Museum der Universität Tübingen MUT

Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment

Paläontologie

Sammlungen

1. Die Paläontologischen Sammlungen in Tübingen

a.) Sammlungen

  • Systematische Paläontologie der Vertebraten

Diese Sammlung umfaßt einzigartige Konvolute wie die Mesozoische Meeresreptilien des Jura-Meers und der Kreidezeit (z.B. Henodus, Ichthyosaurier, Meereskrokodile, Mosasaurier). Hinzu kommen ursprüngliche Dinosaurier (z.B. Plateosaurus, Kentrosaurus) und pleistozäne Säugetiere der Schwäbischen Alb (Erpfinger Bärenhöhle). Die bedeutendste Therapsiden-Sammlung der Welt (z.B. Stahleckeria, Scymnognathus), haben wir Friedrich v. Huene zu verdanken.

  • Systematische Paläontologie der Invertebraten

Diese Sammlung umfaßt zunächst tausende publizierter Ammoniten, Schnecken, Brachiopoden und andere Wirbellose aus der Sammlung August von Quenstedts, mit ihrem Fokus auf die Schwäbische Alb. Hinzu kommen Stücke aus den Sammlungen Otto Schindewolf, Jobst Wendt und vieler anderer mit Objekten aus der ganzen Welt. Neben den zahlreichen Publikationen Adolf Seilachers finden sich zahlreiche Spurenfossilien aus seinem Nachlass.

  • Stratigraphische Paläontologie

In dieser Sammlung sind neben umfassenden Grabungsbeständen aus allen Erdschichten und Weltgegenden auch Belege von Abschlußarbeiten aus über 200 Jahren Sammlungsgeschichte geordnet. Hervorzuheben sind unter vielen anderen die Belege der Doktorarbeit von Franz Hilgendorf (1863), der mit Hilfe miozäner Schnecken den ersten Beleg für den graduellen Wandel nach Darwins Evolutionstheorie vorlegte und den ersten Stammbaum mit realen Organismen erstellte.

  • Publikationssammlung

Fossilien aus über 1500 Publikationen sind hier vereint, insgesamt mehr als 30.000 Einzelfossilien; ein Großteil davon stellt Typenmaterial dar.
Mikropaläontologie
Die Geschichte der Tübinger Mikropaläontologie geht auf Alfred Eisenack zurück, aber die Proben von Dietrich Herm, Hans Gocht, Christoph Hemleben, Hanspeter Luterbach, Alexander Liebau und anderen sind hier vereint.

  • Paläobotanik

Die Paläobotanische Sammlung in Tübingen ist stratigraphisch geordnet und umfaßt u.a. die Sammlung von Karl Mägdefrau und der Arbeitsgruppe um Volker Mosbrugger. Neben Makrofossilien gibt es auch eine Pollensammlung u.a. von Abdul Rahman Ashraf.

b.) Überblick und Geschichte

Die sechs paläontologischen Sammlungen der Universität Tübingen entstanden im frühen 18. Jahrhundert als Forschungs- und Lehrsammlung. Bis heute ist das vorrangige Ziel, der internationalen Wissenschaft Zugang zu oft einmaligem Material zu gewähren. Darüber hinaus fühlen sich die paläontologischen Sammlungen der Lehre verpflichtet, um den Studierenden den Umgang mit Fossilfunden näher zu bringen. Sie bieten nicht zuletzt auch den Fundus für zahlreiche wissenschaftliche Studienarbeiten. Um die erdgeschichtliche Vergangenheit einer breiten Öffentlichkeit näher zu bringen, sind herausragende, teils einmalige Funde der Schau- und Lehrsammlung frei zugänglich präsentiert.

Von besonderem Wert sind die Abbildungsbelege zu den Werken von Friedrich August Quenstedt. Darüber hinaus finden sich Belegmaterialien u.a. zu Arbeiten von Auer, Branco, Broili, Bronn, E. und O. Fraas, Hauff, Heer, Hennig, v. Huene, Jaeger, Koken, Naef, Pompeckj, Schindewolf, Schlegelmilch, Seilacher, Westphal, Wiedmann und Zittel.

Hervorzuheben ist die Sammeltätigkeit von Friedrich August Quenstedt (Trias und Jura des Schwäbischen Schichstufenlandes), des berühmten Wirbeltierpaläontologen Friedrich Freiherr von Huene (Trias-Saurier), des Invertebratenpaläontologen Otto Heinrich Schindewolf (Jura- und Kreideammoniten, Stammesgeschichte) und nicht zuletzt des Begründers der modernen Paläoichnologie, Adolf („Dolf“) Seilacher, der nicht nur eine herausragende Spurensammlung aufgebaut hat, sondern auch die Wanderaustellung „Fossil-Art“, die um die Welt reiste.

