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Fossile Schlange mit Infrarot-Blick

Frühe Evolution der Schlangen in der Grube Messel untersucht

Der Senckenberger Dr. Krister Smith hat gemeinsam mit seinem argentinischen Kollegen Agustín Scanferla die frühe Evolution der Schlangen in der Grube Messel untersucht. Das Team zeigt in seiner kürzlich im Fachjournal „Diversity“ veröffentlichten Studie, dass die Schlangenwelt vor etwa 48 Millionen Jahren im heutigen UNESCO-Welterbe ökologisch sehr vielfältig war. Laut den Ergebnissen gehört die bislang als Palaeopython fischeri bekannte Schlangen-Art der Gattung Eoconstrictor an und war in der Lage, ein Abbild ihrer Umgebung in Infrarot zu erzeugen.

Vollständige Schlangenskelette sind in Fossillagerstätten weltweit eine Seltenheit. Die Grube Messel bildet diesbezüglich eine Ausnahme. „Bislang konnten vier exzellent erhaltene Schlangenarten aus der Grube Messel beschrieben werden“, erläutert Smith und fährt fort: „Zwei dieser Arten waren mit etwa 50 Zentimeter relativ klein, die bislang als Palaeopython fischeri bekannte Art erreichte dagegen Längen von über zwei Metern. Sie lebte überwiegend auf dem Boden, war allerdings wohl auch in der Lage, Bäume zu erklimmen.“

Die nach dem ehemaligen Außenminister Joschka Fischer – der im Jahre 1991 gemeinsam mit der Partei Bündnis 90/Die Grünen mithalf, die Nutzung der Grube Messel als Müllkippe zu verhindern – benannte Schlange wurde nun von Smith und seinem Kollegen Agustín Scanferla vom Instituto de Bio y Geosciencia del NOA mittels kombinierter Analysemethoden genauer unter die Lupe genommen. „Als erstes haben wir festgestellt, dass diese Art nicht wie bislang angenommen zur Gattung Palaeopython gehört. Vielmehr konnten wir anhand verschiedener Merkmale die Art der Gattung Eoconstrictor zuordnen – diese sind mit den südamerikanischen Boas verwandt“, erklärt der Frankfurter Paläoherpetologe.

Eine detaillierte Analyse der Nervengänge von Eoconstrictor fischeri brachte die nächste Überraschung: Die Nervengänge der Messel-Schlange sind vergleichbar mit denen großer heutiger Boas und Pythons – beides Schlangenarten, die ein sogenanntes „Grubenorgan“ besitzen. Diese Organe werden zwischen den Schuppen der Ober- und Unterkiefer gebildet und vermittelt den Tieren ein dreidimensionales Wärmebild der Umgebung, indem es sichtbares Licht und Infrarot kombiniert. So können die Reptilien beispielsweise Beute, Feinde oder Verstecke besser erkennen.
Eoconstrictor fischeri besaß diese Organe jedoch nur am Oberkiefer. Zudem gibt es erstaunlicherweise keinen Beleg dafür, dass die Schlange warmblütige Beute bevorzugte. Bislang wurden lediglich kaltblütige Beutetiere wie Krokodile und Eidechsen als Magen-Darm-Inhalt nachgewiesen“, ergänzt Smith.
Das Wissenschaftlerteam geht deshalb davon aus, dass die frühesten Grubenorgane die Sinne der Schlange generell schärften und nicht – wie bei heutigen Würgeschlangen – überwiegend für die Jagd oder Verteidigung eingesetzt wurden.