FAQs zum bundesweiten genetischen Wolfmonitoring bei Senckenberg

Wölfe breiten sich seit der Jahrtausendwende wieder in Deutschland aus. Um die Bestandsausbreitung zu verfolgen und die Anzahl und Verbreitung von Wolfsterritorien zu bestimmen, führen die Bundesländer mit Wolfsvorkommen ein Wolfsmonitoring durch, für das auch molekulargenetische Analysen herangezogen werden. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung wurde nach einem umfangreichen Auswahlverfahren des Bundesamts für Naturschutz den Bundesländern zur Nutzung als „Nationales Referenzzentrum für genetische Untersuchungen bei Luchs und Wolf“ empfohlen und untersucht seit Anfang 2010 alle bundesweit anfallenden Wolfsproben. Dieses zentrale Vorgehen ist sinnvoll und international üblich, um einen Überblick zur bundesweiten Situation zu erhalten und Messungenauigkeiten zwischen Labors zu vermeiden, da wildtiergenetische Untersuchungen bisher keinen genormten Standardisierungsverfahren unterliegen.

Als Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft ist Senckenberg zur Einhaltung höchster wissenschaftlicher Standards verpflichtet. Wissenschaftliche Neutralität gehört somit zu unseren obersten Leitzielen – selbstverständlich auch beim Thema Wolf.

Im Folgenden möchten wir Ihnen gerne die häufigsten Fragen zum bundesweiten genetischen Wolfsmonitoring beantworten.

Antwort auf eine Anfrage des Jagdmagazins „Der Überläufer. Urig – Unbeugsam – Überzeugend“. Abgesendet an deren Chefredakteur Dr. Lucas v. Bothmer am 27.06.2024.

Sehr geehrter Herr v. Bothmer,

herzlichen Dank für Ihre umfangreichen Fragen zu den DNA-Analysen, die am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt im Rahmen des behördlichen Wolfsmonitorings durchgeführt werden. Vorneweg: Ein Antrag auf Informationszugang im Falle des § 1 Abs. 1 S. 3 IFG ist an diejenige Behörde zu richten, die sich des Privatrechtssubjekts zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Dies trifft nicht auf Senckenberg zu, wir sind kein beliehener Amtsträger. Natürlich ist uns Transparenz jedoch wichtig und wir unterstützen mediale Recherchen gerne mit Informationen zu unserer Arbeit. Je nach Umfang der Anfrage benötigen wir dafür ein wenig Zeit, wie in Ihrem Fall. Dafür bitten wir um Verständnis. Viele der von Ihnen genannten Themen lassen sich gut zusammenfassend beantworten. Wenn es darüber hinaus noch Rückfragen gibt, melden Sie sich gerne jederzeit hier in der Pressestelle.

Bei den genetischen Begleituntersuchungen im Wolfsmonitoring handelt es sich vor allem um populationsgenetische Analysen, anhand derer Arten und Individuen bestimmt, Herkünfte, Familien- und Populationszugehörigkeiten ermittelt sowie Hybridisierungsgrade mit Hunden bestimmt werden. Derartige Untersuchungen sind komplex und werden daher in den meisten Fällen von Forschungseinrichtungen übernommen, die neben der notwendigen molekulargenetischen Expertise auch über die nötigen bioinformatischen sowie zoologischen Kenntnisse verfügen, welche für eine korrekte Interpretation der erzielten Ergebnisse vonnöten sind. In allen uns bekannten Fällen, mit der Ausnahme Frankreichs, handelt es sich bei den wolfsgenetischen Referenzlabors um erfahrene Forschungseinrichtungen. Als Beispiele lassen sich hier etwa Österreich (VetMedUNI Wien), die Schweiz (Universität Lausanne), die Niederlande (Wageningen Environmental Research) oder Dänemark (Universität Arhus) anführen, in denen jeweils ebenso wie in Deutschland ein zentrales Forschungslabor für die Wolfsanalytik zuständig ist. Dies ist auch deshalb sinnvoll, da bislang keine Standards, wie ISO- oder DIN-Normen für wildtiergenetische Analysen existieren. Entsprechend sind uns auch keine gezielt für Wolfsanalysen akkreditierten Labore bekannt.

Die für die Wolfsanalytik notwendige Kompetenz wird durch die wissenschaftlichen Curricula der an den Untersuchungen beteiligten Wissenschaftler sowie die in dem entsprechenden Feld veröffentlichten Artikel in begutachteten wissenschaftlichen Fachzeitschriften belegt. Bei Senckenberg arbeiten zahlreiche Wissenschaftler an molekulargenetischen und genomischen Fragestellungen, darunter mehrere Professuren an verschiedenen deutschen Universitäten (z.B. Goethe-Universität Frankfurt, Justus-Liebig-Universität Gießen, Gutenberg-Universität Mainz). Jährlich werden zahlreiche Fachartikel in angesehenen Zeitschriften zu genetischen Themen veröffentlicht, darunter auch Arbeiten zum Thema Wolfsgenetik, Hybridisierung und forensische Wildtiergenetik (siehe Publikationsliste unten). Die Publikationen geben ferner einen Einblick in die enge Vernetzung, die zwischen Senckenberg-Genetikern und zahlreichen weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen besteht.

