Zentrum für Wildtiergenetik

Nationales Referenzzentrum für genetische Analysen bei Wolf und Luchs


Seit dem Jahr 2010 werden im Labor des Senckenberg Zentrums für Wildtiergenetik alle im Rahmen des bundesweiten Wolfs- und Luchsmonitorings gesammelten Proben zentral untersucht. Anhand der Ergebnisse werden Erkenntnisse bezüglich des Vorkommens von Wölfen und Luchsen in Deutschland gewonnen, Individuen unterschieden, Verwandtschaftsverhältnisse ermittelt, und der Wolfsbestand kontinuierlich auf mögliche Vermischung mit Haushunden (Hybridisierung) geprüft.

Die DNA-basierten Untersuchungen von Nutztierrissen zum Nachweis von Wolf, Luchs und weiteren Prädatoren spielen für das Monitoring und Management eine wichtige Rolle. Diese werden im Auftrag der Bundesländer durchgeführt. Entsprechend werden alle erzielten Ergebnisse den Ländern übermittelt, welche für die Veröffentlichung der Resultate zuständig sind.

Das Senckenberg Zentrum für Wildtiergenetik wurde den Ländern nach einem vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) betreuten Auswahlverfahren als nationales Referenzzentrum für genetische Untersuchungen bei Wolf und Luchs empfohlen. Die Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz (LANA) beschloss im Oktober 2009, der Empfehlung des BfN zu folgen. Durch die Nutzung eines zentralen Analyselabors wird die Vergleichbarkeit aller bundesweit anfallenden Daten gewährleistet. Diese zentrale Bearbeitung im Rahmen des behördlichen Wildtiermonitorings ist aufgrund der fehlenden Standards für wildtiergenetische Analysemethoden (de Groot et al. 2016) international üblich und gut bewährt.

Verwendete Methoden

1. Allgemeiner Hinweis

Alle beauftragten Proben werden nach strengen wissenschaftlichen Standards bearbeitet, welche die Nutzung getrennter Laborräume sowie die Durchführung von Analysereplikaten bei allen Untersuchungen beinhalten. Die grundlegende Methode für das bundesweite genetische Monitoring von Wolf und Luchs bilden Mikrosatellitenuntersuchungen (auch STR oder SSR genannt) auf Basis der Kern-DNA, die einen individuell einzigartigen genetischen Fingerabdruck ergeben und Rückschlüsse auf Individuenzahlen, Geschlecht, Verwandtschaften und das Vorkommen von Hybriden erlauben.

Das genetische Wildtiermonitoring ist ein laufender Prozess, bei dem sich jederzeit geringe Änderungen z.B. bei der individuellen Zuordnung oder der Herkunftszuordnung ergeben können. Besonders die Verwandtschaftsanalyse erfordert die Einbeziehung sämtlicher Daten z.T. auch aus anderen (Bundes‑)Ländern. In manchen Fällen reicht die aktuelle Datengrundlage nicht aus, um die Familienstrukturen aufzulösen. Weitere Proben aus den entsprechenden Gebieten können hier eventuell in Zukunft zur Auflösung beitragen. Gerade bei nichtinvasiv gesammelten Proben mit oft suboptimaler Probenqualität wird die individuelle oder verwandtschaftliche Zuordnung stetig neu begutachtet und unter Einbeziehung weiterer Daten neu evaluiert und ggf. aktualisiert.

2. Labormethoden & Datenanalyse

2.1 DNA-Extraktion

Die DNA von sämtlichen nichtinvasiven Proben (Losungen, Urin, Rissabstriche, Haare, Knochen etc.) wird in einem eigens für die Prä-PCR-Behandlung nichtinvasiv gesammelter und forensischer Umweltproben eingerichteten Reinstlabor mittels QiAmp Fast DNA Stool Mini Kit (Qiagen) bzw. QIAamp DNA Investigator Kit und dem QIAcube-Extraktionsroboter (Qiagen) nach Herstellerangaben vorsichtig extrahiert. Zur Kontaminationsvermeidung werden nur DNA-freie und sterile Gerätschaften verwendet und Verbrauchsmaterialien nach jeder Probe gewechselt. Die DNA von Gewebe- und Blutproben wird in einem separaten Labor für Proben mit hohem DNA-Gehalt mittels Blood & Tissue Kit (Qiagen) nach Herstellerangaben extrahiert, über einen Nanodrop (Thermo Scientific) spektrophotometrisch quantifiziert und für die weiteren Analysen auf ca. 5 ng/μlDNA normalisiert.

