = hinten verlaufenden Schlauchs). Die angeschliffenen Schalenklappen zeigen außerdem die jährlich gebildeten Schichten, die durch die dunklen „Winterringe“ voneinander abgegrenzt werden.
War die Flussperlmuschel zur Zeit, als das Präparat hergestellt wurde, offenbar noch eine gewöhnliche Erscheinung in einigen Bächen des Odenwalds bei Heidelberg, so ist das mittlerweile Geschichte. Dort und in vielen anderen ehemaligen Perlbächen der deutschen Mittelgebirge findet sich keine Spur mehr von diesen Tieren.
Mala-FFM_NSDM 2015_02
Ein kurzer Monat, ein später Beginn, dafür eine richtig große Muschel: der Lectotypus von Hyriopsis goliath Rolle, 1904, aktuell: Hyriopsis cumingii (Lea, 1852), eine wirtschaftlich bedeutende Art aus China und dem nördlichen Vietnam. Ihre Schale kann fingerdick werden.
Mala-FFM_NSDM 2015_01
Am Anfang eines neuen Jahres soll diesmal wirklich eine Nr. 1 stehen. Sie stammt aus der letzten bekannten Population der Bachmuschel (Unio crassus) im gesamten Stromgebiet der Weser. Die Tiere leben im Gewässersystem der Eder in Hessen, wo die Größe der Population auf mehrere Tausend geschätzt wird. Von 1999 bis 2005 wurden Fische mit Muschellarven infiziert und in einem Nebengewässer ausgesetzt. 2011 wurden dort erstmals wieder junge Muscheln gefunden. Zusätzlich werden seit 2010 infizierte Fische in einem Gewässer in Niedersachsen ausgesetzt, um dort eine neue Population aufzubauen. Die nun in der Sammlung des Senckenberg Forschungsinstituts deponierten Schalen von Muscheln aus der Eder können später ein wichtiges Vergleichsmaterial werden, denn sie dokumentieren die Schalen-Eigenschaften der Tiere, die Ausgangspunkt für die Wiederausbreitung der Bachmuschel im Wesersystem sind. 
Mala-FFM_NSDM 2014_12
Gelegentlich ist es möglich, in der Sammlung des Senckenberg Forschungsinstitutes die Geburt einer neuen Art (nachträglich) mitzuerleben. Wie die den Schalen beigefügten Etiketten zeigen,  brauchte dieser Vorgang auch seine Zeit. Vom Finden von Schalen mit einer „eigenen“ Form über den Versuch, sie bei bereits beschriebenen Arten „unterzubringen“, bis zu der Erkenntnis, etwas Neues in Händen zu halten, und der entsprechenden Veröffentlichung vergingen in diesem Fall immerhin 9 Jahre. Gemessen an der Geschwindigkeit früherer Epochen (berüchtigt die „Nouvelle École“ des späten 19. Jh.) und einer möglichen zukünftigen “Turbo-Taxonomie” dank molekularer und digitaler Techniken erscheint das langsam, doch darf man annehmen, dass die so gefundene Art, Physunio modelli Brandt 1974,  umso längeren Bestand haben wird.
Mala-FFM_NSDM 2014_11
Die Bearbeitung der Flussmuscheln (Unionida) in der Sammlung des Senckenberg Forschungsinstitutes erreicht nun (aus hiesiger Perspektive) exotischere Gegenden jenseits von Europa. Aber auch dort, genauer: in Usbekistan, begegnen wir noch einem alten Thema: die „Anodonta cygnea“ als Sammelbecken für verschiedene, schwer zu unterscheidende Arten. In dem (spärlichen!) Material aus dem Serafschan bei Buchara fand sich jetzt ganz unerwartet eine Art, Cristaria tenuis (Griffith & Pidgeon 1833), die in Südostasien weit verbreitet ist. Da man anscheinend nicht mit ihrem Auftreten in Zentralasien rechnete, wurde auch sie schließlich bei der „maßlos formveränderlichen“ „Anodonta cygnea“ (Haas 1969: 329, 348) untergebracht.
Gerhard Falkner (1994: 144) hat auf weitere Formen von Teichmuscheln aus dem Serafschan hingewiesen, deren Identität noch ungeklärt ist bzw. falsch gedeutet wurde. Ein Teil des Rätsels scheint nun aber gelöst zu sein. Offen bleibt jedoch die Frage, wie die Art dorthin gelangt ist, auf natürlichem Wege oder als „Kulturimport“. 
