PM Wolf 16.04

Naturschutzgenetik

Forschung

Dies sind unsere Forschungsschwerpunkte:

  • Entwicklung hochsensitiver molekularer Markersysteme für das Wildtiermonitoring. Hier spielen insbesondere eDNA-Methoden (Umwelt-DNA) sowie SNP-Chips, die für die Genotypisierung forensischer und nichtinvasiv gesammelter Umweltproben optimiert sind, eine Rolle.
  • Auswirkungen menschlicher Umwelteinflüsse auf die genetische Populationsstruktur heimischer Arten. Der Fokus liegt auf der Untersuchung genetischer Diversität, Populationsstrukturen und Hybridisierung.

Auf dieser Seite erhalten Sie einen exemplarischen Überblick über einige unserer Forschungsschwerpunkte. Falls Sie an einer Kooperation bezüglich genetischer Untersuchungen von Wildtieren interessiert sind, erhalten Sie hier oder über  bzw. 06051-619543138 weitere Informationen.

Nachfolgend finden Sie unsere wichtigsten Projekte.

Entwicklung SNP-basierter Markersysteme für Wildtiere

Entschlüsselung genetischer Muster der kontinuierlichen Wiederbesiedelung von Zentraleuropa durch Großraubtiere durch die Anwendung neuartiger SNP-Marker für nichtinvasive Proben

Hintergrund
Die gegenwärtig zu beobachtende Wiederbesiedlung Mittel- und Westeuropas durch ehemals weitgehend ausgerottete Raubtierarten ist ein wichtiges Thema in Wissenschaft und Gesellschaft. Detaillierte, staatenübergreifende Erkenntnisse über Migrationsrouten, Bestandsentwicklungen und Genflussmuster werden für ein umfassendes Wildtiermanagement benötigt und bilden auch die Grundlage für die wissenschaftliche Untersuchung des natürlichen Experiments zur Möglichkeit der Koexistenz von Großraubtieren und Menschen in dicht besiedelten Regionen.

Das Projekt
Ziel des SAW Projektes ist die Bildung eines Kompetenznetzwerks zur Entwicklung neuartiger genetischer Markersysteme für die Untersuchung bedrohter europäischer Raubtierarten. Hierzu werden zunächst variable Stellen (single nucleotide polymorphisms; SNPs) im Genom von fünf Großraubtieren (Braunbär, Fischotter, Wolf, Luchs, Wildkatze) mittels next generation sequencing und Gendatenbankabfragen identifiziert und hinsichtlich ihrer Variabilität in mitteleuropäischen Populationen analysiert. Parallel hierzu werden unterschiedliche SNP-Detektionssysteme auf ihre Eignung für nichtinvasiv gesammeltes Probenmaterial hin untersucht. Die finalen Markersysteme werden an mehreren Populationen jeder Art getestet und mit den Ergebnissen anderer Methoden verglichen. Mittels Genotypisierung von Proben aus Mittel- und Osteuropa werden genetische Diversität, Genfluss und landschaftsgenetische Faktoren untersucht, um genetische Muster der Rekolonisierung Mitteleuropas zu identifizieren. Alle Daten werden in eine genetische Datenbank eingespeist, um zukünftige Suchanfragen bezüglich der Herkunft von Proben mit unbekanntem Status zu ermöglichen und so großskaligen Genfluss erkennen zu können.

Projektpartner
Markerentwicklung und populationsgenetische Untersuchungen werden von den drei primären Projektpartnern Senckenberg (Dr. Carsten Nowak, Dr. Robert Kraus), Leibniz Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Dr. Jörns Fickel, Dr. Daniel Förster) und TU München (Prof. Dr. Ralph Kühn, Dipl.-Biol. Helmut Bayerl) in Kooperation durchgeführt. Die Kombination der genannten Faktoren – Kompetenzbündelung, Entwicklung standardisierter Markersysteme und Aufbau einer genetischen Datenbank – lässt so Aussagen zu Dispersionsmustern, Isolationsfaktoren und Arealveränderungen zu, die über den Charakter regionaler Einzelstudien hinausgehen.