2.2 Artbestimmung mittels mitochondrialer DNA (Haplotypisierung)

Über eine Sequenzanalyse der mitochondrialen Kontrollregion wird die initiale Artbestimmung und Haplotypisierung durchgeführt (Pun et al. 2009). Hierfür wird je nach Verdachtsart eine Kombination aus folgenden Markern verwendet:

  • Canis-spezifischer Marker zur Erfassung von Wolf (C. lupus), Haushund (C. familiaris) und Goldschakal (C. aureus); Primer WdloopL & WdloopH (Caniglia et al. 2013)
  • Säugetier-spezifischer Marker für den allgemeinen Nachweis heimischer Säugetier-Arten; Primer L15995 (Taberlet et al. 1994) & WDloopH (Caniglia et al. 2013) bzw. L15995 (Taberlet et al. 1994) & H16498 (Fumagalli et al., 1996)
  • Felidae-spezifischer Marker zur Erfassung von Luchs (Lynx lynx), Wildkatze (Felis silvestris) und Hauskatze (Felis catus); Primer CHR=H16498 (Kocher et al. 1989) & LF4 (Eckert et al. 2009)
  • Luchs-spezifischer Marker zur Erfassung von Luchs (Lynx lynx) und der weiteren Unterscheidung der jeweiligen Haplotypen; Primer Lynxfwd4 & Lynxrev5 (Buhrmester 2014)

Die Polymerasekettenreaktion (PCR) wird für jeden Marker zweifach repliziert und die Produkte mit je einem Primer sequenziert. Die Qualitätskontrolle und Datenauswertung erfolgt bioinformatisch auf Basis der erzeugten Sequenz-Chromatogramme unter Verwendung etablierter Software wie z.B. Geneious (Biomatters Ltd), SequenceScanner (Applied Biosystems) und R (R Core Team 2021). Die erhaltenen Sequenzen werden mit der internationalen Datenbank NCBI GenBank sowie mit intern kuratierten Datenbanken abgeglichen. Die Nomenklatur der Haplotypen richtet sich beim Wolf nach Pilot et al. (2010) und Montana et al. (2017), beim Luchs nach Hellborg et al. (2002) und beim Braunbär nach Frosch et al. (2014).

2.3 Mikrosatellitenanalyse der Kern-DNA (Genotypisierung, individueller genetischer Fingerabdruck)

Über eine Mikrosatellitenanalyse der Kern-DNA werden individuelle genetische Profile (Genotypen) von Wolf, Luchs, Goldschakal, Braunbär und Haushund erstellt und mit den Genotyp-Datenbanken am Zentrum für Wildtiergenetik abgeglichen. Bei der Analyse auf Wolf & Goldschakal können ferner einzelne genetische Signale (Allele) vom Fuchs (Vulpes vulpes) nachgewiesen werden. Verwendete Marker:

Wolf, Haushund, Goldschakal: 13 autosomale Marker sowie zwei Marker zur Geschlechtsbestimmung: CPH5 (Fredholm & Winter 1995); FH2001, FH2010, FH2017, FH2054, FH2087, FH2088, FH2097, FH2137, FH2140 and FH2161 (Francisco et al. 1996); vWF (Shibuya et al. 1994); PEZ17 (Neff et al. 1999); DBX6 and DBY7 (Seddon et al. 2005)

