Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment
Forschungsstation Schöningen
Sedimente, Pollen, Samen, Hölzer, Reste von Groß- und Kleinsäugern, von Fischen, Vögeln und Insekten erlauben es, die Umwelt und das Klima während einer Warmzeit nach der Elster- und vor der Saale-Vereisung detailliert zu rekonstruieren. Von Menschen bearbeitete Steinwerkzeuge, Knochen- und Holzartefakte sowie zahlreiche Knochen mit Schnitt- und / oder Schlagspuren ermöglichen vollkommen neue Erkenntnisse über die Kultur der Frühmenschen dieser Zeit.
Das Grabungs- und Forschungs-Projekt wurde zu Beginn der 1980er Jahre von Dr. Hartmut Thieme vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege Hannover (NLD) initiiert. Im Jahr 1992 wurden in der Fundstelle Schöningen 12 II-1 die ersten bearbeiteten Hölzer entdeckt und als wahrscheinliche Klämmschäfte für Steinartefakte interpretiert. Im Herbst des Jahres 1994 folgte in der Fundstelle Schöningen 13 II-4 die Entdeckung eines Wurfstockes, dem zwischen 1995 und 1999 die Entdeckung von 10 Speeren und weiterer bearbeiteter Hölzer folgte.
Im Juni 2008 entstand eine Kooperation zwischen der Universität Tübingen und dem NLD. Seit Juni 2013 werden die wichtigsten Funde im Forschungsmuseum Schöningen ausgestellt. Im August 2016 wurde das Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment (SHEP) offiziell vom Land Niedersachsen mit der Forschung in Schöningen beauftragt.
Die Ausgrabungen in Schöningen werden vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur finanziell gefördert.
Unter den zahlreichen neuen Funden sei hier auf die Entdeckung von Eierschalen sowie auf die Reste von drei Säbelzahnkatzen hingewiesen.
Im Jahr 2015 erschien der Sonderband 89 des Journal of Human Evolution über Schöningen, womit die Wissenschaftler eine Bilanz ziehen; Die Fundstelle Schöningen veränderte unser Bild der menschlichen Evolution in der Altsteinzeit. Die Menschen der Altsteinzeit waren dem modernen Menschen sehr viel ähnlicher als lange angenommen. Der Homo heidelbergensis verfügte bereits über die Techniken für ausgefeilte Waffen und Werkzeuge. Er lebte in einem Sozialgefüge, in dem man gemeinsam jagte, Arbeitsteilung praktizierte und kommunizierte ‒ alle Eigenschaften, die sonst nur dem modernen Menschen zugeschrieben wurden.
Leiter der Senckenberg-Forschungsstation Schöningen ist Prof. Nicholas Conard (SHEP und Universität Tübingen). Die Forschungslabore liegen im paläon (jetzt Forschungsmuseum Schöningen) und befinden sich damit nur 300m Luftlinie von der laufenden archäologischen Ausgrabung entfernt.
Literaturauswahl
Behre, K.-E. (Hrsg.) 2012. Die chronologische Einordnung der paläolithischen Fundstelle von Schöningen. The chronological setting of the Palaeolithic site of Schöningen. Forschungen zur Urgeschichte im Tagebau von Schöningen 1 (Mainz 2012). Zur Publikation
Bigga, G. 2018. Die Pflanzen von Schöningen. Forschungen zur Urgeschichte im Tagebau von Schöningen 3 (Mainz 2017) Zur Publikation
Conard, N., Miller, C., Serangeli, J., van Kolfschoten, T. (editors) 2015. Excavations at Schöningen and new insights into Middle Pleistocene adaptations in northern Europe. Journal of Human Evolution 89. Zur Publikation
Serangeli, J., Rodríguez-Álvarez, B., Tucci, M., Verheijen, I., Bigga, G., Böhner, U., Urban, B., van Kolfschoten, T., Conard, N.J. 2018. The Project Schöningen from an ecological and cultural perspective. In: Cole, J. (ed.), Coping with climate: the legacy of Homo heidelbergensis. S.I. of Quaternary Science Review 198, 140 – 155. Zur Publikation
Terberger, T., Winghart, S. (Hrsg.) 2015. Die Geologie der paläolithischen Fundstellen von Schöningen. Forschungen zur Urgeschichte im Tagebau von Schöningen 2 (Mainz 2015). Zur Publikation