Nicht-invasives Monitoring der Wildkatze in Deutschland

Hintergrund
Seit 2008 werden in der Außenstelle Gelnhausen des Forschungsinstituts Senckenberg molekulargenetische DNA-Untersuchungen zur Unterscheidung von Wild- und Hauskatzen durchgeführt. Bis heute hat Senckenberg mehr als 15.000 Wildkatzenproben für über 200 Auftraggeber untersucht. Bisherige Highlights des Projekts sind Erstnachweise von Wildkatzen in zahlreichen Regionen Deutschlands, z. B. der als „kleine Sensation“ gefeierte Erstnachweis der Wildkatze im einzigen hessischen Nationalpark, dem NP Kellerwald, im Jahr 2007. Ebenfalls spektakulär ist der genetische Nachweis der Wildkatze im Nationalpark Thayatal in Österreich. Für das „Rettungsnetz Wildkatze“ des BUND konnte 2009 eine erste detaillierte Übersicht über die deutsche Wildkatzenpopulation anhand von Lockstockproben gewonnen werden. Aktuelle Projekte sind unter anderem das „Projekt Wildkatzensprung“ des BUND sowie die Untersuchung der Barrierewirkung von Autobahnen und Flüssen auf Wildkatzen.  

Die Wildkatze
Die Europäische Wildkatze (Felis s. silvestris) gilt als Leitart für die Artengemeinschaft  unzerschnittener, strukturreicher Laub- und Mischwälder. Durch die intensive Bejagung bis ins 19. Jahrhundert, sowie die aktuell fortschreitende Lebensraumzerschneidung, gilt sie als stark gefährdet. Neben der Isolation von Wildkatzenvorkommen, die zu einer genetischen Verarmung führen kann, stellt die Introgression von Hauskatzenallelen bei Wildkatzen eine ernstzunehmende Gefahr für das langfristige Überleben in den heimischen Wäldern dar.

Aufgrund der extrem scheuen Lebensweise der Wildkatze konnte diese bis vor wenigen Jahren nur durch Lebendfang, sowie durch Totfunde sicher nachgewiesen werden. Bei Lebendfängen, sowie Sichtbeobachtungen, ist eine Unterscheidung von Wild- und Hauskatzen durch drei Merkmale möglich: klar abgegrenzte schwarze Ringe am Schwanz, 4-5 schwarze Streifen im Nacken, sowie schwarze Streifen auf der Schulter (Krüger, M. et al. 2009). Bei Totfunden liefern morphometrische Merkmale, wie Schädelindex und Darmlänge, eine sichere Unterscheidung.

Krüger, M., Hertwig, S.T., Jetschke, G. & Fischer, M.S. (2009). Evaluation of anatomical characters and the question of hybridization with domestic cats in the wildcat population of Thuringia, Germany. Journal of Zoological Systematics and Evolutionary Research 47: 268-282.
    
Die Lockstockmethode
Bei bisherigen genetischen Studien zur Wildkatze in Deutschland, wie etwa Hybridisierungsraten und Populationsstrukturberechnungen, wurden ausschließlich Totfunde und Museumspräparate verwendet und es konnten bis dato nur sehr wenige Wildkatzenvorkommen genetisch charakterisiert werden. Durch die nicht-invasive Lockstockmethode kann mit Hilfe von Haarfallen genügend genetisches Probenmaterial von Wildkatzen im Freiland gesammelt werden, ohne dass die Wildkatzen einer direkten Beeinträchtigung unterliegen. Die Lockstockmethode, als Lieferant von Haarproben für spätere genetische Untersuchungen, hat sich mittlerweile in zahlreichen Untersuchungen als sehr effektiv erwiesen.  Lockstöcke sind einfache Holzpflöcke, die mit Baldrian als Lockmittel eingesprüht werden. Der Baldrian veranlasst die Tiere, sich an den Pflöcken zu reiben, wodurch Haare an den Pflöcken zurückbleiben. Die Haare werden nach dem Absammeln genetisch analysiert, wobei eine Unterscheidung zwischen Haus- und Wildkatzen, sowie eine Individualisierung möglich ist.