Die öffentliche Sammlung ist in ihrem Aufbau und in Teilen der Präsentationstechnik stark historisierend. Sie soll den großen wissenschaftshistorischen Wert unterstreichen und Einblick in ein Naturalienkabinett vor einhundert Jahren gewähren.

Nebst zahlreichen Meeressauriern bietet die Sammlung eine in ihrer Form einzigartige Präsentation von säugerähnlichen Reptilien, zwei Skelette des schwäbischen Dinosauriers Plateosaurus, eine Gruppe von Höhlenbären und einen Überblick über die Entwicklung der Lebewelt. Darüber hinaus präsentiert sie zahlreiche, herausragende Funde aus Baden-Württemberg.

Die Paläontologische Sammlungen der Universität Tübingen umfassen geschätzte 1 Mio. Objekte. Derzeit sind 50.000 davon digital erfasst. Unter dem sehr vielseitigen Fossilmaterial befinden sich Belege zu über 1.500 wissenschaftlichen Publikationen.

Die meisten Bestände der Sammlungen werden in einem Schiebeschranksystem im Erdgeschoss des Gebäudes aufbewahrt. Erhebliche Sammlungsbestände stammen aus dem 19. und frühen 20. Jh. und zahlreiche Invertebratenfunde wurden im Zeitraum zwischen 1950-1970 in die Sammlung aufgenommen. Eine Reihe von Privatsammlungen, die dem Institut gestiftet wurden ergänzen die reichhaltigen Bestände.

Für Wissenschaftler aus aller Welt bieten wir die Möglichkeit unsere Sammlungsbestände zu sichten bzw. Sammlungsobjekte zur wissenschaftlichen Bearbeitung auszuleihen.

Zitieren Sie unsere Sammlung bzw. Objekte aus der Sammlung bitte wie folgt:
Paläontologische Sammlungen der Universität Tübingen, Sigwartstr. 10, 72076 Tübingen.
Das Akronym der Sammlung lautet GPIT (nach dem ehemaligen Namen des Fachbereiches Geowissenschaften: Geologisch-Paläontologisches Institut Tübingen).
Gültige Nummern sind wie folgt formatiert: GPIT/1234 (Belegmaterialien zu bereits erschienenen Publikationen), GPIT/MA/01234 (Objekte, die bis 2010 nicht publiziert wurden bzw. nicht inventarisiert waren).

c.) Literatur

Christner J., Kühner G. (1989). 400 Millionen Jahre Landpflanzen. Führer zur Ausstellung von Pflanzenfossilien im Geologischen Institut der Eberhard-karls-Universität Tübingen. Attempto Verlag, Tübingen.

Hennig E. (1923). Führer durch die Sammlungen des Geologisch-Paläontologischen Instituts der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. E. Schweizerbartsche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart.

Hinz J.K., Werneburg I. (im Druck). The Historical Archive of the Paleontological Collection Tübingen, Germany. Palaeontologia Electronica 22.2.26A: 1-94.

Koken E. (1905). Das Geologisch-Mineralogische Institut in Tübingen.

Kretschmer J. (1974). Die Sammlungen der Eberhard-Karls-Universität Tübingen Akademisches Presseamt der Universität Tübingen, Tübingen.

Seidl E., Ed. (2016). Museen + Sammlungen der Universität Tübingen. Schriften des Museums der Universität Tübingen MUT. Tübingen, Universität Tübingen.

von Engelhard W., Hölder H. (1977). Mineralogie, Geologie und Paläontologie an der Universität Tübingen von den Anfängen bis zur Gegenwart. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen.

Weishampel D.B., Westphal F. (1986). Die Plateosaurier vron Trossingen im Geologischen Institut der Eberhard-Karls-Univesität Tübingen. Attempto Verlag, Tübingen.

Werneburg I. (2016). Die Paläontologische Sammlung. In: Seidl E. (Hrsg.) Museen + Sammlungen der Universität Tübingen. Universität Tübingen, Tübingen,S. 92-97.

Werneburg I. (2017). Friedrich August Quenstedt. Senckenberg Natur, Forschung, Museum 147: 114-115.

Werneburg I., Betz O. (2018). Das 60. Phylogenetische Symposium in Tübingen: Funktionsmorphologie und Bionik – Einführung. In: Werneburg I., Betz O. (Hrsg.) 60. Phylogenetisches Symposium. Funktionsmorphologie und Bionik. Programm und Abstracts. 23. – 25. November 2018. Scidinge Hall Verlag, Tübingen,S. 3-15.

Werneburg I., Böhme M. (2018). The Paleontological Collection Tübingen. In: Beck L.A., Joger U. (Hrsg.) Paleontological Collections of Germany, Austria, and Switzerland. Springer, Berlin, S. 505-512.