Neben der dargestellten fachlichen Expertise sind bei Senckenberg Forschende als Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft zur Einhaltung höchster wissenschaftlicher Standards verpflichtet und unterliegen dem Leibniz-Kodex für gute wissenschaftliche Praxis:

https://www.leibniz-gemeinschaft.de/fileadmin/user_upload/Bilder_und_Downloads/%C3%9Cber_uns/Gute_wissenschaftliche_Praxis/Leibniz-Kodex_gute_wissenschaftliche_Praxis.pdf

Wissenschaftliche Neutralität gehört somit zu unseren obersten Leitzielen – dieses und weitere relevanten und klar definierte Kriterien für eine exzellente Forschung werden von fachlich ausgewiesenen, unabhängigen Sachverständigen spätestens alle sieben Jahre durch den Leibniz-Senat evaluiert.

Das Zentrum für Wildtiergenetik in Gelnhausen ist auf die molekulargenetische Analyse von nichtinvasiv gesammelten Wildtierproben mit geringem DNA-Gehalt spezialisiert; hier wurden bislang über 35.000 Proben mit Wolfsverdacht genetisch analysiert. Wie allgemein in der auf Umweltproben basierenden DNA-Analytik üblich, herrschen in den Laboren des Zentrums für Wildtiergenetik strenge Regeln zur Kontaminationsvermeidung, die eine räumliche Trennung von Laboren, in denen nichtinvasiv gesammelte Proben und DNA-reiche Gewebeproben extrahiert werden, beinhaltet. Auch eine strikte Trennung der verwendeten Geräte und Chemikalien, strenge Regeln zur Durchführung der Analysen und Dekontamination von Arbeitsflächen und -geräten sowie eine konsequente Durchführung von Negativkontrollen bei allen Arbeitsschritten sorgen für eine hohe Verlässlichkeit der generierten Ergebnisse. An den genetischen Wolfsanalysen (Labor, Datenanalyse und Begleitforschung) sind derzeit 9 Personen beteiligt, von denen alle einen Hochschulabschluss in Biologie oder einer verwandten Fachrichtung tragen (3 mit Promotion) und über eine hohe molekulargenetische bzw. bioinformatische Fachkompetenz verfügen.

Die von Senckenberg verwendete Methodik in der Wolfsgenetik beinhaltet sowohl die Untersuchung von mitochondrialer DNA zur Artidentifizierung als auch die Analyse von zahlreichen Markern der Kern-DNA, sowohl von Mikrosatelliten (STR, SSR = genetischer Fingerabdruck) als auch von für die Hybriden-Identifizierung selektierten SNPs; siehe unten).

Unsere Methodik wurde von Laboren aus mehreren Ländern (Belgien, Dänemark, Niederlande, Österreich, Polen, Tschechien) im Rahmen des CEwolf-Konsortiums, welches ein gemeinsames genetisches Monitoring der mitteleuropäischen Wolfspopulation anstrebt (siehe https://www.senckenberg.de/das-cewolf-konsortium) adaptiert, und ist international in hohem Maße anerkannt. Dies wird auch durch die von Ihnen erwähnte SNP-Methode zur Differenzierung von Wölfen, Hunden und deren rezenten Hybridgenerationen (Harmoinen et al. 2021, BMC Genomics) verdeutlicht, welche neben dem deutschen Wolfsmonitoring bereits in zahlreichen europäischen Ländern erfolgreich zur Hybridenidentifizierung angewandt wurde. Dieselbe Methode dient aktuell auch als Referenzmethode im internationalen Biodiversa+ -geförderten Projekt „Wolfness“, welches die europaweite Untersuchung von Wolf-Hund-Hybridisierungen zum Ziel hat (https://www.biodiversa.eu/2023/04/19/wolfness).

Eine genaue Erläuterung der Methodik inkl. der darin enthaltenen Marker finden Sie in der Originalpublikation unter folgendem Link (auch anbei als pdf in dieser Email beigefügt):  https://bmcgenomics.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12864-021-07761-5.

Der Ansatz basiert auf 93 variablen Positionen in der DNA (Einzelpunktmutationen = SNPs), die aus genomweiten SNP-Chip-Daten (basierend auf dem CanineHD BeadChip der Firma Illumina (https://emea.illumina.com/library-prep-array-kit-selector/kits-and-arrays/canine-hd_12-sample.html) nach dem Kriterium des maximalen Unterschieds in den Allelfrequenzen zwischen Haushunden und europäischen Wölfen herausgesucht wurden. Dabei kommen die Allele (= genetische Merkmale) nicht ausschließlich in Wölfen oder Hunden vor; jedoch unterscheiden sich die Vorkommenshäufigkeiten in beiden Gruppen deutlich. Über statistische Zuordnungsverfahren, wie sie in den gängigen Anwendungen STRUCTURE (Pritchard et al., 2000) oder NewHybrids (Anderson et al., 2002) implementiert sind, lassen sich Hybridisierungen bis in die vierte Generation (= dritte Rückkreuzungsgeneration zum Wolf) mit einer hohen Sicherheit nachweisen. Der Ansatz wurde für die Anwendung auf Basis von nichtinvasiv gesammeltem Probenmaterial mit geringen DNA-Mengen optimiert und kann somit auch bei Kotproben oder Speichelresten an gerissenen Nutztieren verlässliche Ergebnisse erbringen.