Haarproben und die Genetik
Grundsätzlich ist bei Haaren zu beachten, dass Feuchtigkeit, Temperaturwechsel und Sonnenlicht zu einem Abbau der DNA führen. Daher ist die Anzahl an trocken gelagerten Haaren mit Haarwurzel für den Erfolg der genetischen Analyse entscheidend. In den Haarwurzeln ist die Menge an DNA-Molekülen um ein tausendfaches höher als im restlichen Haar. Im Gegenlicht erscheinen Haarwurzeln als durchsichtige Verdickung. Daher dürfen Haare von einem Stück Fell niemals mit einer Schere abgeschnitten werden. Auch sollten Haare niemals auf Klebeflächen fixiert werden, da dies die späteren Analysen sehr stark beeinträchtigt. Das Fixieren der Haare auf Klebestreifen etc. ist nur in Ausnahmefällen nützlich (z.B. wenn man Flächen auf Haar- und Gewebereste absucht, etwa bei forensischen Untersuchungen). Da die Haarwurzel die meiste DNA beinhaltet, kann bei weniger als 5 Haaren mit Wurzel kein genetischer Fingerabdruck erstellt werden. Dennoch kann eine Unterscheidung in Haus- bzw. Wildkatze mittels eines mitochondrialen Markers erfolgen. Bei >5 Haaren mit Wurzel reicht meist die Anzahl an DNA-Molekülen aus und es können 14 Mikrosatellitengenorte untersucht werden. Anhand dieser Untersuchung wird ein genetischer Fingerabdruck erstellt, mit dem u.a. eine Artbestimmung sowie eine Unterscheidung der Individuen erfolgen kann.
 
Genetik – die Untersuchung der mitochondrialen DNA
Die Untersuchung der mitochondrialen DNA (mtDNA) bieten den Vorteil, dass aufgrund der hohen Kopienanzahl in jeder Zelle schon in kleinen Probenmengen genug DNA für eine Analyse vorhanden ist. Jedoch wird die mtDNA rein maternal vererbt, daher kann bei der späteren Interpretation der Daten nur die Zugehörigkeit des Individuums zur mütterlichen Erblinie festgestellt werden.

Genetik – Genotypisierung über genomweite SNPs
Über genomweite SNPs (single nucleotide polymorphisms = Einzelpunktmutationen) werden entsprechend von Thaden et al. 2020 anhand eines 96 SNP-Chips (Fluidigm Mikrofluid-Plattform) individuelle genetische Profile (Genotypen) von Wildkatzen erstellt und mit den Genotyp-Datenbanken am Zentrum für Wildtiergenetik abgeglichen. Bei vorliegendem Hybridverdacht werden Proben entsprechend der Methode von Nussberger et al. 2014 und Tiesmeyer et al. 2020 untersucht, um Hybride der ersten Generation sowie Rückkreuzungshybride und weiter zurückliegende Hybridisierungsereignisse zuverlässig nachzuweisen.

Projekte
In diesen Projekten kooperieren wir mit unterschiedlichen Projektpartnern und Auftraggebern: 

  • Wildkatzenmonitoring in Deutschland und angrenzenden Regionen (zahlreiche Auftraggeber)
  • Der Wildkatzensprung (BUND)
  • Monitoring der Wildkatze im Nationalpark Kellerwald-Edersee (Nationalpark Kellerwald-Edersee, Institut für Tierökologie und Naturbildung)
  • Untersuchung der Populationsstruktur und Barrierewirkung bei der Wildkatze im Rheingau-Taunus-Gebiet (Hessen Forst FENA)
  • Regionale Populationsstruktur und Rekonstruktion der Wiederbesiedlung von Wildkatzenlebensräumen in der Rhön (RhönNatur e.V., Biosphärenreservat Rhön)
     

Möglichkeiten zur wissenschaftlichen Kooperation
Wir bieten genetische Untersuchungen von Haarproben, zur Identifizierung und Individualisierung von Wildkatzen an. Nähere Informationen finden sie hier.

Nationales Referenzzentrum für Luchs und Wolf

Weitergehende Informationen hierzu finden Sie auf den Seiten des Zentrums für Wildtiergenetik.

