To our foreign readers: we are sorry, but this page is not available in english.
FORSCHUNG HAUTNAH #1: Zu den südlichsten Wäldern der Welt … und darüber hinaus
Ein Reisebericht von Dr. Birgit Kanz
Dr. Christian Printzen und Dr. Birgit Kanz, Wissenschaftler*innen vom Senckenberg Forschungsinstitut Frankfurt, waren Ende 2021 unterwegs nach Puerto Williams am südlichsten Zipfel Feuerlands. Sie wollen auf der chilenischen Isla Navarino die Biodiversität der Flechten und Pflanzen erforschen und – nicht zuletzt – grandiose Landschaften und unberührte Natur genießen.
Mit ihren Reiseberichten hier auf dem Mitglieder-Blog ließ uns Birgit Kanz teilhaben an ihren Erfahrungen, Begegnungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen in den südlichsten Wäldern der Welt – und darüber hinaus. (Abb. 1)
Weil das so spannend war, können Sie die Reise in den Sommerferien noch einmal miterleben; täglich wird einer der elf Beiträge veröffentlicht!
#1 Einreise nach Chile unter Covid-19-Bedingungen
von Dr. Birgit Kanz
Santiago de Chile, 23. November 2021
„Covid-19-Zeiten sind keine normalen Reisezeiten“, so erklärte der hilfsbereite Reisebüromitarbeiter in Frankfurt den wahnwitzigen bürokratischen Mehraufwand, den wir für unsere Einreise nach Chile leisten mussten. Dieser hatte uns am Ende zwar die Vorfreude, aber noch nicht gänzlich die Hoffnung genommen, dass das Ziel den Einsatz lohnen würde.
Al fin del mundo – Reisen ans Ende der Welt
Diejenigen, die meinem Blog aus der Antarktis gefolgt sind, erinnern sich vielleicht noch an das Chaos, das damals während der Reisevorbereitungen herrschte. Es waren organisatorische Pannen auf Seiten des Alfred-Wegener-Instituts (AWI), die unsere Reise bis zur letzten Minute in Frage gestellt und gehörig für Turbulenzen gesorgt hatten. Endlich gestartet, bremsten uns als nächstes schlechte Wetterverhältnisse in der Drake Passage zehn Tage lang in Punta Arenas aus, dem chilenischen Ausgangspunkt für Reisen in die Antarktis. Als auch diese Hürde genommen war, erlitten wir auf dem letzten Teil der Strecke kurz vor Ankunft an der Forschungsstation dann auch noch Schiffbruch. Hindernisreicher kann eine Reise kaum sein. Dachten wir jedenfalls, als Christian und ich uns für die nächste Reise ans Ende der Welt rüsteten.
Dieses Mal führt unsere Expedition nicht in die Antarktis, sondern zu einer chilenischen Insel an der südlichsten Spitze Feuerlands. Isla Navarino liegt südlich des Beagle-Kanals, der sie von der Isla Grande de Tierra del Fuego auf argentinischem Territorium trennt. Von hier aus Richtung Süden sind es nur noch etwa 100 Kilometer bis zum Kap Horn und rund 1.000 Kilometer bis in die Antarktis.
Sesam-öffne-dich: der chilenische Mobilitätspass
Für die Einreise nach Chile unter Corona-Bedingungen hatten wir vielfältige und anspruchsvolle Voraussetzungen zu erfüllen. Bis zuletzt waren wir in Sorge, dass wir Fristen verpassen oder notwendige Antragstellungen vergessen könnten, dass man uns kurz vor dem Ziel wieder nach Hause schicken oder zu einer teureren Reisevariante verdonnern würde.
Um es kurz zu machen: Alles ging gut! Am Ende waren wir mit gefühlt Hunderten von Ausdrucken und mindestens ebenso vielen neuen Apps auf dem Smartphone ausgestattet. Sie erteilen allen, die es wissen wollen, Auskunft über unseren Impf- und Teststatus und umfassen außerdem die Transfererlaubnisse für Spanien bzw. Brasilien und – ganz wichtig – unsere Mobilitätspässe für Chile. Ohne diese dürften wir uns in Chile nicht vom Fleck rühren.
Solchermaßen bestückt, bestiegen wir am Montag, dem 22. November, verschiedene Flieger in Richtung Süden. Während meine Maschine sich nach Madrid in Bewegung setzte, von wo später das Flugzeug nach Santiago de Chile abhob, flog Christian via Sao Paulo nach Santiago. Erst dort würden wir die Reise gemeinsam fortsetzen. (Abb. 2)
In Santiago wurden wir gruppenweise aus dem Flugzeug entlassen und – bestens durchorganisiert – einem weiteren PCR-Test unterzogen. Erst danach kamen die Pass- und die Zollkontrolle. Anschließend musste ich mich in meinem bereits reservierten Hotelzimmer in Quarantäne begeben, bis nach etwa sieben Stunden ein negatives Testergebnis vorlag. Da Christian knapp drei Stunden nach mir eintraf und die gleichen Bedingungen zu erfüllen hatte, warteten wir auch sein Resultat noch ab. Mitgehangen, mitgefangen!
Ab jetzt eigentlich alles gut sein können – wenn Christians Gepäck zusammen mit ihm angekommen und sein Einwanderungsnachweis nicht verloren gegangen wäre. So aber blieb uns noch ein wenig Aufregung für den nächsten Tag. Bis zum Mittag war dann alles geklärt, und nun warten wir entspannt auf den Abflug nach Punta Arenas um 20 Uhr. (Abb. 3)
Ich muss gestehen: Würden wir nicht im Zeitfenster feststecken, das uns unsere Tochter durch ihr Auslandshalbjahr in Kanada vorgibt, ich hätte die Reise zum jetzigen Zeitpunkt abgeblasen. Aber natürlich bin ich mittlerweile froh, dass ich das nicht getan habe: Die Vorfreude ist zurück, denn ich werde Punta Arenas nach fast sechs Jahren wiedersehen. Ich mag das bunte Städtchen an der Magellanstraße. Es geht die Mär, dass diejenigen, die den Zeh eines Ureinwohners, der als Teil einer Statue Ferdinand Magellans im Park von Punta Arenas zu dessen Füßen sitzt, küssen oder berühren, wieder dorthin zurückkehren werden. Ich küsse zwar keine Füße fremder Männer, aber offensichtlich hat die kurze, verstohlene Berührung, die ich mir doch nicht hatte verkneifen können, ausgereicht, um die Ampel auf Grün zu setzen. Andere scheinen sich nicht auf eine einfache Berührung zu verlassen … (Abb. 4 a und b).