Systematik und Evolution der Ameisen
Unser Haupttätigkeitsfeld ist die numerische morphologiebasierte Alpha-Taxonomie (NUMOBAT) der Ameisengattungen Bothriomyrmex, Camponotus, Cardiocondyla, Formica, Hypoponera, Lasius, Leptothorax, Myrmica, Plagiolepis, Tapinoma, Temnothorax und Tetramorium mittels hochauflösender Stereomikroskopie, Bildgebungsmethoden, geometrische Morphometrie sowie explorative und hypothesengetriebene Datenanalysen.
In den letzten Jahrzehnten haben wir eine fortschrittliche Methode für NUMOBAT bei Ameisen entwickelt, die grundsätzlich auch in anderen Gruppen von Organismen anwendbar ist. Es besteht aus (1) Maßnahmen zur Fehlerreduzierung während mikroskopischer Untersuchungen (Seifert 2002), (2) Entfernung der allometrischen Varianz (Seifert 2008), (3) Entwicklung und Anwendung der neuen explorativen Datenanalyse Nest Centroid Clustering (NC-Clustering) und (4) eine Feinabstimmung der erzeugten Cluster mittels kanonischer Varianzanalyse.
Wir streben eine taxonomische Entscheidungsfindung durch integrative Taxonomie an – bei Ameisen hauptsächlich durch die Kombination von Daten der externen Morphologie, der Kern-DNA, der Ethologie und der Chorologie.
Weitere Schwerpunkte sind die Untersuchung von Evolutionsphänomenen wie Hybridisierung als wesentlicher Faktor für Speziation und adaptive Radiation, soziale Cleptogamie, individueller und sozialer Polymorphismus oder sympatrische Speziation. Vier separate Forschungsprojekte zur interspezifischen Hybridisierung, die durch Veröffentlichungen abgeschlossen wurden, befassen sich mit der Hybridisierung (1) von zwei weiter verwandten Formica-Arten in Südfinnland, (2) von zwei eng verwandten Formica-Arten in Deutschland, (3) von drei kryptischen Formica-Arten in den Alpen und (4) von zwei entfernt verwandten Messor-Arten in Italien.




Biodiversität und Ökosysteme ̵ Ökologie mitteleuropäischer Ameisen
Ein 1979 gestartetes Langzeitüberwachungsprogramm für Ameisenpopulationen in Mitteleuropa umfasst jetzt 240 Untersuchungsplots praktisch aller Lebensräume, in denen sich Ameisen vermehren können. Das Programm zeichnet die Nestdichte von Ameisen relativ zu 17 Nischendimensionen gemäß einem Standardprotokoll auf. Die numerisch aufgezeichneten Daten ermöglichen eine genauere Untersuchung speziesspezifischer Anpassungs- oder Präferenzmuster und synökologischer Probleme wie Artenreichtum und Biomasse in Abhängigkeit von Umweltfaktoren und interspezifischer Verdrängung. Diese Untersuchungen ebnen den Weg für eine wirklich prädiktive Ökologie und die Daten liefern ein wertvolles historisches Archiv zur biologischen Vielfalt. Die Daten ermöglichten erstmals den Nachweis, dass Gauze‘s Prinzip des Wettbewerbsausschlusses auf der Ebene von Gemeinschaften mit mehreren Arten und nicht nur in reduzierten Laborumgebungen mit Paaren einzelliger Organismen wirkt.




Biodiversität und Klima
Wir haben eine Methode zur standardisierten Beschreibung der Bodentemperaturen in terrestrischen Ökosystemen entwickelt. Die Methode wird der Öffentlichkeit seit dem Jahr 2012 in Form des frei herunterladbaren Softwarepakets CalibSoil zur Verfügung gestellt. Die Erfassung der Bodentemperaturen ist seit 1979 ein besonderer Schwerpunkt des Langzeitüberwachungsprojekts der Ameisenpopulationen in Mitteleuropa. Eine langfristige Fortsetzung dieses Programms und die Auswertung der Daten durch CalibSoil ermöglichen eine genauere Beschreibung und Bewertung und Vorhersage der Folgen der globalen Erwärmung auf Lebensraumebene.
Biodiversität und Naturschutz
Die Erfassung des globalen Gefährdungsstatus aller Libellen an Hand der Kriterien der IUCN Red List of Threatened Species steht kurz vor dem Abschluss. Dann sind die Libellen die erste Insektenordnung, für die eine solche Evaluierung durchgeführt wurde. Diese Einschätzungen sind auf der website www.iucnredlist.org für alle zugänglich und nutzbar. Informationen dieser website werden häufig für Naturschutzplanungen und Umweltverträglichkeitsprüfungen, als auch von Wissenschaftlern und der Allgemeinheit genutzt.
Unser Forschungs- und Arbeitsschwerpunkt liegt ansonsten in Afrika, wo wir Daten zur Verbreitung, Ökologie und Gefährdungsstatus von Libellen sammeln. Information sind unter anderem unter Dragonflies & Damselflies Online zugänglich. Weiterhin haben wir eine validierte Datenbank aller Libellenfunde des afrikanischen Kontinentes erstellt und erweitern diese ständig und arbeiten an Bestimmungsliteratur (The Dragonflies and Damselflies of East Africa). Ein anderer Schwerpunkt ist capacity building in Afrika durch workshops, Seminare und der Betreuung von Forschungs- und Naturschutzprojekten und Qualifikationsarbeiten. Wir kooperieren mit verschiedenen Naturschutzorganisationen, u.a. mit dem NABU, der IUCN; African Parks und führen Erfassungen und Studien für Schutzkonzepte durch.