Genetische Verarmung in wiederangesiedelten Populationen des Eurasischen Luchses

(Projektbearbeitung durch Sarah A. Mueller – DAAD Stipendiatin)

Hintergrund
Der Eurasische Luchs (Lynx lynx) wurde Ende des 18. Jhs. in Mitteleuropa durch gezielte Bejagung und Habitatfragmentierung ausgerottet. Seit Anfang der 1970er gab es in Europa Wiederansiedlungsprojekte des Luchses. Trotz großer Bemühungen scheiterten viele der Versuche aufgrund zu kleiner Ausgangspopulationen, hohen Graden an Inzucht oder illegaler Bejagung. Die wenigen erfolgreich etablierten Populationen zeigen eine geringe genetische Diversität und einen deutlich erhöhten Grad an Inzucht. Da zukünftig weitere Wiederansiedlungen geplant sind, ist das Verständnis der benötigten genetischen Variabilität und des Genflusses für eine überlebensfähige Meta-Population von besonderer Bedeutung.

Das Projekt
Um genomweite genetische Diversität und Muster mittels Restriction-site Associated DNA (RAD) Sequenzierung zu untersuchen, wurden Proben aus 18 Luchs-Populationen gesammelt. Die ausgewählten Gebiete beherbergen teils natürliche (z.B. Westkarpaten als Ausgangspopulation für die meisten Wiederansiedlungen in Mitteleuropa) und teils wiederangesiedelte Populationen (Schweizer (Nordwest-)Alpen, Schweizer Jura, Nordostschweiz (Projekt LUNO / Kora), Harz, Bayerischer Wald / Böhmerwald, Dinarisches Gebirge). Genomische DNA wurde an mindestens 15.000 loci mit durchschnittlich 150bp mit Hilfe einer Illumina HiSeq- Sequenzierung nach dem NextRad Ansatz (Fu et al. 2017) sequenziert. Die so gewonnenen Ergebnisse bilden eine wichtige genetische Datengrundlage für eine abgestimmte europäische Luchsstrategie.

Kooperationspartner
Ole Anders, Nationalpark Harz, Deutschland
Christine & Urs Breitenmoser, KORA, Schweiz
Peter Klinga, Technical University in Zvolen, Slowakei
Jarmila Krojerová-Prokešová, Institute of Vertebrate Biology, Tschechien
Krzysztof Schmidt, Mammal Research Institute, Polen
Tomaž Skrbinšek, University of Ljubljana, Slowenien

Spurensuche Gartenschläfer

Mit Bürgerwissenschaften und Naturschutzgenomik auf der Suche nach den Rückgangsursachen des Gartenschläfers

Hintergrund
Der Gartenschläfer (Eliomys quercinus) ist ein kleiner Verwandter des Siebenschläfers und war ursprünglich in weiten Teilen Mittel- und Osteuropas heimisch. Mittlerweile ist er in einigen Ländern Europas ausgestorben oder vom Aussterben bedroht. Allein in den letzten 30 Jahren ging seine Verbreitung europaweit um gut 50 Prozent zurück. Die Gründe für den vielerorts dramatischen Rückgang sind bisher noch unklar. Da Deutschland einen erheblichen Anteil am weltweiten Gartenschläfer-Bestand hat, haben wir nach der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt eine besondere Verantwortung für den Erhalt dieser Art.

Das Projekt
Im Projekt „Spurensuche Gartenschläfer“ wurden die Ursachen für den Rückgang der Gartenschläfer ermittelt und ein wirkungsvolles Schutzkonzept entwickelt und umgesetzt. Hierzu forschten drei Projektpartner aus Forschung und Naturschutz, darunter Senckenberg, der Arbeitskreis Wildbiologie der Justus-Liebig-Universität Gießen sowie der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Ziel des Verbundprojekts war die langfristige Sicherung der Bestände des Gartenschläfers in einem großen Teil seines deutschen Verbreitungsgebietes.