Neben der SNP-Methode dienen ferner die im Wolfsmonitoring routinemäßig angewandten Mikrosatellitenmarker (siehe Jarausch et al., 2021) der Hybridenerkennung. Im Rahmen der das genetische Monitoring unterstützenden Begleitforschung kommen weitere Methoden, wie die Bestimmung der Amylase-Kopienzahl sowie die Sequenzierung kompletter Genome zum Einsatz. Der Hybridisierungsgrad in deutschen Wolfsbestand ist hierdurch sehr genau bekannt, was es auch erlaubt, vom mitochondrialen Haplotyp auf die Art Wolf oder Hund zu schließen. Obwohl es theoretisch möglich ist, dass ein mitochondrialer Hundehaplotyp von einem Wolf-Hund-Hybriden stammt, ist ein derartiger Fall aus Deutschland und umliegenden Ländern bislang unbekannt. Grund ist neben der sehr niedrigen Hybridisierungsrate mit bislang erst 5 nachgewiesenen Hybridisierungsereignissen zwischen Wölfen und Hunden in Deutschland (in den Jahren 2003, 2017, 2019 und 2022; siehe DBBW-Statusberichte unter https://www.dbb-wolf.de/mehr/literatur-download/statusberichte) und die bekannte Tatsache, dass Hybridisierungen zumeist zwischen weiblichen Wölfen und männlichen Hunden stattfinden, wodurch sie zumeist mitochondriale Wolfshaplotypen tragen (Harmoinen et al., 2021; Randi et al., 2014). In Deutschland wurde bislang kein Fall eines Wolfes oder Wolf-Hund-Hybriden mit mitochondrialem Hundehaplotyp nachgewiesen, obwohl regelmäßig auch mitochondriale Hundehaplotypen mittels Mikrosatelliten und/oder SNP-Analysen auf Hybridisierung untersucht werden (z.B. bei allen Eilproben, von denen in Deutschland jährlich etwa 250 beauftragt werden). Auch aus umliegenden Ländern sind uns entsprechende Fälle nicht bekannt. Es erscheint daher zweckmäßig, weiterhin mitochondriale Haplotypuntersuchungen im Rahmen des genetischen Wolfsmonitorings durchzuführen.

Neben der gut untersuchten Tatsache, dass Hybridisierungen zwischen Wölfen und Hunden in Mitteleuropa selten sind, gibt es auch mehrere Studien, die den Grad an historischer, lange zurückliegender Hybridisierung untersuchen.  Nach einer vielbeachteten Studie von Pilot et al. (2018, Evolutionary Applications, Link zur Studie: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/eva.12595) tragen 62 Prozent aller untersuchten europäischen Wölfe zumeist sehr geringe Spuren an Haushund-DNA im Genom, die aus historischen Vermischungsereignissen stammen. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um Hybriden. Es ist normal, dass Genomuntersuchungen geringe Spuren im von lange zurückliegenden Hybridisierungsereignissen im Erbgut aufzeigen. Wildschweingenome etwa tragen zumeist deutliche Anteile an Hausschwein-DNA und heutige Menschen, die aus Europa und Asien stammen, tragen geringe Genomanteile anderer, heute ausgestorbener Menschenarten. Die im von Ihnen angesprochenen Artikel, welcher sich immer noch auf der Homepage des MDR finden lässt, erwähnte Angabe von 62% bezieht sich nicht auf das Vorkommen von Hybriden, sondern von Wölfen mit geringen, aber nachweisbaren Resten früherer Hybridisierungsereignisse.

Wir hoffen, Ihnen die hohe Qualität der bei Senckenberg durchgeführten DNA-Analysen umfassend nahegebracht zu haben. Weiterführende Informationen zu unserer genetischen und genomischen Biodiversitätsforschung finden Sie hier:

LOEWE Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik: https://tbg.senckenberg.de

Zentrum für Wildtiergenetik: https://www.senckenberg.de/zentrum-fuer-wildtiergenetik

Biodiversität und Klima Forschungszentrum: https://www.senckenberg.de/de/institute/sbik-f/

Wie eingangs erwähnt können Sie sich für weitere Fragen gerne an die Pressestelle wenden. Im Anhang noch einige Fachpublikationen für Ihre Recherche.

