Palynologie Bilder
Cf. Botyococcus braunii, Fluoreszenz-Aufnahme

Paläontologie und Historische Geologie

Palynologie und Mikrovertebrata des Paläozoikums


Die Palynologie ist ein Wissenschaftszweig, der sowohl in der Geologie/Paläontologie aber auch in der Botanik beheimatet ist. Der Begriff leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet im ursprünglichen Sinne die „Lehre vom ausgestreuten Staub“.
 

Im Gegensatz zu den rezenten Forschungen (meist an Pollen, Sporen und Dinoflagellaten), beschäftigt sich die Paläo-Palynologie mit den fossilen pflanzlichen und tierischen organisch-wandigen Mikrofossilien (OWM), auch Palynomorphe genannt. 

Für alle fossilen Palynomorphen gilt, dass sie aus äußerst resistenten organischen Substanzen wie dem Sporopollenin bestehen, die sie weitgehend vor thermischer, chemischer und physikalischer Zerstörung, auch in geologischen Zeitdimensionen gerechnet, schützen. Die ältesten OWM sind bereits aus dem Präkambrium bekannt, wir in der Sektion beschäftigen uns in erster Linie mit den paläozoischen Mikrofossilien vom Ordovizium bis Devon, die aus dem Zeitraum von ca. 490 bis 360 Mio. Jahre vor Heute stammen. In einzelnen Projekten werden aber auch Forschungen in jüngeren Zeitperioden durchgeführt.

Die Palynomorphen sind wichtige Instrumente für die Altersbestimmung von Sedimenten (Leitfossilien) und geben Hinweise auf das Lebens- und Ablagerungsmilieu (Paläoökologie) sowie des Paläoklimas. Die folgenden Beispiele von charakteristischen  Vertretern der aquatischen und terrestrischen OWM stammen aus den Forschungsaktivitäten.

Terrestrische Palynomorphe

Zu ihnen gehören die Sporen und Cryptosporen (eine Sondergruppe der vermutlich ersten Landpflanzen-Sporen) aber auch die Reste von Pflanzen selbst, wie z.B. Kutikulen und Leitbündel (Phytoklasten). Aufgrund ihrer hohen Produktionsrate sind die Sporen/Cryptosporen jedoch weitaus häufiger in den Sedimenten und Sedimentgesteinen zu finden als die Pflanzenreste.

Cryptosporen sind gesichert seit dem Mittleren Ordovizium (Caradoc) bekannt, die eigentlichen Sporen (Miosporen) treten im Silur auf. Forschungen an frühen tierischen Kutikulen, wie beispielsweise von Arthropoden oder Insekten, spielen zurzeit noch eine untergeordnete Rolle, ähnliches gilt für die seltenen testaten Amöben.

Palynologie - Terrestrische Palynomorphen
Cryptosporen-Tetraden aus dem Ordoviz/Silur-Grenzbereich: 1. Velatitetras, 2. Tetrahedraletes, Sporen aus dem Unterdevon 3. Emphanisporites, Mitteldevon 4. Cf. Rhabdosporites und dem Oberdevon 5. Teichertospora; 6. Phytoklast (Kutikule) aus dem Perm

Aquatische Palynomorphe

Zu den wichtigsten Vertretern des marinen Phytoplanktons zählen die Acritarchen (zum großen Teil marine Algen-Zysten) und die Prasinophyten aus der Gruppe der Grünalgen. Bekannteste Beispiele sind die Gattungen Cymatiosphaera, Dictyotidium, Leiosphaeridia und Tasmanites.

Die ältesten gesicherten Funde von Acritarchen und Prasinophyten stammen bereits aus dem Proterozoikum. Süßwasserformen des Phytoplanktons spielen im Paläozoikum dagegen nur eine untergeordnete Rolle. Wenn vorhanden, geben sie ebenfalls wichtige Hinweise zur Paläoökologie.

Zu den wichtigsten Vertretern des marinen Zooplanktons gehören die Chitinozoen und Scolecodonten. Chitinozoen sind ausgestorbene Mikrofossilien unsicherer biologischer Zuordnung, sie treten vom Ordovizium bis zum Devon auf und sind hervorragende Leitfossilien. Scolecodonten werden erstmals seit dem Kambrium beschrieben, es handelt sich hierbei um morphologisch sehr unterschiedlich gestaltete Zähne und Zahnelemente aus dem Kauapparat von frühen Würmern, analog dazu sind sie im Rezenten vor allem von Polychaeten (Borstenwürmern) bekannt. Seltener sind Funde von Graptolithen und Tentakuliten oder die organischen Tapeten von Foraminiferen. Pilze nehmen eine systematische Sonderrolle ein und können zeitlich und räumlich in großer Anzahl („fungal spikes“) auftreten.

Palynologie - Aquatische Palynomorphen
Prasinophyten: 1. Tasmanites (Silur), 2. Dictyotidium (Mitteldevon), 3. Visbysphaera (Acritarch, Silur), 4. Plaesiodictyon (Coenobium einer Süßwasseralge, Trias, Interferenzkontrast), 5. Angochitina (Chitinozoe, Silur), 6. Scolecodont (Silur, Infrarotaufnahme)

Methodik

Die ca. 5 – 300 µm großen fossilen OWM werden in der Regel aus feinkörnigen Sedimentgesteinen wie Tonsteinen, Silt- oder Mergelsteinen gewonnen. Im Labor wird das zerkleinerte Ausgangsgestein nach der palynologischen Standardmethode mit Salz- und Flusssäure chemisch aufbereitet, wobei in erster Linie die kalkigen und silikatischen Bestandteile weggelöst werden. Als Produkt bleibt ein organisches Konzentrat (Kerogen) mit den darin enthaltenen figurierten OWM übrig. Diese werden anschließend durch mehrfaches Sieben angereichert, um sie routinemäßig unter dem Licht- bzw. dem Rasterelektronenmikroskop (REM) untersuchen zu können. In speziellen Fällen finden auch Infrarot-, Fluoreszenz- sowie konfokale Mikroskopie Anwendung.

Zielsetzung

In aller Regel wird eine qualitative und quantitative Bewertung der einzelnen Palynomorphengruppen durchgeführt. Die taxonomische Bestimmung der einzelnen Formen erlaubt dem Palynologen eine stratigraphische Einordnung der untersuchten Sedimentgesteine. Die marinen Acritarchen und Chitinozoen sowie die terrestrischen Sporen stellen im Paläozoikum hervorragende Leitfossilien dar. Durch die Analyse der Gesamt-Zusammensetzung der in den Gesteinen überlieferten organischen Komponenten (Palynofaziesanalyse) kann eine Interpretation der zur Ablagerungszeit herrschenden Umweltbedingungen und teilweise auch des Klimas abgeleitet werden. Palynomorphe sind deshalb auch ideale Paläo-Umweltindikatoren und leisten in Kombination mit der Sedimentologie und der organischen Geochemie einen wichtigen Beitrag zur Paläoökologie, Paläoenvironments und des Paläoklimas. In unseren Forschungen sind die OWM vor allem ein wichtiges Instrument, um terrestrische und marine Sedimente zeitlich einzuordnen, sie zu charakterisieren und damit die entsprechenden Ablagerungsräume zu vergleichen und ggf. miteinander zu korrelieren.