Bilder Herpetologie Dresden

Herpetologie

Forschung

Transforming Earth: Welt im Wandel, Vielfalt im Wandel

Landnutzungs- und Klimawandel bedrohen die Vielfalt auf unserem Planeten

In unterschiedlichsten Projekten untersuchen die Wissenschaftler*innen der Sektion Herpetologie am Senckenbergstandort Dresden bereits seit vielen Jahren globale Wandelprozesse und deren Auswirkungen auf die biologische Vielfalt (Biodiversität) speziell in Waldökosystemen in Biodiversitäts Hot-Spot Regionen der gemäßigten Breiten und der Tropen.

Klimawandel und intensive Landnutzung bedrohen wichtige Waldökosysteme weltweit.

In den Fokusregionen des nordamazonischen Guianaschilds sowie in den andinen Nebelwäldern Südamerikas, interagieren Wetterextremphänomene wie El Niño und La Niña mit einer drastisch zunehmenden  land- und forstwirtschaftlichen Nutzung von Wäldern. Diese Wechselwirkungen zeitigen zum Teil völlig unerwartete Folgen. Während einerseits großflächig unberührte Ökosysteme gänzlich verschwinden und Tier- und Pflanzenarten unwiederbringlich verlorengehen, gibt es hier andererseits Gewinner, die im Angesicht einer sich stetig erwärmenden Erdatmosphäre von neuen, künstlichen Lebensräumen profitieren. In den letzten Regenwaldfragmenten im in der nordangolanischen Provinz Uíge, einer weiteren Fokusregion, hat hingegen ein rasanter Wettlauf gegen die Zeit begonnen. Hier erfassen die Wissenschaftler*innen der Sektion Herpetologie und ihre nationalen und internationalen Kolleg*innen basale Biodiversitätsdaten und kämpfen zeitglich für die Errichtung eines dringend benötigten Nationalparks zum Schutz des Angolanischen Naturerbes.

Diese Befunde unterstreichen die Notwendigkeit einer im besten Wortsinne integrativen Biodiversitätsforschungals Basis für eine nachhaltige Bewahrung biologischer Vielfalt. Globaler Klimaschutz und regionaler/lokaler Biotop-und Artenschutz eine müssen dabei eine notwendige Einheit bilden; ein bedeutender Schritt auf dem Weg zu einer ganzheitlichen Naturschutzbiologie im Anthropozän.

Gerade entdeckt und bereits verschwunden

Angola zählt zu den Ländern mit der höchsten Entwaldungsrate auf dem afrikanischen Kontinent. Dies gilt besonders für den Norden des Landes, einer an das Kongobecken angrenzenden Region, in der die letzten Regenwaldfragmente zu finden sind. Der Druck auf diese einzigartigen Waldökosysteme wächst dramatisch, sodass viele von ihnen akut durch Abholzung bedroht sind. In Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Umweltbehörden und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) bemühen sich daher SGN Wissenschaftler*innen um die Erfassung der in ihnen enthaltenen biologischen Vielfalt, um Schutzkonzepte entwickeln zu können. 

Finanziert durch: MINAMB, UNEP, Paul-Ungerer Stiftung

Publikationen:

Ernst, R., Nienguesso, A. B. T., Lautenschläger, T., Barej, M. F., Schmitz, A., & Hölting, M. (2014). Relicts of a forested past: Southernmost distribution of the hairy frog genus Trichobatrachus Boulenger, 1900 (Anura: Arthroleptidae) in the Serra do Pingano region of Angola with comments on its taxonomic status. Zootaxa, 3795(5), 600-600.

Ernst, R., Schmitz, A., Wagner, P., Branquima, M. F., & Hölting, M. (2015). A window to Central African forest history: Distribution of the Xenopus fraseri subgroup south of the Congo Basin, including a first country record of Xenopus andrei from Angola. Salamandra, 52(1), 147-55.

Ernst, R., Lautenschläger, T., Branquima, M. F. & Hölting, M. (2020 in press). At the edge of extinction: A first herpetological assessment of the proposed Serra do Pingano Rainforest National Park in Uíge Province, northern Angola. Zoosystematics and Evolution.

Feature film: Conservation or destruction? The future of the Uíge mountain ranges 

Kaffee mit Pfeilgiftfrosch

Strukturierte Schattenkaffee- und Kakaoplantagen beherbergen eine nennenswerte Anzahl an Amphibienarten. Allerdings sind diese nicht unbedingt identisch mit denen ungestörter Primärwälder. Kleinräumige Waldfragmentierung kann sich positiv auf die Artenvielfalt auswirken. Um biologische Vielfalt in fragmentierten Landschaften nachhaltig zu schützen, ist ein großskaliges Landschaftsschutzkonzept unerlässlich. Sozialökologische Produktionslandschaften ( Socialecological production land­scapes) könnten der Schlüssel für eine ganzheitliche Naturschutzbiologie im Anthropozän sein. Hierzu wird derzeit eine Strategie erprobt, die den Wissenstransfer zwischen Farmern, Wissenschaftlern und Naturschützern erleichtern soll: Fincas de Intercambio de Conocimiento FINCO (Schattenkaffee ist ein Produkt aus dieser Initiative). 

