
SoilMATs – ein EU-TETTRIs-Projekt
Taxonomische Ausbildung zur Bodenmikrofauna
Die Biodiversitätsforschung leidet unter einem Mangel an Kenntnissen und Experten, vor allem in Bezug auf mikroskopische kleine und hochdiverse Wirbellose aus wenig untersuchten Lebensräumen wie der Bodenmikrofauna. SoilMATs begegnet diesem Notstand mit der Ausbildung einer neuen Generation von Taxonomen für die Tierstämme Nematoda, Rotifera und Tardigrada, die in den Wasserfilmen im Boden leben.
Im Rahmen des SoilMATs-Projekts entwickeln drei Teams Online-Lehrmaterial und Praxiskurse für zukünftige Ausbilder und junge Wissenschaftler:
– Bärtierchen: italienisches Team der Universität Modena und Reggio Emilia.
Teamleiter: Dr. Roberto Guidetti ist Experte für die Artenvielfalt der Bärtierchen, ihre Evolution und Anpassungen an extreme Umgebungen
– Nematoda: deutsches Team am Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz.
Teamleiterin: Dr. Karin Hohberg ist Expertin für die Ökologie und Taxonomie von Nematoden in Böden, ihrem ökologischen Fußabdruck und Indikator-Wert bei der ökologischen Bewertung von Böden
– Rotifera: tschechisches Team des Biologické Centrum Czech Academy of Science in České Budějovice.
Teamleiter: Dr. Miloslav Devetter ist Experte für die Ökologie und Taxonomie von Rädertieren im Boden, speziell unter extremen Umweltbedingungen in polaren und alpinen Böden, Höhlen und Kryokonitlöchern.
Das SoilMATs-Projekt startete im September 2024 und wird unter der Finanzhilfevereinbarung Nr. 101081903 durch das Programm Horizon Europe Research and Innovation der Europäischen Union im Rahmen des TETTRIs-Projekts finanziert.
SoilMATs – an EU-TETTRIs-Project
Mofette-Felder
In Mofette-Gebieten gelangt Kohlendioxid aus großen geogenen Magma-Lagern durch kleine Risse und Spalten trocken an die Erdoberfläche. Die oberen Bodenschichten um die sehr kleinräumig und mosaikartig verteilten Austrittsstellen zeichnen sich durch einen bis zu 100%-igen CO2-Gehalt und entsprechend niedrigen O2-Gehalt aus. Wir untersuchen die Nematodengemeinschaften dieser Mofette-Böden, die Autökologie dort ansässiger, „mofettophiler“ Nematodenarten und ihre Anpassungsfähigkeit an den temporären bis dauerhaften Sauerstoffmangel.
Hühnerwasser
Seit Fertigstellung dieser künstlich angelegten und dann sich selbst überlassenen (nicht meliorierten, nicht rekultivierten) Versuchsfläche in der Bergbaufolge „Welzow Süd“ bei Spremberg im Oktober 2005 untersuchen wir dort die natürliche Primärsukzession der Nematoden- und Tardigradengemeinschaften. Die Studie begann als Teil des DfG-geförderten Sonderforschungsbereich Transregio 38, Strukturen und Prozesse der initialen Ökosystem-Entwicklung in einem künstlichen Wassereinzugsgebiet der BTU Cottbus, der TU München und der ETH Zürich. Seit 2011 wird die Langzeituntersuchung mit jährlicher Beprobung im Herbst weitergeführt.
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Beteiligung an sektionsübergreifenden Projekten
Abgeschlossene Projekte
GBOL
Innerhalb des „German Barcode of Life“ Projekts (www.bolgermany.de), haben wir – gemeinsam mit der Abteilung Tierökologie der Universität Bielefeld – eine Inventarisierung der in Böden und Süßwassersedimenten Deutschlands vorkommenden Nematodenarten, inklusive ihres genetischen Fingerabdrucks begonnen. Während der GBOL I Laufzeit wurden ca. 600 ribosomale LSU DNA Fragmente (D3-D5 Region) von 79 limnischen und terrestrischen Nematodenarten aus 147 Gebieten Deutschlands sequenziert und veröffentlicht (BOLD und GenBank). Die Bestandsaufnahme und die Zuordnung artspezifischer Barcodes werden seither kontinuierlich weitergeführt als wichtiger Schritt zu einer Einschätzung der Nematoden-Biodiversität innerhalb Deutschlands.
Antarktis
Die Antarktis ist bodenökologisch verhältnismäßig gut untersucht. So gibt es beispielsweise etwa 60 Veröffentlichungen über die Zusammensetzung der Nematodengemeinschaften von allen den Forscher*innen zugänglichen Inseln und Festlandbereichen. Wir können also relativ gut vorhersagen, welche Arten wo zu erwarten sind und untersuchen darauf aufbauend von Forschungs- und Touristenschiffen aus die Rolle menschlicher Aktivitäten bei der Einschleppung von fremden Arten in die Antarktis und der Verbreitung von Organismen innerhalb der Antarktis.
Wald der Zukunft
Aufgrund zunehmender Trockenheit ist in einigen Teilen Deutschlands ein Erkranken oder Absterben der einheimischen Baumarten zu beobachten. Mancherorts wird deshalb ein sanfter Übergang zu stabilen Waldökosystemen durch die Anpflanzung südeuropäischer trockenheits- und wärmetoleranter Eichenarten (Quercus ilex, Q. pubescens, Q. frainetto) angestrebt. Wir untersuchen in Zusammenarbeit mit dem Biodiversität und Klima Forschungszentrum BiK-F, wie die Streu der südeuropäischen Eichen von der mitteleuropäischen Bodenfauna angenommen und umgesetzt wird. Die Nematodenfauna soll uns hierbei Aufschluss über Nahrungsnetzstruktur und Abbauwege geben.
Räuber-Beute-System im Boden-Nahrungsnetz
Mit Dichten von über 1 Million Individuen pro Quadratmeter sind Nematoden die häufigsten Bodenbewohner. Sie beeinflussen die mikrobielle Aktivität, Dekompositionsraten, Nährstoffkreisläufe und das Pflanzenwachstum. Viele Räuber bedienen sich aus diesem Nematoden-Pool. Aber wir wissen nur sehr wenig über die Interaktionsstärken und top-down-Wirkungen dieser Räuber-Beute-Beziehung.
Um detaillierte Einsicht in eine solche Räuber-Nematoden-Beziehung zu gewinnen, untersuchten wir die Interaktionsstärke (functional response), einflussnehmende Faktoren (Temperatur, Beutedichte, Körper- und Bodenporengrößen) und das Verhalten (optimal foraging, Präferenzwechsel, Beutewahrnehmung, Angriffsabwehr) in einem Tardigraden (Paramacrobiotus richtersi) – Nematoden (Acrobeloides nanus) System. Die Ergebnisse werden zur Überprüfung und Parametrisierung mathematischer Modelle herangezogen.