Mala-FFM_NSDM 2014_09
Die Wahl zur Najadenserie des Monats fiel diesmal „zufälligerweise“ auf eine Serie der Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera L. 1758) aus England, UK. Es handelt sich um Exemplare, die Harry Howard Bloomer 1927 an Fritz Haas geschickt hatte mit der Frage, ob diese von ihm als siluriana benannte Form vielleicht mit der von Haas 1908 als parvula beschriebenen, aus dem Odenwald stammenden Form übereinstimme. Haas verneinte, und ebenso wie siluriana wird auch seine parvula heute als Standortmodifikation oder Ökophänotyp von M. margaritifera angesehen, einer Art, die in sauberen Gewässern der gemäßigten Zonen beiderseits des Atlantiks verbreitet ist (vielfach leider: war).
200 km östlich des Fundortes dieser Muscheln findet vom 7.  bis 11. September 2014 der 7. Kongress der Europäischen Malakozoologischen Gesellschaften statt (St. Catharine’s College, Cambridge (UK); http://euromal2014.malacsoc.org.uk).
Mala-FFM_NSDM 2014_08
Zur Einstimmung in die Ferienzeit zeigt unsere Webseite die  „Buddelmuschel“. Sie wurde von Hans Jürgen Schrader liebevoll gestaltet, der sich wahrscheinlich durch die Assoziation von Muscheln und (überwiegend) Meer hat anregen lassen. 
Die hier verwendete Schale stammt aus einem historischen Teich im Vogelsberg (Hessen), dem Waschweiher bei Birstein. Dieses Gewässer beherbergt seit mindestens 40 Jahren eine große Population der Schwanenmuscheln oder Großen Teichmuschel (Anodonta cygnea), was auch durch Belegexemplare in der Senckenberg-Sammlung dokumentiert ist (vgl. NAGEL 2012).
Mala-FFM_NSDM 2014_07
Die relative Artenarmut der europäischen Flussmuschelfauna wurde an dieser Stelle schon beklagt (vgl. NSdM November 2013). Zwei Wege erscheinen realistisch, um das zu ändern, von denen aber nur der an zweiter Stelle genannte unsere volle Unterstützung erfahren sollte. Zum einen gibt es (wenige) invasive Arten, die meist als Folge menschlicher Aktivitäten (Fischbesatz, Kanäle) neue Gewässersysteme und ganze Kontinente erobern. Das bekannteste und für Europa relevante Beispiel ist die Chinesische Teichmuschel (Sinanodonta woodiana, vgl. NSdM Mai 2013). Zum andern liefern neuere Untersuchungen zunehmend Anhaltspunkte dafür, dass die Artendiversität auch in Europa größer ist als bisher vermutet und dass sich unter einigen der bekannten Namen mehrere biologische Arten verstecken. Gute Kandidaten hierfür sind Anodonta anatina, Unio pictorum, U. mancus und U. crassus. So wurde z.B. erst vor wenigen Jahren Unio tumidiformis als gute Art erkannt (Reis & Araujo 2009), die zuvor meist dem Formenkreis des Unio crassus zugerechnet worden war.
Mala-FFM_NSDM 2014_06
Manchmal muss man zu etwas radikaleren Methoden greifen, um den Aufbau einer Sache sehen und sich und anderen veranschaulichen zu können. In unserem Fall hat Wilhelm Hohorst (der unter anderem wichtige Schritte im Zyklus des Kleinen Leberegels entdeckte) die linke Schalenklappe einer Malermuschel (Unio pictorum) in zwei Stufen abgeschliffen. Auf diese Weise hebt sich die dunkle äußere organische Schicht (Periostrakum, links) sehr schön von den nachfolgenden beiden Schichten aus Calciumcarbonat ab. Die erste dieser Kalkschichten ist die Prismenschicht (Mitte), gefolgt von der Perlmuttschicht (rechts). Die Sammlung Hohorst ist Teil der Senckenberg-Sammlung von Flussmuscheln.