Luchs: 23 autosomale Marker sowie zwei Marker zur Geschlechtsbestimmung: LCA110 (Carmichael 2000); F115, FCA005, FCA006, FCA008, FCA026, FCA031, FCA069, FCA082, FCA096, FCA126, FCA149, FCA201, FCA293, FCA424, FCA567, FCA576, FCA650 (Menotti-Raymond et al. 1999); FCA718, FCA723, FCA1018 (Menotti-Raymond et al. 2003); FCA742 (Menotti-Raymond et al. 2005); HDZ700 (Williamson et al. 2002); F-Zf (Pilgrim et al. 2005), SRY (Ciani et al. 2008)

Braunbär: 13 autosomale Marker sowie Geschlechtsbestimmung nach Bidon et al. (2013): Msut2 (Kitahara et al. 2000); G10C, G10P, G10D, G10L (Paetkau et al. 1995); G10H, G10J, G10U (Paetkau and Strobeck 1994); UarMU26, G1A (Taberlet et al. 1997); Mu10, Mu23, Mu5, (Bellemain and Taberlet 2004)

Die Mikrosatellitenanalyse wird bei allen Canis- bzw. Bären-Proben vierfach und bei allen Luchs-Proben dreifach repliziert (Navidi et al. 1992; Taberlet et al. 1999). Die Qualitätskontrolle und Genotypisierung erfolgt auf Basis der erzeugten Elektropherogramme unter Verwendung der Software GeneMarker (Softgenetics). Dabei erhaltene Genotypen werden manuell bzw. mittels eigens dafür entwickelter Software (integriert in elektronischen Beauftragungssystem von Senckenberg (www.wildtiergenetik.de) bzw. R-basiert (R Core Team 2021)) mit den Genotypen bereits bekannter Individuen abgeglichen. Erstmalig nachgewiesene Individuen werden mittels statistischer Gruppierung (Software STRUCTURE, Pritchard et al. 2000) zusammen mit Referenzproben von Haushunden, Goldschakalen sowie Wölfen bzw. Luchsen unterschiedlicher Herkünfte und Unterarten abgeglichen. Dies dient der Bestätigung der Artbestimmung sowie als Grundlage für weitere Verwandtschaftsanalysen. Diese erfolgt computergestützt auch unter Einbeziehung nicht-genetischer Daten aus dem bundesweiten und internationalen Monitoring (Sammeldaten, Altersangaben von Totfunden, Urin/Losung als Markierung, Wanderbewegungen etc.) und im ständigen Austausch mit den Monitoringbeauftragten der Länder. Mit der hier beschriebenen Methode können weiterhin Hybriden der ersten Generation von Wolf und Hund nachgewiesen werden. Rückkreuzungshybriden und weiter zurückliegende Hybridisierungsereignisse können allerdings nur über SNP basierte Analysemethoden zuverlässig nachgewiesen werden (siehe 2.4).

2.4 SNP-Analyse (single nucleotide polymorphism, Einzelpunktmutationen)

Beim Wolf werden im Rahmen der Begleitforschung und in besonderen Verdachtsfällen weiterführende SNP-basierte Analysen zur Hybriddetektion nach Harmoinen et al. (2021) durchgeführt. Diese Analysen ermöglichen die präzise Unterscheidung von Wolf, Haushund und ihren Hybriden mindestens bis in die 3. Hybridgeneration (= 2. Rückkreuzungsgeneration zum Wolf). Für eine sichere Identifizierung der Unterarten beim Luchs steht im Rahmen der Begleitforschung ein 96 SNP-Panel zur Absicherung der Mikrosatelliten-Daten zur Verfügung (Mueller et al. 2022). Zur Auswertung der Daten werden verschieden Methoden der statistischen Gruppierung (Software STRUCTURE, Pritchard et al. 2000; Software NewHybrids, Anderson et al. 2002) sowie intern konzipierte Software herangezogen.