Beispielhafte Fachpublikationen zu den Themen Großkarnivorengenetik, Hybridisierung und SNP-Analytik der letzten Jahre aus dem Senckenberg Zentrum für Wildtiergenetik (seit 2020; Senckenberg-Mitarbeitende in Fettdruck):

  • Hulva P, Collet S, Baránková L, Valentová K, Šrutová J, Bauer H, Gahbauer M, Mokrý J, Romportl D, Smith AF, Vorel A, Zýka V, Nowak C, Černá Bolfíková B, Heurich M (2024) Genetic admixture between Central European and Alpine wolf populations. Wildlife Biology
  • Wehrenberg G, Tokarska M, Cocchiararo B, Nowak C (2024) A reduced SNP panel optimised for non-invasive genetic assessment of a genetically impoverished conservation icon, the European bison. Scientific Reports 14, 1875
  • Jarausch A, von Thaden A, Sin T, Corradini A, Pop MI, Chiriac S, Gazzola A, Nowak C (2023) Assessment of genetic diversity, population structure and wolf-dog hybridization in the Eastern Romanian Carpathian wolf population. Scientific Reports 13, 22574
  • Jamieson A, Carmagnini A, Howard-McCombe J, Doherty S, Hirons A, Dimopoulos E, Lin AT, Allen R, Anderson-Whymark H, Barnett R, Batey C, Beglane F, Bowden W, Bratten J, De Cupere B, Drew E, Foley NM, Fowler T, Fox A, Geigl EM, Gotfredsen AB, Grange T, Griffiths D, Groß D, Haruda A, Hjermind J, Knapp Z, Lebrasseur O, Librado P, Lyons LA, Mainland I, McDonnell C, Muñoz-Fuentes V, Nowak C, O’Connor T, Peters J, Russo IRM, Ryan H, Sheridan A, Sinding MHS, Skoglund P, Swali P, Symmons R, Thomas G, Zetner T, Jensen T, Kitchener AC, Senn H, Lawson D, Driscoll C, Murphy WJ, Beaumont M, Ottoni C, Sykes N, Larson G, Frantz L (2023) Limited historical admixture between European wildcats and domestic cats. Current Biology 33, 4751-4760
  • Howard-McCombe J, Jamieson A, Carmagnini A, Russo IRM, Ghazali M, Campbell R, Driscoll C, Murphy WJ, Nowak C, O’Connor T, Tomsett L, Lyons LA, Muñoz-Fuentes V, Bruford MW, Kitchener AC, Larson G, Frantz L, Senn H, Lawson DJ, Beaumont MA (2023) Genetic swamping of the critically endangered Scottish wildcat was recent and accelerated by disease. Current Biology 33, 4761-4769
  • Nussberger B, Barbosa S, Beaumont M, Currat M, Devillard S, Heurich M, Howard-McCombe J, Mattucci F, Nowak C, Quilodrán CS, Senn H, Alves PC (2023) A common statement on anthropogenic hybridization of the European wildcat (Felis silvestris). Frontiers in Ecology and Evolution 11, 1156387
  • Gajdárová B, Belotti E, Bufka L, Volfová J, Wölfl S, Mináriková T, Hollerbach L, Dul´a M, Kleven O, Kutal M, Nowak C, Ozoliņš J, Tám B, Bryja J, Koubek P, Krojerová-Prokešová J (2023) Long-term genetic monitoring of a reintroduced Eurasian lynx population does not indicate an ongoing loss of genetic diversity. Global Ecology and Conservation 42, e02399
  • Ciucani MM, Ramos-Madrigal J, Hernández-Alonso G, Carmagnini A, Aninta SG, Sun X, Scharff-Olsen CH, Lanigan LT, Fracasso I, Clausen CG, Aspi J, Kojola I, Baltrūnaitė L, Balčiauskas L, Moore J, Åkesson M, Saarma U, Hindrikson M, Hulva P, Bolfíková BC, Nowak C, Godinho R, Smith S, Paule L, Nowak S, Mysłajek RW, Lo Brutto S, Ciucci P, Boitani L, Vernesi C, Stenøien HK, Smith O, Frantz L, Rossi L, Angelici FM, Cilli E, Sinding MHS, Gilbert MTP, Gopalakrishnan S (2023) The extinct Sicilian wolf shows a complex history of isolation and admixture with ancient dogs. IScience 26, 107307
  • Nieto-Blázquez ME, Schreiber D, Mueller SA, Koch K, Nowak C, Pfenninger M (2022) Human impact on the recent population history of the elusive European wildcat inferred from whole genome data. BMC Genomics 23, 709
  • Matias G, Rosalino LM, Alves PC, Tiesmeyer A, Nowak C, Ramos L, Steyer K, Astaras C, Brix M, Domokos C, Janssen R, Kitchener AC, Mestdagh X, L’Hoste L, Titeux N, Migli D, Youlatos D, Pfenninger M, Devillard S, Ruette S, Anile S, Ferreras P, Diaz-Ruiz F, Monterroso P (2022) Genetic integrity of European wildcats: Variation across biomes mandates geographically tailored conservation strategies. Biological Conservation 268, 109518
  • Stronen AV, Mattucci F, Fabbri E, Galaverni M, Cocchiararo B, Nowak C, Godinho R, Ruiz-González A, Kusak J, Skrbinšek T, Randi E, Vlasseva A, Mucci N, Caniglia R (2022) A reduced SNP panel to trace gene flow across southern European wolf populations and detect hybridization with other Canis Scientific Reports 12, 4195
  • Stronen AV, Aspi J, Caniglia R, Fabbri E, Galaverni M, Godinho R, Kvist L, Mattucci F, Nowak C, von Thaden A, Harmoinen J (2022) Wolf-dog admixture highlights the need for methodological standards and multidisciplinary cooperation for effective governance of wild x domestic hybrids. Biological Conservation 266, 109467
  • Mueller SA, Prost S, Anders O, Breitenmoser-Würsten C, Kleven O, Klinga P, Konec M, Kopatz A, Krojerová-Prokešová J, Middelhoff L, Obexer-Ruff G, Reiners TE, Schmidt K, Sindičič M, Skrbinšek T, Tám B, Saveljev AP, Galsandorj N, Nowak C (2022) Genome-wide diversity loss in reintroduced Eurasian lynx populations urges immediate conservation management. Biological Conservation 266, 109442
  • von Thaden A, Cocchiararo B, Mueller SA, Reiners TE, Reinert K, Tuchscherer I, Janke A, Nowak C (2021) Informing conservation strategies with museum genomics: Long-term effects of past anthropogenic persecution on the elusive European wildcat. Ecology and Evolution 11, 17932-17951
  • Sunde P, Collet S, Nowak C, Thomsen PF, Møller Jensen M, Schulz B, Matzen J, Frank-Uwe Michler F-U, Vedel-Smith C, Olsen K (2021) Where have all the young wolves gone? Traffic and cryptic mortality create a regional wolf population sink in West-Central Europe. Conservation Letters 14, e12812
  • Harmoinen J, von Thaden A, Aspi J, Kvist L, Cocchiararo B, Jarausch A, Gazzola A, Sin T, Lohi H, Hytönen MK, Kojola I, Stronen AV, Caniglia R, Mattucci F, Galaverni M, Godinho R, Ruiz-González A, Randi E, Muñoz-Fuentes V, Nowak C (2021) Reliable wolf-dog hybrid detection in Europe using a reduced SNP panel developed for non-invasively collected samples. BMC Genomics 22, 473
  • Jarausch A, Harms V, Kluth G, Reinhardt I, Nowak C (2021) How the west was won: genetic reconstruction of rapid wolf recolonization into Germany’s anthropogenic landscapes. Heredity 127, 92-106
  • Szewczyk M, Nowak C, Hulva P, Mergeay J, Stronen, AV, Černá Bolfíková B, Czarnomska SD, Diserens T A, Fenchuk V, Figura M, de Groot A, Haidt A, Hansen MM, Jansman H, Kluth G, Kwiatkowska I, Lubińska K, Michaux JR, Niedźwiecka N, Nowak S, Olsen K, Reinhardt I, Romański M, Schley L, Smith S, Špinkytė-Bačkaitienė R, Stachyra P, Stępniak KM, Sunde P, Thomsen PF, Zwijacz-Kozica T, Mysłajek RW (2021) Genetic support for the current discrete conservation unit of the Central European wolf population. Wildlife Biology, wlb.00809
  • Mueller SA, Reiners TE, Steyer K, von Thaden A, Tiesmeyer A, Nowak C (2020) Revealing the origin of wildcat reappearance after presumed long-term absence. European Journal of Wildlife Research 66, 1-8
  • Mueller SA, Reiners TE, Middelhoff L, Anders O, Nowak C (2020) The rise of a large carnivore population in Central Europe: Genetic evaluation of lynx reintroduction in the Harz Mountains. Conservation Genetics 21, 577-587
  • von Thaden A, Nowak C, Tiesmeyer A, Reiners TE, Alves PC, Lyons LA, Mattucci F, Randi E, Cragnolini M, Galián J, Hegyeli Z, Kitchener A, Lambinet C, Lucas JM, Mölich T, Ramos L, Schockert V, Cocchiararo B (2020) Applying genomic data in wildlife monitoring: Development guidelines for genotyping degraded samples with reduced single nucleotide polymorphism panels. Molecular Ecology Resources 20, 662-680