Mala-FFM_NSDM 2014_05
Die Najaden-Serie des Monats Mai 2014 stammt einmal nicht aus der Sammlung des Senckenberg-Forschungsinstituts, sondern aus dem Bestand des Museums für Naturkunde in Berlin. Mit über 7.500 Serien ist die dortige Sammlung von Flussmuscheln (Unionida) nach der senckenbergischen Sammlung die zweitgrößte in Deutschland mit wertvollem historischem und regionalfaunistisch bedeutsamem Material. In den Schränken der Sammlung warten bestimmt noch manche Überraschungen auf die Forscher, aber auch bekannte Probleme, wie die Serie des Monats dem aufmerksamen Leser dieser Seiten unschwer verrät (Lösung auf Anfrage).    Museum für Naturkunde Berlin
Mala-FFM_NSDM 2014_04
Die großen Flussmuscheln oder Najaden sind berüchtigt dafür, den um ihre korrekte Bestimmung Bemühten in den April zu schicken. Dies rührt von der enormen Variabilität der Schalenform und weiterer äußerer Merkmale wie der Farbe der Schalen oder dem Bau der Schlosszähne her. Zu diesen Scherzen neigen auch Arten, die in ihrer „typischen“ Ausprägung oder z.B. anhand molekularbiologischer Merkmale sonst leicht zu unterscheiden sind, wie hier Unio pictorum, die Malermuschel, und Unio tumidus, die Große Flussmuschel. Zwei Bespiele sollen das illustrieren. Abbildung A zeigt, ursprünglich in einer Serie vereint, oben eine Große Flussmuschel und unten eine Malermuschel. Die Schalen stammen wahrscheinlich von Tieren, die in der Strömung eines großen Fließgewässers, hier der Mosel, lebten, worauf auch die starke Abnutzung der Schalen hinweist. Unter diesen Bedingungen neigen Flussmuscheln dazu, gedrungene, kompakte Formen auszubilden und den Schließapparat der Schalenklappen zu verstärken. Abbildung B zeigt einen anderen „Scherz“, für den die Tiere nur teilweise verantwortlich sind. Unter einer Seriennummer waren nicht nur zwei Arten zusammengefasst (Unio tumidus oben links, die übrigen U. pictorum), sondern auch Exemplare von zwei verschiedenen Fundorten (oben: Polle, unten: Holzminden). Leider sind diese Beispiele keine Einzelfälle, aber sie zeigen die Notwendigkeit und auch den „Reiz“ der Revision eines historischen Sammlungsbestandes. 
Mala-FFM_NSDM 2014_03
Die zweite Februarhälfte brachte eine willkommene Abwechslung von der Arbeit am Schreibtisch. Doch auch im Urlaub wurde in einigen Gewässern Nepals für manche der dort vorkommenden Flussmuscheln der Grundstein für eine Karriere als Museums-Bewohner gelegt. Das Suchen und Finden der Tiere ist (fast) überall gleich, wie Michael Pfeiffer im flachen Wasser des Phewa-Sees vorführt (oberes Bild). Auch der Anblick lebender Tiere in ihrem Milieu, in diesem Fall einem kleinen Fluss im nepalesischen Mittelgebirge, ist durchaus vertraut (unteres Bild). Doch um welche Art oder Arten es sich handelt, ist in vielen Fällen noch unklar und ein weiteres spannendes Thema einer sammlungsbasierten Forschung.
Die Diversität der Flussmuscheln Nepals.
Mala-FFM_NSDM 2014_02
Die Najadensammlung des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseums ist wesentlich geprägt durch die Arbeit ihres langjährigen Kustoden Fritz Haas (1886 – 1969). Als Beleg für seine sehr frühe Beschäftigung speziell mit dieser Tiergruppe findet sich in der Sammlung ein Exemplar der Malermuschel, das der 13-jährige Schüler im Main bei Frankfurt fand und zunächst als Nummer 3 in seine eigene Sammlung einordnete. Am Ende einer ungebrochenen Faszination durch diese Tiergruppe steht die fast 700-seitige Monographie “Superfamilia Unionacea“, die 1969 in der Reihe „Das Tierreich“ erschien. Sie ist bis heute ein bedeutendes Referenzwerk.