Finanziert durch: DFG-FZT 118 & COLCIENCIAS

Publikationen:

Brüning, L. Z., Krieger, M., Meneses-Pelayo, E., Eisenhauer, N., Pinilla, M. P. R., Reu, B., & Ernst, R. (2018). Land-use heterogeneity by small-scale agriculture promotes amphibian diversity in montane agroforestry systems of northeast Colombia. Agriculture, Ecosystems & Environment, 264, 15-23.

Ernst, R. & Reu, Björn (2019). Food for thought: Agroforstwirtschaft und Biodiversitätsschutz in kolumbianischen Bergregenwäldern. Natur Forschung Museum 149 (1-3), 20-25.

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DD Herpetologie
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Grenzen der Nachhaltigkeit?

Fast 200 Mio. Hektar Wald in rund 80 Ländern wurden bis heute weltweit nach den Kriterien des Forest Stewardship Council (FSC) zertifiziert. Wälder mit diesem Zertifikat werden laut Statuten ökologisch verantwortungsvoll bewirtschaftet, die Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten soll erhalten bleiben und das Holz soll unter sozial gerechten Bedingungen produziert werden. Aber kann tropische Forstwirtschaft und der Erhalt der biologischen Vielfalt angesichts des globalen Klimawandels wirklich in Einklang gebracht werden? Die Antworten sind komplex: Artenreichtum und Artenvielfalt bleiben nach selektivem Holzeinschlag oftmals unverändert. Funktionale und phylogenetische Vielfalt verändern sich jedoch oft drastisch. Sie können sowohl sinken, wie im Falle der untersuchten Wälder in Afrika, oder aber sogar kurzfristig steigen, wie im Falle der Wälder des Guianaschildes. Hier sorgen künstliche Gewässer, die durch Forstfahrzeuge entstehen für Ausgleichshabitate, von denen einige Arten während klimatischer Extremereignisse profitieren können, während andere unwiederbringlich verloren gehen. 

Finanziert durch: DFG ER 589/1-1 & ER 589/2-1

Publikationen:

Ernst, R., Linsenmair, K. E., & Rödel, M. O. (2006). Diversity erosion beyond the species level: dramatic loss of functional diversity after selective logging in two tropical amphibian communities. Biological Conservation, 133(2), 143-155.

Hölting, M., Bovolo, C. I., & Ernst, R. (2016). Facing complexity in tropical conservation: how reduced impact logging and climatic extremes affect beta diversity in tropical amphibian assemblages. Biotropica, 48(4), 528-536.

Ernst, R., Hölting, M., Rodney, K., Benn, V., Thomas‐Caesar, R., & Wegmann, M. (2016). A frog’s eye view: logging roads buffer against further diversity loss. Frontiers in Ecology and the Environment, 14(7), 353-355.

DD Herpetologie
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Karibische Invasoren

Der ursprünglich von den Kleinen Antillen stammende Pfeiffrosch, Eleutherodactylus johnstonei, hat eine lange, durch menschliche Aktivitäten unterstützte Ausbreitungsgeschichte, die mindestens bis ins Jahr 1880 zurückreicht. Heute kann E. johnstonei als eine der am weitesten verbreiteten und erfolgreichsten sich ausbreitenden invasiven Amphibienarten angesehen werden. In dieser Hinsicht wird die Art wahrscheinlich nur von der Agakröte, Rhinella marina und dem Amerikanischen Ochsenfrosch, Lithobates catesbeianus übertroffen. Trotz dieser weiten Verbreitung unterstützt die derzeitige Datenlage kein Szenario. Das eine aktive Ausbreitung (Invasion) über nicht-natürliche, anthropogen veränderte Lebensräume hinaus nahelegen würde. Zudem scheint die Gefährdung nativer Biota aufgrund limitierter direkter Interaktionen begrenzt zu sein.

Allerdings kann das Einschleppen von potentiell pathogenen Mikroorganismen, die mit E. johnstonei assoziiert sind (nested invasion), eine bisher unterschätzte Bedrohungen darstellen. Im Projekt werden daher die Verbreitungsmuster und Ausbreitungswege von E. johnstonei rekonstruiert. Hierzu werden populationsgenetische Daten sowie Verbreitungsdaten von einheimischen Inselpopulationen und nicht-einheimischen Gebieten integriert und mittels makroökologischer Modelle analysiert. In einem zweiten Schritt untersuchen wir das Problem der sog. „nested-invasions“ mittels metabarcoding Vergleichen froschspezifischer Mikrobiome sowohl innerhalb als auch zwischen einheimischen und nicht-einheimischen Verbreitungsgebieten.

