Ungewöhnlich viele gut erhaltene Blüten wurden in den ersten Grabungswochen in der Grube Messel geborgen. F

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Fossiler Blütenstaub im Käferdarm

Seit Mai wird im UNESCO-Welterbe Grube Messel nahe der hessischen Stadt Darmstadt wieder gegraben. Die wissenschaftliche Bedeutung der Fossillagerstätte wird auch in dieser Grabungssaison nicht nur durch die überwältigende Anzahl der Funde belegt – über 1.100 Fossilien wurden bereits im Grabungsprotokoll festgehalten –, sondern auch durch besondere Highlights unter diesen Fossilien. Hervorzuheben sind mehrere gut erhaltene Blüten sowie ein fossiler Käfer mit deutlich sichtbaren, gelben Pollen im Verdauungstrakt.

Was fraßen Käfer vor 47,5 Millionen Jahren? Welche Pflanzen gab es zu dieser Zeit in Hessen? Und wie sah das sie umgebende Ökosystem aus? Den Antworten auf diese Fragen sind Wissenschaftler*innen des Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseums Frankfurt in der Grube Messel auf der Spur: „Unter den mehr als 1.100 Funden – meist Insekten, Pflanzen und Fische – konnten wir in den vergangenen Grabungswochen mehrere sehr schön erhaltenen fossile Blüten aus dem Ölschiefer bergen“, erklärt die Grabungsleiterin Dr. Sonja Wedmann. Eine der neu entdeckten Blüten enthält Staubbeutel, deren gelb leuchtende Pollen schon mit bloßem Auge zu erkennen sind. Wedmanns Kollege, der Paläobotaniker Prof. Dr. Dieter Uhl freut sich: „Blüten sind generell nur vereinzelt fossil überliefert. Noch seltener sind Blüten mit Pollen! Die Funde ermöglichen es uns, Blüten bestimmten Pollenformen zuzuordnen, die wir ansonsten nur isoliert im Gestein finden. So können wir noch mehr über die Flora im Zeitalter des Eozäns erfahren. Das ist fantastisch!“

Spektakulär ist zudem der Fund eines Käfers mit erhaltenem Darminhalt: Unter den Flügeldeckens des Tiers sind gelb leuchtende Pollen im Darmtrakt erkennbar. „Aus dem Darminhalt kann man sehr vorsichtig kleinste Proben der Pollen entnehmen. Aktuell arbeiten wir hierzu in einem Projekt mit Kolleg*innen von der Universität Wien zusammen, um solche Pollen zu analysieren und dann – hoffentlich – genauer bestimmen zu können“, ergänzt Wedmann. Gelingt die Bestimmung der Pollen im Darm des Insekts, wird auch sichtbar, welche Pflanzen der Käfer an seinem letzten Lebenstag zu sich genommen hat. „Das sind einzigartige und sehr seltene Einblicke in ein vergangenes Ökosystem!“, so Wedmann.

Letzter Grabungstag dieser Saison ist Freitag, der 2. September. Die Arbeit der Forschenden endet hier aber noch lange nicht: Die neuen Fossilien müssen präpariert, klassifiziert und wissenschaftlich beschrieben werden – mit dem Ziel, das Ökosystem vor 47,5 Millionen Jahren zu entschlüsseln.