3. Internationale Kooperationen

Um ein fundiertes genetisches Monitoring über Landesgrenzen hinweg zu stehen wir in regelmäßigem Austausch mit internationalen Partnern. Bei Wolf und Goldschakal erfolgt ein enger Austausch basierend auf harmonisierten Methoden über das CEwolf Konsortium (weitere Informationen unter www.senckenberg.de). Beim Luchs findet der Austausch insbesondere über KORA (Muri bei Bern, Schweiz) und dem Institute of Vertebrate Biology (Brünn, Tschechien) statt. Darüber hinaus stehen wir für diese und andere Arten mit weiteren internationalen Experten im Bereich der Wildtier- und Naturschutzgenetik in regelmäßigem Kontakt.

 

Zitierte Literatur

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Verwertung der genetischen Befunde

Die Ergebnisse der beauftragten genetischen Untersuchungen im Rahmen des behördlichen Monitorings von Wolf und Luchs werden den verantwortlichen Stellen der Bundesländer umgehend übermittelt, damit sie zeitnah in das Monitoring und Wildtiermanagement einfließen. Die Ergebnisse können auf den entsprechenden Informationsseiten der verantwortlichen Länderstellen eingesehen werden. Beim Wolf lassen sich auf der Homepage der DBBW zahlreiche detaillierte Informationen zu Besiedlungsmustern und Rudelanzahlen finden, in die genetische Daten einfließen. Wir veröffentlichen regelmäßig wissenschaftliche Befunde aus dem genetischen Monitoring von Wolf und Luchs und den darauf aufbauenden Forschungsarbeiten in internationalen Fachzeitschriften (z.B. Jarausch et al. 2021, Mueller et al., 2020 & 2022, Szewczyk et al. 2021).

 

Zusammenfassung bisheriger Erkenntnisse aus dem genetischen Monitoring Großer Beutegreifer in Deutschland

1. Luchs

Die in Deutschland im Freiland vorkommenden Luchse stammen aus drei Wiederansiedlungsprojekten im Bayerischen Wald, Harz und Pfälzerwald. Die Luchse im Pfälzerwald und im bayerisch/tschechischen Grenzgebiet entstammen den slowakischen Karpaten. Sie tragen den für diese Region kennzeichnenden mitochondrialen Haplotyp 4 und gruppieren sich auch im genomweiten Vergleich zu Luchsproben aus dem Karpatenraum. Wie in den meisten anderen europäischen Luchsauswilderungen ist die genetische Vielfalt der Luchse im Bayerischen Wald in Vergleich zu Freilandbeständen deutlich verringert (Mueller et al., 2022). Für den langfristigen Erhalt der Art sind daher europäische Schutzstrategien vonnöten, welche die Vernetzung der bislang weitgehend isolierten Teilpopulationen ermöglichen. Der Luchsbestand im Harz entstammt nicht wie die meisten anderen europäischen Auswilderungen aus in den Karpaten gefangenen Luchsen, sondern aus Gehegehaltungen unterschiedlichen Ursprungs. Als Herkünfte lassen sich über genomweite Vergleiche baltische/skandinavische, karpatische und asiatische Herkünfte ermitteln. Die Vermischung dieser Linien hat im Harz eine vergleichsweise hohe genetische Vielfalt zur Folge, die jedoch trotz der Ausbreitung des dortigen Luchsbestandes langsam abnimmt (Mueller et al. 2020). Auch hier ist langfristig eine Vernetzung nötig. Gelegentlich über genetische Abgleiche nachgewiesene Wanderungen meist männlicher Harzluchse über Distanzen von mehreren hundert Kilometern zeigen, dass ein genetischer Austausch zwischen lokalen Luchsbeständen auch im dicht besiedelten Mitteleuropa langfristig möglich ist.