Finanziert durch: DGHT Peters Fonds

Publikationen:

Leonhardt F., Keller A., Arranz Aveces C., Ernst R. (2023). From Alien Species to Alien Communities: Host- and Habitat-Associated Microbiomes in an Alien Amphibian. Microbial Ecology. https://doi.org/10.1007/s00248-023-02227-5

Leonhardt F., Arranz Aveces C., Müller A., Angin B., Jegu M., Haynes P., Ernst R. (2022). Low genetic diversity in a widespread whistling alien: A comparison of Eleutherodactylus johnstonei Barbour, 1914 (Eleutherodactylidae) and congeners in native and introduced ranges NeoBiota 79: 31-50. https://doi.org/10.3897/neobiota.79.86778

Ernst, R., Massemin, D., & Kowarik, I. (2011). Non-invasive invaders from the Caribbean: the status of Johnstone’s Whistling frog (Eleutherodactylus johnstonei) ten years after its introduction to Western French Guiana. Biological Invasions, 13(8), 1767-1777.

Leonhardt, F., Jimenez-Bolaño, J. D., & Ernst, R. (2019). Whistling invaders: Status and distribution of Johnstone’s Whistling frog (Eleutherodactylus johnstonei Barbour, 1914), 25 years after its introduction to Colombia. NeoBiota, 45, 39.

Herpetologie Dresden
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Die winzigen Antillen-Pfeiffrösche sind so laut, dass durch ihre nächtlichen Konzerte in einigen Teilen Südamerikas die Grundstückspreise aufgrund von Lärmbelästigung sinken!

Bürgerwissenschaften

Feuersalamander – Artenschutz vor der Haustür

Amphibien zählen weltweit zu den am stärksten bedrohten Wirbeltieren. Neben dem Verlust von Lebensräumen, zunehmender Verschmutzung und Klimawandel, haben in den vergangenen Jahrzenten besonders zwei für Amphibien pathogene Hautpilze (Batrachochytrium dendrobatidis, Bd und B. salamandrivorans, Bsal) zu massiven Populationseinbrüchen und Aussterbeereignissen beigetragen. Auch unser wohl bekanntester heimischer Lurch, der Feuersalamander (Salamandra salamandra ssp.), ist durch Bsal zunehmend bedroht. Da sein Verbreitungszentrum in Deutschland liegt tragen wir eine globale Verantwortung für den Erhalt des Feuersalamanders.

Sächsische Allianz zum Schutz des Feuersalamanders

Gemeinsam mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden und der Universität Leipzig etablieren wir derzeit ein Monitoring- und Frühwarnsystem zum Schutz des Feuersalamanders in der Nationalparkregion Sächsische Schweiz, im Rahmen einer vom Sächsischen  Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft geförderten Initiative. Die sächsischen Populationen sind von besonderer Bedeutung für den Schutz der Art, da der 2013 in Deutschland eingeschleppte hochaggressive Erreger Batrachochytrium salamandrivorans(Bsal) hier bislang nicht nachgewiesen werden konnte. Über standardisierte Felderfassungen und eine Citizen Science-Initiative werden historische und aktuelle Feuersalamander-Vorkommen überprüft, sowie Habitateignung und -veränderungen modelliert. Zusätzlich werden ausgewählte Populationen auf Bsal untersucht und populationsgenetisch charakterisiert. So können besonders vulnerable Populationen identifiziert und über ein langfristiges Monitoring geschützt werden.

Forschen Sie gemeinsam mit uns!

Mit jeder zufälligen Beobachtung eines Feuersalamanders helfen Sie uns die aktuelle Verbreitung zu erfassen und leisten einen wertvollen Beitrag für den Artenschutz. Gemeinsam mit dem Nationalparkzentrum Sächsische Schweiz und der HTW Dresden haben wir die Citizen Science-Initiative „Feuersalamander, wo bist du?“ ins Leben gerufen, über die Sie uns Feuersalamander ganz einfach per Online-Formular melden können. Dabei benötigen wir im Idealfall ein Foto mit gut erkennbarem Rückenmuster des Tieres, den genauen Fundort und das Funddatum. Der Schutz der Tiere hat dabei Priorität: Fassen Sie die Tiere nicht an und betreten Sie die Gewässer nicht. Melden Sie uns bitte auch tot aufgefundene Tiere.

Hier geht‘s zur Citizen-Science-Initiative „Feuersalamander, wo bist du?“

Hier können Sie uns Feuersalamander direkt melden.

DD Herpetologie
Abb. 1  Amateurfotos aus dem Projekt: Feuersalamander, wo bist Du?
Die Rückenzeichnung von Feuersalamandern ist so individuell verschieden wie ein menschlicher Fingerabdruck. Das erleichtert die Bestandserfassung und Erkennung von Individuen. Im selben Gebiet Sachsens kann man gelb- und orange gefleckte Tiere finden, und solche, die der westlichen, gestreiften Unterart (S. s. terrestris) zugeordnet werden können ebenso wie Vertreter der gepunkteten, östlichen Unterart (S.s. salamandra; gepunktet). Auch Mischformen kommen in der Kontaktzone beider Unterarten vor.
Finanziert durch: Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) im Rahmen des EPLR
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