Tiesmeyer A, Ramos L, Lucas JM, Steyer K, Alves PC, Astaras C, Brix M, Cragniolini M, Domokos C, Jansen R, Kitchener A, Mestdagh X, Migli D, Mulder JL, Schockert V, Youlato D, Pfenninger M, Nowak C (2020) Range-wide patterns of human-mediated hybridisation in European wildcats. Conservation Genetics 21, 247-260

Weitere im Text verwendete Literatur:

  • Anderson EC, Thompson EA (2002) A model-based method for identifying species hybrids using multilocus genetic data. Genetics 160, 1217-1229.
  • Pilot M, Greco C, vonHoldt BM, Randi E, Jędrzejewski W, Sidorovich VE, Konopiński MK, Ostrander EA, Wayne RK (2018) Widespread, long-term admixture between grey wolves and domestic dogs across Eurasia and its implications for the conservation status of hybrids. Evolutionary Applications 11, 662-680.
  • Pritchard JK, Stephens M, Donnelly P (2000). Inference of population structure using
  • multilocus genotype data. Genetics 155, 945-959.
  • Randi E, Hulva P, Fabbri E, Galaverni M, Galov A, Kusak J, Bigi D, Bolfiková BC, Smetanvá M, Caniglia R (2014) Multilocus detection of wolf x dog hybridization in Italy and guidelines for marker detection. PLOS one 9, e86409.

 

 

 

Welche Erfahrungen hat Senckenberg in der Wolfsforschung?

Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung wurde nach einem umfangreichen Auswahlverfahren des Bundesamts für Naturschutz den Bundesländern zur Nutzung als Referenzzentrum für genetische Wolfsanalysen empfohlen und hat seit Anfang 2010 mehr als 25.000 Proben im Rahmen des bundesweiten Wolfsmonitorings untersucht. Dazu kommen zahlreiche Analysen im Rahmen internationaler Forschungsprojekte, wie etwa dem Biodiversa+-geförderten Projekt „Wolfness“, an dem 14 wissenschaftliche Einrichtungen aus Europa beteiligt sind. Im Rahmen des internationalen CEwolf-Konsortiums werden Ergebnisse der genetischen Analysen zum Wolf in Mitteleuropa regelmäßig mit Fachkolleg*innen aus mehreren Ländern abgeglichen.

Die fachliche Expertise im Zentrum für Wildtiergenetik wird durch mehr als 100 wildtiergenetische Publikationen in internationalen Fachzeitschriften belegt. 

Ist Senckenberg in der „Wolfsfrage“ neutral?

Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ist eine unabhängige Bürgergesellschaft, die seit über 200 Jahren weltweit Naturforschung betreibt. Als Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft ist Senckenberg zur Einhaltung höchster wissenschaftlicher Standards verpflichtet. Wissenschaftliche Neutralität gehört somit zu unseren obersten Leitzielen.

Die Ergebnisse der genetischen Untersuchungen zum Wolf werden nach hohen wissenschaftlichen Standards erzeugt. Die Auftraggeber der Analysen haben auf die erzeugten Ergebnisse keinerlei Einfluss.

Wie wird das genetische Wolfsmonitoring finanziert?

Die genetischen Untersuchungen werden durch die verantwortlichen Länderstellen finanziert. Die Vergütung läuft auf Probenbasis. Die Kosten pro Probe sind von Art, Dauer und Methodik der beauftragten Untersuchung abhängig und belaufen sich normalerweise auf etwa 100 – 200 € pro Analyse. Die Untersuchung von nichtinvasiv in der Umwelt gesammeltem Probenmaterial wie Kot, Urin oder Rissproben ist aufwändig und teurer, als dies bei Standardapplikationen im klinisch-diagnostischen Bereich üblich ist.

Senckenberg erwirtschaftet aus den Probenanalysen keinerlei Gewinne. Alle durch den genetischen Analyseservice erzielten Einnahmen dienen der Finanzierung der hierfür benötigten Mitarbeiter*innen sowie von Verbrauchsmaterialien und der Laborinstandhaltung.

Sind die von Senckenberg genutzten Analysemethoden aussagekräftig?

Wie international im genetischen Wolfsmonitoring üblich, wird eine Kombination aus unterschiedlichen Verfahren verwendet, die darauf ausgerichtet sind, DNA-Spuren von Umweltproben mit einer hohen Verlässlichkeit einer Tierart, Herkunftspopulation, und einem Individuum zuzuordnen. Die Basis für das bundesweite genetische Wolfsmonitoring bilden die mitochondriale Artbestimmung durch ein sequenzbasiertes DNA-Barcoding-Verfahren sowie Mikrosatellitenuntersuchungen auf Basis der Kern-DNA, die einen individuell einzigartigen genetischen Fingerabdruck ergeben. Für eine sichere Identifizierung von Wolf-Hund-Hybriden werden zahlreiche über das Genom verteilte Stellen (SNPs) der DNA untersucht, an denen sich Wölfe unabhängig ihrer geografischen Herkunft sicher von Haushunden unterscheiden lassen (Harmoinen et al., 2021)

Welche Informationen liefern die genetischen Untersuchungen?

Verwandtschaft und Rudelanzahl

Die Anzahl an über Verwandtschaftsanalysen genetisch rekonstruierten Wolfsrudeln ist in den letzten Jahren immer weiter angestiegen. Auf der Homepage der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Wolf (DBBW), www.dbb-wolf.de, können die Rudelzahlen pro Jahr eingesehen werden. In diese Zahlen fließen jährlich auch die Ergebnisse des genetischen Wolfsmonitorings ein. Über die fortlaufenden genetischen Verwandtschaftsanalysen lässt sich bestätigen, dass es sich bei allen bekannten Rudeln um Familien handelt, deren Nachwuchs meist ein bis zwei Jahre beim Rudel verbleibt und danach abwandert. Meist verpaaren sich nur die Elterntiere eines Rudels; in wenigen Fällen wurden Inzuchtpaarungen innerhalb eines Rudels nachgewiesen.

Wie häufig kommen Wolf-Hund-Hybriden in Deutschland vor?

Bisher konnten fünf Fälle von Wolf- Hund- Hybridisierungsereignissen in Deutschland nachgewiesen werden (2003 in Sachsen, 2017 und 2019 in Thüringen sowie 2022 in der Rhön im Grenzgebiet Thüringen/Hessen/Bayern). Bei einem weiteren Fall in 2022 in Brandenburg verpaarte sich ein aus Zentralpolen (Region Szubin) zugewanderter Hybrid mit einer Wolfsfähe aus Deutschland. Genomweite Vergleiche mit eurasischen Wölfen belegen, dass die Wölfe in Deutschland abgesehen von geringen Spuren historischer Hybridisierungsereignisse keinen erhöhten Anteil an DNA von Haushunden im Genom tragen (Stenøien et al., 2021).