2. Wolf

Jeder genetisch nachgewiesene Wolf erhält am Zentrum für Wildtiergenetik eine individuelle Kennzeichnung bestehend aus GW („Genetik Wolf“), einer laufenden Nummer sowie dem Geschlechtskürzel (m – male, f – female). Genetische Vergleiche mit umliegenden Wolfspopulationen belegen, dass die Wölfe in Deutschland in den späten 1990ern aus dem nordöstlichen Polen eingewandert sind. Ausgehend von der sächsischen Lausitz haben sich die Wölfe seitdem hauptsächlich über die norddeutsche Tiefebene ausgebreitet, während geeignete Mittelgebirgsregionen erst langsam besiedelt werden. Über das laufende genetische Wolfsmonitoring werden jährlich mehr als 5000 Proben mit Wolfsverdacht bearbeitet, die von den Länderbehörden eingeschickt und zur Analyse beauftragt werden. Aus diesen Proben werden die Verwandtschaftsbeziehungen der Wölfe fortlaufend aktualisiert und so Rudelstrukturen und Wanderbewegungen ermittelt. Beispiele hierfür sind mehrere in Dänemark nachgewiesene Wölfe, die aus der Lausitz stammen, sowie der unter dem Namen „Billy“ bekannt gewordene Wolf (GW1554m), dessen Wanderroute im Jahr 2020 anhand von DNA-Analysen an Nutztierrissen nachverfolgt werden konnte. Von seinem Ursprungsterritorium in Niedersachsen wanderte er durch die Niederlande, Belgien, Rheinland-Pfalz und Frankreich. Die Rekonstruktion des Wanderweges von über 1000 km Luftlinie ist eine Zusammenarbeit der Forschungsinstitute des CEwolf-Konsortiums und der Firma Antagène in Frankreich.

Wölfe in Deutschland sind genetisch recht homogen; Inzucht kommt jedoch eher selten vor. Die meisten Wölfe tragen die mitochondrialen Haplotypen HW01 und HW02, die auch für die meisten Regionen Nordosteuropas typisch sind. Seltener wird dagegen der in Italien und im Alpenraum charakteristische Haplotyp HW22 nachgewiesen. Abgleiche der Kern-DNA zeigen, dass Wölfe in Deutschland, West- und Zentralpolen und einigen umliegenden Regionen einen genetisch weitgehend einheitlichen Bestand bilden, der von umliegenden Beständen genetisch getrennt ist. Zukünftig ist jedoch von einer stärkeren Vermischung der genetisch weitgehend getrennten europäischen Wolfspopulationen zur rechnen. Im Bayerischen Wald etwa kam es bereits 2017 zu einer erfolgreichen Verpaarung von Wölfen der mitteleuropäischen und der Alpenpopulation. Verwandtschaftsanalysen belegen, dass Wolfsrudel in Deutschland zumeist aus den Eltern und ihren Nachkommen der letzten ein bis zwei Jahre bestehen. Hinweise auf aus Gehegen entwichenen Wölfen gab es seit 2010 in zwei medial bekannt gewordenen Fällen; genetische Hinweise auf illegal ausgesetzte Wölfe oder Wolf-Hund-Hybriden gibt es bislang keine.

Bisher konnten fünf Fälle von Wolf- Hund- Hybridisierungsereignissen  in Deutschland nachgewiesen werden (2003 in Sachsen, 2017 und 2019 in Thüringen sowie 2022 in der Rhön im Grenzgebiet Thüringen/Hessen/Bayern). Bei einem weiteren Fall in 2022 in Brandenburg verpaarte sich ein aus Zentralpolen (Region Szubin) zugewanderter Hybrid mit einer deutschen Wolfsfähe. Genomweite Vergleiche mit eurasischen Wölfen belegen, dass die Wölfe in Deutschland abgesehen von geringen Spuren historischer HHybridisierungsereignisse keinen erhöhten Anteil an DNA von Haushunden im Genom tragen (Stenøien et al., 2021).

3. Sonstige Arten

In den letzten Jahren häufen sie die Nachweise von Goldschakeln in vielen Teilen Europas, was die momentane Ausbreitung der Art belegt. In Deutschland konnten bislang bei Senckenberg 41 genetische Goldschakalnachweise erbracht werden, die 21 Individuen zugeordnet wurden (Stand: 21.11.2023). Auch konnte über genetische Untersuchungen im Jahr 2021 eine erste Reproduktion der Art in Deutschland aus Baden-Württemberg bestätigt werden.

Braunbären hingegen tauchen extrem selten in der Alpenregion Deutschlands auf. Bislang erfolgten in zwei Fällen im Frühjahr 2023 genetische Bärennachweise, die beide dem gleichen Individuum zugeordnet werden konnten (Stand: 21.11.2023).