Unsere Aufgabe im Projekt war die genomische Begleitforschung zu den Rückgangsursachen des Gartenschläfers. Während die Art in Teilen ihres westlichen Verbreitungsgebietes sogar Ausbreitungstendenzen zeigt, brechen insbesondere die östlichen Populationen ein oder sind bereits ausgestorben. Bislang war nicht bekannt, ob es sich bei diesen östlichen Vorkommen um genetisch differenzierte, regional angepasste Linien handelt, was die entgegengesetzten Populationsdynamiken erklären könnte. Zudem entwickelten wir ein SNP-basiertes genetisches Markersystem zur Testung von Individuen auf genetische Linienzugehörigkeit mittels nichtinvasiv gesammelter Proben.

Das Projekt lief von 2018 bis 2024 und wurde im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit gefördert. Im Mai 2020 wurde die Spurensuche Gartenschläfer als „Projekt der UN-Dekade für Biologische Vielfalt“ ausgezeichnet.

Weiterführende Infos
Ausführliche Informationen zum Projekt Spurensuche Gartenschläfer finden Sie auf www.gartenschlaefer.de.

Genetisches Monitoring des Feldhamsters

Hintergrund
Seit 2012 untersuchen wir die genetische Struktur und den Grad an genetischer Verarmung in den vom Aussterben bedrohten letzten Feldhamstervorkommen Mitteleuropas. Ein besonderer Schwerpunkt wird hierbei auf die genetische Begleitung von Feldhamstererhaltungszuchten gelegt. Über die Jahre hat sich ein enger Austausch mit dem angewandten Feldhamsterschutz etabliert.

Von 2018 bis 2023 unterlag uns die wissenschaftliche Begleitung im Projekt Feldhamsterland. Feldhamsterland war ein vom Bundesamt für Naturschutz gefördertes, länderübergreifendes Projekt im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt. Projektbearbeiter war Tobias E. Reiners, der alle Arbeiten zum Feldhamster bei uns leitet.

Projektpartner:

  • Dr. Ulrich Weinhold, Institut für Faunistik & LUBW (Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg)
  • Julien Eidenschenk & Charlotte Kourkgy, ONCFS (Office National de la Chasse et de la Faune Sauvage) – Elsass
  • Maurice La Haye & Gerard Müskens, Radboud Universität Nijmegen & Alterra Wageningen
  • Johanna Ziomek, Adam Mickiewicz University in Poznań, Polen
  • Agata Banaszek – University of Białystok, Polen
  • Dr. Carina Siutz, Universität Wien, Österreich

Verbreitung in Deutschland und Europa
Der Feldhamster (Cricetus cricetus L., 1758) gehört in Westeuropa zu den stark gefährdeten Säugetierarten. In der aktuellen Roten Liste für Deutschland ist er seit 2009 als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft und ist in der FFH-Richtlinie in Anhang IV aufgeführt. In den Ländern seiner westlichen Verbreitungsgrenze, Niederlande, Belgien und Frankreich, wird die aktuelle Gefährdung des Feldhamsters besonders deutlich. In allen drei Ländern sind die Bestände in den letzten Jahrzehnten dramatisch eingebrochen oder erloschen. Nach aktuellsten Erkenntnissen hat dieser Rückgang auch Österreich und die osteuropäischen Staaten erfasst. Zusammen mit internationalen Kollegen haben wir dazu beigetragen, dass die weltweite IUCN Einstufung des Feldhamsters in „vom Aussterben bedroht“ geändert wurde.

Banaszek, A., Bogomolov, P., Feoktistova, N., La Haye, M., Monecke, S., Reiners, T. E., Rusin, M., Surov, A., Weinhold, U. & Ziomek, J. (2020). Cricetus cricetus. The IUCN Red List of Threatened Species 2020: e.T5529A111875852. doi.org/10.2305/IUCN.UK.2020-2.RLTS.T5529A111875852.en.
  
Der Feldhamster
Der Feldhamster ist der einzige Vertreter der Gattung der Großhamster Cricetus. Besonders charakteristisch ist die bei heimischen Säugetieren selten vorkommende Inversfärbung des Felles. Ausgewachsene Tiere können eine Kopfrumpflänge von 200-300mm erreichen und erlangen ein Gewicht zwischen 200 und 650g.
Die Weibchen sind imstande bis zu dreimal pro Jahr Nachkommen zu erzeugen, wobei die Anzahl der Jungen von zwei bis acht Tieren pro Wurf reicht. Der Nachwuchs ist bereits nach 25 Tagen entwöhnt. Die Weibchen des ersten Wurfes können noch im gleichen Jahr der Geburt geschlechtsreif werden.