Westphal F. (1988). Die Säugerähnlichen Reptilien im Geologischen Institut der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Attempto Verlag.

2. Ausstellung

a.) Treppenhaus und Korridore

Bereits im Treppenhaus begrüßen den Besucher der Paläontologischen Sammlungen zahlreiche Skelette von Fischsauriern und Meereskrokodilen aus der Posidonienschiefer-Formation (rund 184 Millionen Jahre alt) von Holzmaden.

Besonders günstige Bedingungen am Meeresgrund haben dazu geführt, daß die Fossilien fast unversehrt überliefert wurden. Teilweise sind sogar die Reste von Weichteilen oder Embryonen erhalten blieben.

Im Vorraum des Museums können einige spannende Spurenfossilien aus dem Erdaltertum und Erdmittelalter Spaniens, Italiens und Deutschlands betrachtet werden.

b.) Plateosaurier Saal

Der Schwäbische Lindwurm, wie der Plateosaurier, ein früher Dinosaurier der Triaszeit, auch genannt wird, kann in zwei originalen Skeletten bewundert werden. Sie wurden bereits 1928 in der heutigen Präsentation nach den Anweisungen ihres Ausgräber Friedrich Freiherr von Huene aufgebaut. Ein stark bewehrter Kentrosaurus aus Tansania, sowie eine Fährtenplatte des Handtieres (Chirotherium) bieten den Rahmen um die eindrucksvollen Skelette.

c.) Meeresreptilien Saal

Die Lebewelt des Jurameeres ist das Thema dieses Saales. Nicht nur zahlreiche Skelette von Ichthyosauriern aus der Posidonienschiefer-Formation werden hier präsentiert, sondern auch eine Reihe von Meereskrokodilen, Schlangenhalssauriern, Fischen und Haien, die vor 200-145 Millionen Jahren in Deutschland und England heimisch waren.

Darunter befinden sich große Räuber wie die bis zu 15 m langen Temnodontosaurier ebenso wie Fossilien des Quastenflossers, eines lebenden Fossils. In einem Seitenraum befindet sich ein Skelett des Placodontiers Henodus, einem Reptil, das bisher einzig aus Tübingen/Lustnau bekannt ist.

Mehrere Skelette von Flugsauriern runden die Präsentation von Funden aus dem Jurameer ab. Darüber hinaus sind im Seitensaal zwei sechs Meter lange Mosasaurier, große Prädatoren der Kreidezeit, montiert.

d.) Württemberg Saal

Baden-Württemberg zählt zu den geradezu klassischen Fundgebieten der Geologie und Paläontologie.

Eine Fülle, teils einmaliger Fossilien bietet Einblick in die verschiedenen Ökosysteme aus Württembergs Erdgeschichte.

Die ältesten Ablagerungen bildeten sich vor fast 300 Millionen Jahren, die jüngsten vor einigen zehntausenden Jahren in der Erpfinger Bärenhöhle, deren Höhlenbären Skelette im Original ausgestellt sind.

e.) Stratigraphischer Saal

Unter dem Schwäbischen Medusenhaupt, einer riesigen Seelilienkolonie aus der Posidonienschiefer-Formation von Ohmenhausen bei Reutlingen (rund 183 Millionen Jahre alt) befindet sich eine große Sammlung von Fossilien aller Erdzeitalter in stratigraphischer Abfolge.

Die Präsentation zeigt die wichtigsten Schritte der Evolution der letzten 500 Millionen Jahre.

Den besonderen Charakter dieses Raumes, der an ein Naturalienkabinett des 19. Jahrhunderts erinnert, unterstreichen die historischen Vitrinen mit ihren Sammlungsschränken aus Eichenholz.

f.) Therapsiden Saal

Die Entwicklung der Säugetiere beginnt im ausgehenden Erdaltertum.

Die Gruppe der Therapsiden zeigt bereits einige Anpassungen, die heute als Säuger-typisch gelten: das spezialisierte Gebiss, den Aufbau der Extremitäten und sogar die Ausbildung eines Felles.

Die Universität Tübingen besitzt eine der wichtigsten und größten Sammlungen an Therapsiden, die in diesem Raum, zusammen mit anderen Zeitgenossen ausgestellt wird.

Ergänzend befinden sich im Therapsidensaal auch die Extremitätenknochen großer pflanzenfressender Dinosaurier der Jura-Zeit.

3. Kuration

PD Dr. Ingmar Werneburg

Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment an der Universität Tübingen

Sigwartstraße 10

72076 Tübingen

Für wissenschaftliche Anfragen: ingmar.werneburg@senckenberg.de

Für Führungen: 07071 29-72998