Dauer und Finanzierung der Untersuchungen

Mit den zuständigen Länderstellen wurden einzuhaltende Fristen für genetische Untersuchungsergebnisse vereinbart. Die genetische Rudelrekonstruktion auf Basis der in einem Wolfsmonitoringjahr (1. Mai bis 30. April) anfallenden DNA-Proben erfolgt einmal jährlich. Für Artbestimmungen auf Basis von Tupferproben von mutmaßlichen Wolfs- oder Luchsrissen werden durchschnittlich 4-5 Werktage benötigt. Bei beauftragten Eilproben werden in diesem Zeitraum auch Individuen- und Rudelzugehörigkeit bestimmt. Als Eilproben können nur Proben mit einer besonderen Dringlichkeit akzeptiert werden.

Bei einem unklaren Ergebnis wird häufig noch die Analyse einer B-Probe (Rückstellprobe) in Auftrag gegeben, was die Analysezeit entsprechend verlängert. Wann ein Ergebnis der Öffentlichkeit bekannt wird, liegt im Ermessen der Auftraggeber. Die Ermittlung des Verursachers von Nutztierrissen ist ein komplexer Prozess, in dem die genetische Analyse nur einen Teilschritt darstellt. Vom verstrichenen Zeitraum zwischen einem Rissvorfall zur Bekanntgabe des Ergebnisses kann daher nicht auf die Dauer der genetischen Untersuchung geschlossen werden.

Die genetischen Untersuchungen werden durch die verantwortlichen Länderstellen finanziert. Die Vergütung läuft auf Probenbasis. Die Kosten pro Probe sind von Art und Methodik der beauftragten Untersuchung abhängig und belaufen sich normalerweise auf etwa 100 bis 200 € pro Analyse zzgl. MwSt. Die Untersuchung von nichtinvasiv gesammeltem Probenmaterial wie Kot, Urin oder Rissproben ist aufwändig und daher teurer, als dies bei Standardapplikationen im klinisch-diagnostischen Bereich üblich ist. Senckenberg erwirtschaftet aus den Probenanalysen keinerlei Gewinne. Alle durch den genetischen Analyseservice erzielten Einnahmen dienen der Finanzierung der hierfür benötigten MitarbeiterInnen sowie von Verbrauchsmaterialien und der Laborinstandhaltung.

Informationen zu Wolfshaplotypen in Deutschland

Ein mitochondrialer Haplotyp beschreibt eine Variante eines zusammenhängenden DNA-Abschnitts und wird ausschließlich von mütterlicher Seite weitergegeben, wodurch die sog. maternale Linie nachverfolgt werden kann.

Gegenwärtig existiert keine weltweit einheitliche Nomenklatur für mitochondriale Wolfshaplotypen. Zudem werden zur Haplotyp-Bestimmung teils abweichende Bereiche der mitochondrialen DNA-Sequenz verwendet. Viele Studien verwenden interne Bezeichnungen, welche häufig mit „H“ oder „W“ beziffert sind. Publizierte DNA-Sequenzen der einzelnen Haplotypen können jedoch in frei verfügbaren Online-Datenbanken eingesehen und zum Abgleich herangezogen werden (z.B. NCBI genbank).

In Deutschland und den meisten umliegenden Ländern, die Anteil an der CEP haben, orientieren wir uns in der Bezeichnung der Haplotypen an der Fachpublikation Pilot et al. (2010), in der eine große Anzahl von Wolfs-Haplotypen abgedeckt wird. In der Publikation werden die Haplotypen mit „W“ bezeichnet; wir stellen unter Beibehaltung der Nummerierung aus Pilot et al. die Bezeichnung „HW“ (= Haplotyp Wolf) voran.