Projekte

  • Wissenschaftliche Begleitung im Projekt Feldhamsterland
  • Genetische Evaluierung der Niederländischen Feldhamstererhaltungszuchten (Alterra Wageningen & Radboug University Nijmegen)
  • Genetische Studie über wilde und gezüchtete Feldhamster in Elsass (ONCFS – Office National de la Chasse et de la Faune Sauvage)
  • Genetisches Monitoring des Feldhamsters (Cricetus cricetus) im Rhein-Neckar-Kreis (IFF – Institut für Faunistik, LUBW – Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg)
  • Genetisches Monitoring des Feldhamsters in Bayern (2018)
     

eDNA-basiertes Monitoring aquatischer Organismen

eDNA – Hintergrund und Analysemöglichkeiten
Organismen hinterlassen fortwährend genetische Spuren in der Umwelt, die als ‚environmental DNA‘ (eDNA) bezeichnet werden. eDNA kann aus einer Vielzahl von Umweltproben, wie Boden, Sediment, Wasser oder Luft gewonnen werden. Die primären eDNA-Quellen bilden Ausscheidungs- und Sekretionsprodukte sowie sich zersetzendes Gewebe. Die in Umweltproben vorhandene eDNA kann mittels unterschiedlicher, hochsensitiver molekulargenetischer Methoden nachgewiesen werden. Als eDNA Barcoding wird dabei die (semi)quantitative Erfassung einzelner Arten mittels Real-time-PCR-Verfahren bezeichnet. eDNA-Metabarcoding mittels Next Generation-Sequencing erlaubt hingegen die Erfassung ganzer Artgemeinschaften und Ökosysteme. Beide Verfahren liefern wichtige Anhaltspunkte zu Vorkommen und Abundanz von Arten und Artgemeinschaften.

Unsere Forschungsschwerpunkte
Schwerpunkt unserer Arbeit ist das eDNA-basierte Monitoring aquatischer Organismen. Das genetische Monitoring umfasst sowohl bedrohte Arten (Amphibien: Kammmolch Triturus cristatus, Knoblauchkröte Pelobates fuscus; Fische: Schneider Alburnoides bipunctatus, Lachs Salmo salar) als auch invasive Arten (z.B. Sonnenbarsch Lepomis gibbosus, Blaubandbärbling Pseudorasbora parva) und Pathogene (Krebspesterreger Aphanomyces astaci). Dabei verwenden wir aufgrund der sehr verlässlichen, (semi-)quantitativen Ergebnisse primär das eDNA Barcoding einzelner Arten.

Im Rahmen unserer Forschung gehen Grundlagen- und angewandte Forschung Hand in Hand. Neue Beprobungs- und Analysemethoden für eine akkurate eDNA-Analytik werden fortwährend untersucht und optimiert. Ein weiterer Fokus liegt auf der Charakterisierung des Verhaltens von eDNA in der Umwelt (z.B. Verbreitungsmechanismen, Aufbau-/Abbauraten). Ziel ist dabei die Standardisierung eDNA-basierter Nachweisverfahren für eine routinemäßige Nutzung im angewandten Biomonitoring und Artenschutz.

Derzeit arbeiten wir im Rahmen eines LOEWE-TBG-Projekts an der Entwicklung und Etablierung eines auf Mikrofluid-Technologie basierenden eDNA-Detektionssystems für Fische (FishChip) und Amphibien (FrogChip). Diese eDNA-Chips sollen eine Vielzahl von aquatischen Arten schnell und präzise sowie parallel an zahlreichen Probestellen (semi-) quantitativ erfassen und dabei die Vorteile von eDNA-basiertem Barcoding (Robustheit, semi-quantitative Daten) und Metabarcoding (parallele Detektion zahlreicher Arten) verbinden.