Malakologie

Sammlung

Die Sammlung umfasst ca. 75.000 Serien von Trocken- und Alkoholpräparaten rezenter Mollusken. Aktuelle Sammlungszugänge sind nicht-marine Arten, besonders terrestrische Nacktschnecken. Entsprechend der Forschungsausrichtung liegt die Stärke der Sammlung in umfangreichen Serien aus Populationsstudien einzelner Arten sowie Tieren mit bekannter life history, v.a. von Ackerschnecken (Gattung Deroceras). Der überwiegende Teil der Molluskensammlung ist elektronisch erfasst.

Außerdem beherbergt die Sektion kleinere Sammlungen anderer Invertebraten-Gruppen, die nicht durch andere Bereiche abgedeckt werden, v.a. Crustacea, Echinodermata und Cnidaria.

Geschichte

Die Molluskensammlung geht auf die Anfänge der 1811 gegründeten Naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz zurück (bis 1823 zunächst als Ornithologische Gesellschaft). Bereits 1827, im ersten Band der Abhandlungen der Gesellschaft, wird eine kleine Molluskensammlung erwähnt. 1835 bestand sie aus 560 Conchylien.

Ein bedeutender Ausbau der Sammlung, durch Ankauf, Geschenke und Tauschaktionen, setzte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, mit der Präsidentschaft Georg von Moellendorffs (1855-1861) ein. Im Januar 1859 wurde der Apotheker Reinhard Peck als Kustos verpflichtet, der dieses Amt bis zu seinem Tod im Jahr 1895 ausübte. Aus den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts finden sich auch Belege malakologischer Erforschung der Oberlausitz und angrenzender Landesteile, u.a. von Kustos Reinhard Peck und Otto Franz von Möllendorff (damals noch Gymnasiast).

Die beiden großen Gönner der ersten Zeit waren für die Molluskensammlung der Domherr Emerich Ujhely, Pfarrer der K.K. Marine in Venedig, und Kaufmann Gustav Schmidt aus Ziska bei Laibach (heute Ljubljana). Beide waren korrespondierende Mitglieder der Gesellschaft. Erstgenannter sandte wiederholt Kästen mit Conchylien. Es dürfte sich um Meeresschnecken und -muscheln gehandelt haben, die in der Sammlung gut vertreten, aber vorwiegend unbelegt sind. Schmidt lieferte 1858 eine wohlgeordnete Sammlung von Land- und Süßwassermollusken aus Krain (Slowenien) und auch später weitere Kollektionen. Die ältesten gut belegten Stücke der Sammlung wurden um 1850 von Huet auf Sizilien gesammelt.

460 Serien, vorwiegend von der Balkanhalbinsel und den Philippinen, stammen von Otto Franz von Möllendorff. Zu nennen ist weiterhin die gut datierte Sammlung des Flechten- und Pilzspezialisten Paul Sydow, Berlin, die offenbar einmal geschlossen der Gesellschaft übergeben worden ist. Über Jahrzehnte hatte das Museum Verbindungen mit dem Konservator und Naturalienhändler Gustav Schneider aus Basel, der auch korrespondierendes Mitglied der Gesellschaft war. Viel wurde von ihm angekauft, manches Material aber auch geschenkt, z.B. 55 mit detaillierten Ortsangaben versehene Serien von Unionidae aus Nordamerika.

Eine 120 Serien umfassende Sammlung stammt von Carl Friedrich Jickeli (Hermannstadt/Sibiu). Der größte Teil (vom Roten Meer) wurde aber 1987 an das Meereskundemuseum Stralsund abgegeben. Im Austausch dafür erhielt unser Museum 1557 Serien Landmollusken der Sammlung Friedrich Borcherding, die Material zahlreicher verschiedener Sammler enthält. Eine Reihe gut beschrifteter Gastropoden aus Süd-Amerika stammt von Gustav Niederlein, deutsch-argentinischer Forschungsreisender, und weiteres Material aus dem Kaukasus und aus Ägypten von Oskar Schneider, Lehrer in Dresden. Eine 1790 Serien umfassende Sammlung wurde 1873 aus dem Nachlass des Geheimen Justizrates Carl Edmund Lepsius in Naumburg von dem Kaufmann Lesser Ephraim, einem Mitglied der Naturforschenden Gesellschaft, gekauft und dem Museum geschenkt.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts werden die Meldungen von Geschenken, Ankäufen und Tauschaktionen für die malakologische Sammlung seltener. Während der Inflationszeit wurden möglicherweise auch Teile der Molluskensammlung verkauft. Erst nach 1950 begann das Museum, die Erweiterung der Molluskensammlung wieder zu fördern. Gisela Vater, von 1955 bis 1990 am Museum tätig, übernahm (mit Ausweitung und Ausgliederung der Sammlung) den Kustodenbereich Niedere Wirbellose, dessen wichtigsten Teil die Mollusken stellen. Durch ihre Aktivität kamen zahlreiche Belege zur heimischen Fauna hinzu und wurde eine Alkoholsammlung mit Weichkörpern begonnen.

Portrait of Gustav Schneider
Gustav Schneider 1834-1900 (Haast family: Collection. Ref: PA2-1434. Alexander Turnbull Library, Wellington, NZ. /records/22457586)
Portrait of Friedrich Borcherding
Friedrich Borcherding 1849-1924 (Archiv für Molluskenkunde 56: pl. 3)
Portrait of C. F. Jickeli
Carl Friedrich Jickeli 1850-1925 (Archiv für Molluskenkunde 58: pl. 1)
Gravestone of Lesser Ephraim
Grabstein von Lesser Ephraim (1820-1900), jüdischer Friedhof, Görlitz