Mala-FFM_NSDM 2013_12
Die beiden in Europa noch weit verbreiteten Flussmuschelarten Malermuschel (Unio pictorum) und Dicke Flussmuschel (Unio tumidus) sind an Schalenmerkmalen leicht zu unterscheiden – oft. Wie im Falle des Artenpaares Anodonta anatina/A. cygnea (s. NSdM Juni 2013) hilft bei Unklarheiten eine genaue Betrachtung von Merkmalen auf der Juvenilschale – manchmal. Die Abbildung für diesen Monat zeigt, dass bei schwach ausgeprägten Merkmalen – in diesem Fall ist die charakteristische Wirbelskulptur des U. tumidus (untere Schale) nur angedeutet – die Unterscheidung ähnlicher Arten über das Erkennen von Gestalten geschieht und oft nicht an einzelnen, zudem variablen Merkmalen oder Eigenschaften festgemacht werden kann. Mit molekulargenetischen Methoden sind die hier gezeigten Arten gut zu unterscheiden, aber auch diese Methode stößt an ihre Grenzen, wenn es um die Abgrenzung und Unterscheidung des mitteleuropäischen U. pictorum von den ihm ähnlichen Formen in West- und Südeuropa geht (U. mancus, U. elongatulus, vgl. Prié & Puillandre, 2013). Prié V & Puillandre N, 2013. Molecular phylogeny, taxonomy, and distribution of French Unio species (Bivalvia, Unionidae). — Hydrobiologia. DOI 10.1007/s10750-013-1571-0
Mala-FFM_NSDM 2014_01
Gelegentlich finden sich beim Schalenmaterial einer Serie auf Begleitzetteln oder in beigelegten Briefen auch detaillierte Beschreibungen von Fundorten oder Erläuterungen zu den Fundumständen. In einem Fall hat sich sogar das Protokoll eines (unbeabsichtigten) Versuchs zum Wachstum und zur Bildung von Jahresringen gefunden, den Wilhelm Israel vor über 100 Jahren durchführte. Eine junge Malermuschel (Unio pictorum) wurde am 1.12.1909 mit 1 cm Länge in ein Aquarium gesetzt. Am 6.9.1910 wurde das Tier wiedergefunden und es hatte in diesen  9 Monaten 3 Ringe angesetzt (W. Israel: „Jede Täuschung ist ausgeschlossen“). Das lässt sich an unserer Najadenserie des Monats Januar 2014 leicht überprüfen. Seitdem bezweifelte Israel die Gültigkeit dieser Ringe für die Altersbestimmung der Tiere.
Mala-FFM_NSDM 2013_11
Nordamerika ist das Eldorado der Flussmuscheln mit fast 300 Arten. Dagegen nehmen sich die 16 bisher aus Europa bekannten Arten recht bescheiden aus. Auch in Nordamerika war der Weg zu einer weithin akzeptierten Ansicht über die Zahl der vorhandenen Arten lang und nicht immer gerade. Ein kleines Zeugnis dafür legt die Serie des Monats November 2013 ab (Exemplare von Lampsilis fasciola Rafinesque, 1820 aus dem Clinch River in Tennessee, USA). In einem Nachsatz zu den Artnamen, die der Geber (Lewis) den übermittelten Schalen beifügt, stellt er fest: „Sie mögen sich ihre eigene Ansicht bilden, ich habe meine.“ Diese Bemerkung zeigt einmal mehr die Grenzen einer nur auf Schalenmerkmalen basierten Definition von Arten bei den Flussmuscheln auf. 
Näheres zu den sehr verschiedenartigen Formen der Flussmuscheln und der doch recht unterschiedlichen Verteilung dieser Vielfalt in den Regionen der Erde kann den Webseiten des „Mussel Project“ (http://mussel-project.uwsp.edu) entnommen werden.
Mala-FFM_NSDM 2013_10
Und nun mal etwas ganz anderes:
Nephronaias ravistella gehört zu den wenig untersuchten Unioniden aus Mittelamerika. In dieser Gruppe werden aktuell ca. 100 Arten in etwa 20 Gattungen unterschieden, doch gibt es noch keine genauen Vorstellungen über die tatsächliche Diversität der großen Flussmuscheln in dieser Region. Von vielen Arten ist oft nur der (ungefähre) Fundort bekannt und die Funde selbst sind vielfach älteren Datums.
Die Najadensammlung des Forschungsinstituts Senckenberg besitzt möglicherweise Syntypen von N. ravistella, die als Vergleichsmaterial für eine zukünftige Revision der mittelamerikanischen Unioniden von großer Bedeutung sein können.
Mala-FFM_NSDM 2013_09
Der halbe Monat ist bereits vorbei, deshalb diesmal kurz und knapp – und für aufmerksame Betrachter der NSdM Juni 2013 ein leicht zu lösender Fall: Während der Lectotyp  von Anodonta ventricosa eine A. anatina ist, handelt es sich bei dem Paralectotyp um A. cygnea.
Mala-FFM_NSDM 2013_08
Das Sammeln von Muscheln hatte für den Menschen wohl schon immer auch einen ästhetischen Reiz und setzte bei dem/der einen oder anderen durchaus künstlerische Impulse frei, die sich unter Umständen auf den Schalen selbst niederschlugen, wie die Najadenserie des Monats August 2013 zeigt. Damit wünscht NSdM gleichzeitig eine schöne Ferienzeit, am Wasser oder im Gebirge oder wo immer Sie nach Erholung suchen. 
