Project

PaDeMoS

GLOBALER WANDEL UND DEGRADATION IN WEIDELÄNDERN DES TIBETISCHEN HOCHLANDES: ENTWICKLUNG UND ERPROBUNG EINES INTEGRIERTEN BIOINDIKATIONSSYSTEMS


pademos.org

Auf dem tibetischen Plateau hat jahrtausendealte mobile Tierhaltung zur Ausbildung weidetoleranter Artengemeinschaften geführt. In neuerer Zeit wird der Beweidungsdruck durch die wachsende Bevölkerung, aber auch durch Regierungskampagnen zur Sesshaftmachung erhöht, die Folge ist die Zerstörung der Weideländer und der schützenden Bodendecke. Hinzu kommen Effekte sich ändernden Klimas. Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines integrierten Indikatorsystems für die Weidequalität im tibetischen Hochland, das eine Dokumentation des Ist-Zustandes und ein zuverlässiges Monitoring der Veränderungen ermöglicht. Dazu werden ausgewählte biotische Indikatoren überprüft und mit Fernerkundungsdaten verknüpft, um ein web-basiertes Pasture Degradation Monitoring System (PaDeMoS) zu entwickeln. In einem gemeinsamen Beobachtungsnetz werden insgesamt 4 Teilprojekte auf übereinstimmenden Kernflächen in 23 repräsentativen Untersuchungsgebieten arbeiten, die die wesentlichen Klimabedingungen auf dem östlichen Plateau repräsentieren. Dabei werden jeweils im gegebenen Untersuchungsgebiet entlang von Transekten degradierte und nicht degradierte Bestände verglichen. Die plot-basierten Untersuchungen werden mit Hilfe von Fernerkundungsmethoden auf größere räumliche und auch zeitliche Skalen übertragen. Das integrative Konzept setzt folgende Arbeiten in den 4 Teilprojekten voraus:
Pollen:
In diesem Teilprojekt wird durch Aufbau eines Pollenflug-Monitorings die Möglichkeit geschaffen, Veränderungen an der Vegetation kontinuierlich zu beobachten. Basierend auf der täglichen Analyse des Pollenfluges an ausgewählten Stationen des Tibetischen Plateaus wird die Phänologie der dortigen Vegetation abgebildet. Diese Analysen werden über mehrere Jahre durchgeführt, sodass sich mit den bekannten Phänologien Proxies und Indikatoren entwickeln lassen, die die unmittelbaren Auswirkungen des Klimawandels, aber auch der anthropogenen Einflüsse auf die Vegetation und Weidelandqualität erkennen lassen. Durch Vergleich mehrerer Stationen ist es auch möglich, auftretende Fernflugpollen mengenmäßig zu vergleichen und damit den Monsun in seiner räumlichen Ausdehnung und Stärke zu erfassen. Die gewonnenen Informationen werden nach Einbindung in die Ergebnisse der anderen Teilprojekte ein umfassendes Instrument liefern, um die Veränderungen der Ökologie auf dem Tibetischen Plateau zu beobachten, zu bewerten und auch um mögliche Managementmaßnahmen besser zu planen und zu überwachen.
Ameisen:
Ameisen nutzen kleinräumige Habitatstrukturen und können zur Untersuchung lokaler Habitatbedingungen genutzt werden. Sowohl Ameisennester als auch fouragierende Arbeiter werden auf allen Untersuchungsflächen erfasst. Im Rahmen des Teilprojektes werden Degradations- und Klimagradienten auf den Weiden anhand der Ameisen (Hymenoptera: Formicidae) analysiert. Dabei sollen spezifische Verteilungscharakteristiken auf der Ebene der einzelnen Arten sowie auch Artenreichtum, Evenness und Totalabundanz (= Nestdichte) auf der Ebene der Ameisengesellschaften ursächlich mit dem Grad der beweidungsbedingten Störung sowie klimatischen Faktoren erklärt und deshalb zukünftig als Indikatoren verwendet werden. Für alle beobachteten Arten wird ein digitaler Morphologie-basierter Bestimmungsschlüssel auf der Basis des multivariaten Lucid-Key entwickelt.
Vegetation und Beweidung:
Die Vegetationsuntersuchungen bilden das Bindeglied zwischen den Studien an gemeinschaftlichen Kernflächen und der Landschaftsebene. Entlang der Transekte in repräsentativen Klimaregionen des tibetischen Hochlandes sollen unterschiedliche Degradationsstadien erfasst und klassifiziert werden. Die untersuchten Variablen umfassen hier Artenzahl und Evenness, Artenzusammensetzung, aber auch den Futterwert / Nährstoffgehalt ausgewählter Arten. Das wird zur Ableitung von Indikatorarten, bzw. aggregierten Indikatoren führen, die sich dann leicht kartieren lassen und für großräumige Erfassungen zur Verfügung stehen. Die Vegetationsdaten werden mit der Fernerkundung auf die Meso- aber auch die Makroskala übertragen.
Zusätzlich werden in diesem TP auch die Nährstoffpools im Oberboden untersucht, die zur Einschätzung der Beweidungseffekte, insbesondere auf die Pflanzennährstoffgehalte wichtig sind. Als wichtige Herbivorengruppe sind bodenwühlende Kleinsäuger zentrale Akteure und Indikatoren. In einem überwiegend anderweitig finanzierten Teilbereich werden die Artenzusammensetzung und Populationsdichten von Kleinsäugern an verschieden intensiv beweideten Stationen aufgenommen. Dabei wird der Schwarzlippen-Pfeifhase Ochotona curzoniae als Modellart einer intensiveren Populationsanalyse unterzogen, die auch nahrungsökologische Untersuchungen einschließt.
Fernerkundung:
Auf der Basis verschieden aufgelöster Fernerkundungsdaten und plot-basierter Feldaufnahmen von floristischen und faunistischen Weide-Degradationsindikatoren der anderen TPs wird ein System entwickelt, das es erlaubt auf Basis von wolkenfreien MODIS Kompositbildern die Weidedegradation für das Kobresia-System flächendeckend zu erfassen. Dazu werden als Zwischenschritt projektweit die Indikatoren verglichen und in ihrer Reaktion bewertet. Ziel ist eine belastbare Klassifikation von Degradationsstadien, die unter verschiedenen Bedingungen anwendbar ist. Das Resultat wird als internetbasiertes Informationssystem ausgebaut und für lokale Stakeholder verfügbar gemacht. Diese können dann Daten zu den in PaDeMoS bereits untersuchten Gebieten abfragen, aber auch neue Daten einpflegen um vergleichbare Bewertungen zu erzeugen.