Die Hybridisierungsrate bei Wölfen in Deutschland beträgt demnach aktuell <1%, was einen im internationalen Vergleich geringen Wert darstellt (siehe z.B. Hindrikson et al. 2012; Pacheco et al. 2017).

Sollten die genetischen Untersuchungen von dafür akkreditierten Laboren durchgeführt werden?

Bislang existieren keine genormten Standards für die genetische Analyse und Interpretation von Wolfsproben. Die bei Senckenberg praktizierten Methoden sind an die international etablierten wissenschaftlichen Verfahren angelehnt und werden in Kooperation mit anderen Institutionen (u.a. im CEwolf-Konsortium) ständig abgeglichen und weiterentwickelt.

Warum werden alle Proben aus Deutschland zentral in einem Labor bearbeitet?

Eine solche Zentralisierung ist beim Wolf sinnvoll, da im Unterschied zu menschlichen Proben genetische Untersuchungen am Wolf nicht genormt sind, so dass ein direkter Vergleich der Ergebnisse verschiedener Labore (v.a. des genetischen Fingerabdrucks) nicht ohne weiteres möglich ist. Die zentrale Bearbeitung anfallender Proben ist daher eine wesentliche Voraussetzung für eine bundesweit vergleichbare Bestandserfassung des Wolfes. Diese Vorgehensweise ist auch international üblich (z.B. in Frankreich, Schweden, Österreich, Schweiz).

Wie lange dauern die Analysen?

Mit den zuständigen Länderstellen wurden einzuhaltende Fristen für genetische Untersuchungsergebnisse vereinbart. Die genetische Rudelrekonstruktion auf Basis der über ein gesamtes Monitoringjahr anfallenden DNA-Proben erfolgt einmal jährlich. Für Artbestimmungen auf Basis von Tupferproben von mutmaßlichen Wolfsrissen werden durchschnittlich 4-5 Werktage benötigt, bei entsprechend beauftragten Eilproben werden in diesem Zeitraum auch Individuen- und Rudelzugehörigkeit bestimmt.

Bei einem unklaren Ergebnis wird häufig noch die Analyse einer B-Probe in Auftrag gegeben, was die Analysezeit entsprechend verlängert. Wann ein Ergebnis der Öffentlichkeit bekannt wird, liegt im Ermessen des Auftraggebers. Die Ermittlung des Verursachers von Nutztierrissen ist ein komplexer Prozess, in dem die genetische Analyse nur einen Teilschritt darstellt. Vom verstrichenen Zeitraum zwischen einem Rissvorfall zur Bekanntgabe des Ergebnisses kann daher nicht auf die Dauer der genetischen Untersuchung geschlossen werden.

Warum ist nicht jede Analyse erfolgreich?

DNA-basierte Rissuntersuchungen basieren auf Speichelresten am Tierkadaver, die durch Regen, Sonne und Nachnutzung meist schnell zersetzt werden. Der Nachweis des möglichen Rissverursachers ist daher nicht in allen Fällen möglich. Im Monitoringjahr 2022/23 war die Analyse in 72% der Fälle erfolgreich. Der Analyseerfolg hängt vor allem von einer zeitnah durchgeführten, professionellen Beprobung ab.

Warum nimmt Senckenberg nicht jede Probe an?

Der Status Senckenbergs als nationales Referenzzentrum beinhaltet eine Beschränkung auf von behördlicher Seite beauftragte Analysen. Daher kann Senckenberg keine Wolfsproben annehmen, die z.B. von Naturschützern, Landwirten oder Jägern direkt zugesandt werden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, gefundene Wolfshinweise den zuständigen Behörden zu melden und damit gegebenenfalls eine Untersuchung zu veranlassen.

Werden Ringversuche zum Methodenabgleich mit anderen Laboren durchgeführt?

Um ein fundiertes genetisches Monitoring über Landesgrenzen hinweg zu ermöglichen, stehen wir in regelmäßigem Austausch mit internationalen Partnern, etwa den Referenzlaboren für Wolfsanalysen in den Niederlanden, Belgien, Österreich, Slowenien, Italien und vielen anderen Ländern. Ringversuche zur Qualitätssicherung der Analytik finden innerhalb des CEwolf-Konsortiums statt. Außerhalb des CEwolf-Konsortiums werden bislang keine Ringversuche für genetische Analysen von Wolfsproben angeboten, an denen Senckenberg teilnehmen könnte.

Wie häufig werden bei der genetischen Analyse Hunde nachgewiesen und kann der Nachweis von Hunden auf Kontamination zurückführbar sein?