Mala-FFM_NSDM 2013_07
Manche eher langweilig und unattraktiv wirkenden Fundstücke haben einen hohen dokumentarischen Wert und ihre eigene Geschichte. Die Serie des Monats Juli 2013 zeigt alte (subrezente oder subfossile) Schalen der Bachmuschel (Unio crassus) aus dem nördlichen Oberrhein. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts wurde diese Form von Fritz Haas als Unio pseudocrassus beschrieben, der auf dem Kiesgrund des Rhein-Hauptstromes lebt. Die Schalen wurden zu einer Zeit (1981) gesammelt, als im Rhein die Bachmuschel ausgestorben war und nur noch Überreste der alten Muschelfauna aus dem Ufersand geborgen werden konnten. Anlässlich eines Besuches im Senckenberg-Museum schaute sich der Finder, Dr. Hasko Nesemann, noch einmal die von ihm vor 32 Jahren gesammelten Schalen an und ergänzte die Funddokumentation um Details zur Sammelmethode (Hin- und Rückfahrt zum Fundort über zusammen 100 km mit dem Fahrrad – am gleichen Tag).  
Mala-FFM_NSDM 2013_06
Kleine Schalenobjekte bereiten manchmal weniger Probleme als große. Die für über 400 Synonyme verantwortlichen Arten Anodonta cygnea (Schwanenmuschel, Große Teichmuschel) und A. anatina (Entenmuschel, Gewöhnliche Teichmuschel) lassen sich als Jungtiere leicht unterscheiden. Schwieriger schon ist das Beschriften solch kleiner Objekte (weniger als 1 cm), doch auch das wurde von geschickter Hand bei der Najadenserie des Monats Juni 2013 gemeistert.
Mala-FFM_NSDM 2013_05
Der wissenschaftliche Wert einer Sammlung steht und fällt mit der Dokumentation zu den Sammlungsobjekten. Ist diese lückenhaft, so bleibt oft nur das Staunen über manchen Fund, der ohne nähere Informationen zu seiner Herkunft den Weg in die Sammlung gefunden hat,  und die Hoffnung, dass sich an vielleicht unerwarteter Stelle noch Hinweise finden lassen, die den wissenschaftlichen Wert des Objektes erhellen.
Die Serie des Monats Mai 2013 wäre eine kleine Sensation, wenn sich Ort und Zeitpunkt der Aufsammlung bestimmen ließen. So bleibt es zunächst eine kuriose Tatsache, dass sich ein Exemplar der Chinesischen Teichmuschel (Sinanodonta woodiana) in der Sammlung befindet, über das man auf Grund des beiliegenden alten Etiketts lediglich vermuten kann, es könne in „Baden“ (im heutigen Bundesland Baden-Württemberg) gesammelt worden sein – lange vor dem Erstnachweis der Art für Deutschland aus dem Jahr 1999.
Mala-FFM_NSDM 2013_04
Nicht selten gibt es merkwürdige Lücken in der Verbreitung einer Art. Ist ihre Bestimmung schwierig oder hat sich die Interpretation der Formen, die ihr zugerechnet werden, geändert, so helfen die schriftlichen Angaben über das Auftraten oder Fehlen einer Art oft nicht weiter, die wahren Verhältnisse aufzuklären. Es bleibt dann fraglich, ob eine Nachweislücke nun echt oder nur scheinbar ist. In diesem Fall helfen alleine überprüfbare, mit guter Dokumentation versehene  Belegexemplare weiter. Diese bereitzuhalten ist eine wesentliche Aufgabe einer wissenschaftlichen Sammlung.
Die Serie des Monats April 2013 belegt, dass die Schwanenmuschel (Anodonta cygnea) bereits 1848 an ihrem sehr isolierten Fundgebiet in küstennahen Lagunen in der Mitte Portugals gefunden wurde. Die nächsten gesicherten Vorkommen gibt es erst wieder in Frankreich, etwa 800 km weiter östlich. 
Mala-FFM_NSDM 2013_03
Auch einer der Großmeister der Najadenerforschung, Fritz Haas, kapitulierte vor den europäischen Anodonta-„Arten“ und nannte schließlich (fast) alle cygnea. Unter diesem Namen stehen nun im historischen Teil der Sammlung, der nach Haas‘ Systematik geordnet ist, fast 2.000 Serien. Seit Längerem ist aber bekannt, dass in West-, Mittel-, Nord- und Osteuropa zwei verschiedene Arten der Gattung heimisch sind, A. cygnea und die weitaus häufigere A. anatina. Das unter „cygnea“ eingeordnete Material muss nun entsprechend nachbestimmt werden, damit die Informationen über Fundorte und -daten sowie Angaben zu den Fundumständen sinnvoll genutzt werden können. Die NSdM März 2013 zeigt eine von Haas gesammelte Anodonta, die nun ihren Namen ändert.