Mit dem Auftreten von Weitwanderern aus der Dinarischen Population sind mittlerweile auch Haplotypen in Deutschland vertreten welche nicht in Pilot et al. 2010 abgedeckt sind, jedoch in anderen Fachpublikationen erwähnt werden. Für diese Haplotypen folgt die in Deutschland verwendete Nomenklatur der Studie von (Montana et al. 2017). Mitochondriale Haplotypen werden ausschließlich von mütterlicher Seite weitergegeben und erlauben es so maternale Linien nachzuverfolgen.

Die bei Wölfen in Europa vorkommenden Haplotypen sind häufig charakteristisch für bestimmte geographische Vorkommensgebiete. Bisher wurden bei freilebenden Wölfen in Deutschland die folgende Haplotypen in absteigender Häufigkeit vor: HW01, HW02, HW22, HW03, HW06, HW10, W3 und W17 wobei bislang nur die ersten beiden Haplotypen eine signifikante Häufigkeit in der Population zeigen.

In Deutschland tragen >90% der Wölfe den Haplotypen HW01, der häufig in Mittel- und Osteuropa sowie Skandinavien vorkommt. Mit leicht zunehmender Tendenz etabliert sich in den letzten Jahren der Haplotyp HW02, der in der polnischen Herkunftspopulation ebenfalls in einer gewissen Frequenz auftritt. Danach folgt HW22, der bei nahezu allen Wölfen der Apenninen- und Alpenpopulation auftritt; er ist charakteristisch für die genetisch deutlich abgegrenzte Linie des “Italienischen Wolfs”. Bisher sind drei Fälle bekannt in denen sich ein Tier der Alpenpopulation mit einem Tier der mitteleuropäischen Population verpaart hat. Da es sich in beiden Fällen um Rüden handelt, wird der Haplotyp HW22 selbst in Deutschland nicht weitergegeben.

Der Haplotyp HW03 findet sich vor allem im Südosten Polens. Aufgrund einer zugewanderten Fähe aus dieser Region, die sich in der Barnimer Heide in BB reproduziert hat, wird der Haplotyp mittlerweile auch in Deutschland weitervererbt und tritt zunehmend häufiger auf (0,1%)

Dennoch kann alleine aufgrund des Haplotyps eine Populationszugehörigkeit nicht mit absoluter Sicherheit ermittelt werden, da auch für eine Population sonst eher untypische Haplotypen in geringen Frequenzen vorkommen können. Dies kann z.B. durch historische Migrationsbewegungen zwischen genetisch getrennten Populationen erklärt werden. So ist beispielsweise HW06 charakteristisch für den Karpatenraum. Bei dem in Deutschland nachgewiesenen Individuum GW1724m (Frühjahr 2020 in Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen), welches den Haplotyp HW06 trägt, liegt ein solcher Fall vor. Sein genetisches Profil (Mikrosatelliten der KernDNA; Genotyp) ähnelt eher Referenzprofilen der Mitteleuropäischen Flachlandpopulation (CEP) bzw. der Baltischen Population als Wölfen aus den Karpaten. Ein Abgleich mit Kollegen aus Polen ergab, dass das Tier vermutlich aus der Region um den Koszalin Wald in Nordwest-Polen stammt, in der mind. ein Rudel mit diesem Haplotyp lebt.

Der Haplotyp HW10 wiederum findet sich nach Pilot et al. 2010 in Polen, Russland, Kroatien, Bulgarien, Griechenland, der Türkei, Spanien und Portugal. Auf Basis eigener Forschung hat sich gezeigt, dass der Haplotyp auch in der dinarischen Wolfpopulation vertreten ist. Laut der internationalen Datenbank NCBI kann der Haplotyp ggf. auch bei Hunden vorkommen. Aus diesem Grund ist für eine sichere Artbestimmung und Populationszuordnung das Erstellen eines genetischen Profils mittels Mikrosatellitenanalyse notwendig.

Die Haplotypen W3 und W17 sind typisch für die dinarische Population und wurden in Deutschland bisher nur bei von dort stammenden Tieren erfasst. Über internationalen Austausch von Proben und Daten konnte für eines der Tiere sogar das genaue Herkunftsrudel in Slowenien bestimmt werden.

Literatur

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