Im Monitoringjahr 2022/23 ergaben bundesweit 19 % der Analysen das Ergebnis „Hund“ und 50% das Ergebnis „Wolf“. Obwohl die Analysen für jedes Bundesland identisch laufen, unterscheiden sich die Quoten für den Befund „Hund“ von Land zu Land teils erheblich. Insbesondere in Regionen, in denen es noch wenige Wölfe gibt, wie etwa in Hessen, werden teils deutlich mehr Hunde nachgewiesen. Dies kann nicht durch Kontamination im Labor erklärt werden. Kontaminationen mit Hunde-DNA kommen der Erfahrung nach vor allem bei der Probennahme sowie bei nicht sachgemäßer Probenlagerung vor. Zumeist werden durch Kontaminationen jedoch nur sehr geringe Mengen an Hunde-DNA in die Probe getragen. Dies führt meist dazu, dass vorhandene Wolfs-Spuren nicht verdeckt werden, da die Signale hier deutlich stärker sind und die Hunde-DNA bei der Sequenzanalyse nur im Hintergrund sichtbar ist. Bei der anschließenden Individuenbestimmung durch Mikrosatelliten tauchen durch Kontamination verursachte Hundespuren in den meisten Fällen nicht mehr auf. Nur bei starken Kontaminationen könnte die Artbestimmung und Individuenerkennung erschwert oder sogar gänzlich verhindert werden. Während des Analyseprozesses im Labor stellen derartige Kontaminationen durch die Einhaltung strenger Regeln zur Kontaminationsvermeidung kaum ein Risiko dar.

Welche genaue Methodik verwendet Senckenberg im genetischen Wolfsmonitoring?

Alle beauftragten Proben werden nach strengen wissenschaftlichen Standards bearbeitet, welche die Nutzung getrennter Laborräume sowie die Durchführung von Analysereplikaten bei allen Untersuchungen beinhalten. Die grundlegende Methode für das bundesweite genetische Monitoring des Wolfs bilden Mikrosatellitenuntersuchungen (auch STR oder SSR genannt) auf Basis der Kern-DNA, die einen individuell einzigartigen genetischen Fingerabdruck ergeben und Rückschlüsse auf Individuenzahlen, Geschlecht, Verwandtschaften und das Vorkommen von Hybriden erlauben.

1. Artbestimmung mittels mitochondrialer DNA (Haplotypisierung):

Über eine Sequenzanalyse der mitochondrialen Kontrollregion wird die initiale Artbestimmung und Haplotypisierung durchgeführt (Pun et al. 2009). Hierfür wird je nach Verdachtsart eine Kombination aus folgenden Markern verwendet: A. Canis-spezifischer Marker zur Erfassung von Wolf (C. lupus), Haushund (C. familiaris) und Goldschakal (C. aureus); Primer WdloopL & WdloopH (Caniglia et al. 2013); B. Säugetier-spezifischer Marker für den allgemeinen Nachweis heimischer Säugetier-Arten; Primer L15995 (Taberlet et al. 1994) & WDloopH (Caniglia et al. 2013) bzw. L15995 (Taberlet et al. 1994) & H16498 (Fumagalli et al., 1996). Die erhaltenen Sequenzen werden mit der internationalen Datenbank NCBI GenBank sowie mit intern kuratierten Datenbanken abgeglichen.

2. Mikrosatellitenanalyse der Kern-DNA (Genotypisierung, individueller genetischer Fingerabdruck)

Über eine Mikrosatellitenanalyse der Kern-DNA (13 autosomale Marker sowie zwei Marker zur Geschlechtsbestimmung: CPH5 (Fredholm & Winter 1995); FH2001, FH2010, FH2017, FH2054, FH2087, FH2088, FH2097, FH2137, FH2140 and FH2161 (Francisco et al. 1996); vWF (Shibuya et al. 1994); PEZ17 (Neff et al. 1999); DBX6 and DBY7 (Seddon et al. 2005)) werden individuelle genetische Profile (Genotypen) erstellt und mit der Genotyp-Datenbank am Zentrum für Wildtiergenetik abgeglichen. Die Mikrosatellitenanalyse wird nach dem multiple tubes approach vierfach repliziert (Navidi et al. 1992; Taberlet et al. 1999). Erstmalig nachgewiesene Individuen werden mittels statistischer Gruppierung (Software STRUCTURE, Pritchard et al. 2000) zusammen mit Referenzproben von Haushunden, Goldschakalen sowie Wölfen unterschiedlicher Herkünfte abgeglichen.

3. SNP-Analyse (single nucleotide polymorphism, Einzelpunktmutationen) der Kern-DNA zur Hybriderkennung:

Wölfe unbekannter Herkunft oder nicht sicher zuzuordnenden genetischen Profilen werden über SNP-basierte Analysen zur Hybriddetektion nach Harmoinen et al. (2021) auf einen möglichen Hundeanteil im Genom überprüft. Die Analyse basiert auf 93 ancestry informative SNP-Markern, die über das Genom verteilt liegen und ermöglichen die präzise Unterscheidung von Wolf, Haushund und ihren Hybriden mindestens bis in die 3. Hybridgeneration (= 2. Rückkreuzungsgeneration zum Wolf). Zur Auswertung der Daten werden die statistischen Gruppierungsverfahren STRUCTURE (Pritchard et al. 2000) und NewHybrids (Anderson et al. 2002) sowie intern konzipierte Software herangezogen.

Weiterführende Literatur

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