Der Afrikanische Elefant, das größte Landsäugetier, bedroht den Baumbestand in der Steppe.

Der Beginn der Anthroposphäre


Vor 12 000 Jahren nahm der Mensch in Landökosystemen die Stelle von Megaherbivoren ein. Megaherbivore sind sehr große landlebende
Pflanzenfresser, die ausgewachsen mehr als eine Tonne wiegen. Heute findet sich nur noch eine Handvoll Arten in tropischen Regionen Afrikas und Asiens, doch in den letzten 300 Millionen Jahren war das anders: Nehmen wir nur die Dinosaurier. Megaherbivore waren auf allen Kontinenten weit verbreitet, bis vor 12 000 Jahren zogen Mammute, Wollnashörner, Riesenfaultiere ihre Kreise und spielten noch eine Schlüsselrolle in vielen Landökosystemen.

Tiere als Ökosystemingenieure

Megaherbivore erfüllen allein aufgrund ihrer Größe Funktionen, denen kleinere Pflanzenfresser nicht nachkommen können. Sie verändern die Vegetation, halten die Landschaft offen, in ihrem Verdauungstrakt wandern Pflanzensamen über viele Kilometer, um an anderer Stelle für Vermehrung zu sorgen. Elefanten zum Beispiel sind die bedeutendsten Verbreiter großer Samen in den Wäldern Zentralafrikas.

Megaherbivore verändern Struktur und Artenzusammensetzung der Ökosysteme. Sie recyceln und verbreiten Nährstoffe und machen sie für Pflanzen verfügbar, was schließlich der Biodiversität zugutekommt.

Dramatische ökologische Verschiebung durch und für den Menschen

12 000 Jahre vor heute änderten sich die Verhältnisse grundlegend. Der Mensch wurde sesshaft und produzierte Nahrungsmittel, statt sie zu sammeln. Er rodete die Wälder und verbesserte das Nährstoffrecycling im Boden, indem er diesen bearbeitete und tierische Exkremente zur Düngung einbrachte. Schon die frühen Bauern trugen durch Rodungen zur Emission von Kohlendioxid bei, die Viehhaltung hatte einen verstärkten Ausstoß von Methan zur Folge, was schließlich zur Erwärmung des Klimas beitrug.

Dort, wo die Klimabedingungen für die Landwirtschaft nicht zu extrem waren, ging der Mensch vom Jagen und Sammeln zu Ackerbau und Viehzucht über, aber immer erst nachdem die dort lebenden Megaherbivoren verschwunden waren. Die Erschließung einer neuen ökologischen Nische durch den Menschen fand also nicht durch aktive Verdrängung statt. Allerdings war das Aussterben von Megaherbivoren als Voraussetzung für die weitreichenden Ökosystemveränderungen mitunter schon Zehntausende Jahre zuvor durch den Menschen verursacht worden, indem er die großen Tiere jagte, die bis dahin praktisch keine natürlichen Feinde hatten.

Was bedeutet das? Homo sapiens hat seine ökologische Nische verändert. Zum einen hat der Mensch als Prädator das Aussterben einer Gilde – der Gruppe der Megaherbivoren – maßgeblich beeinflusst, danach besetzte er weite Teile ihrer ökologischen Nische. Dieser Vorgang ist einzigartig in der Erdgeschichte und lief sehr viel schneller ab, als die Bildung neuer Arten vonstattengeht.

Ein globaler ökologischer Übergang mit lokal unterschiedlichen Effekten

In einigen Gebieten jedoch, etwa in der für Landwirtschaft ungeeigneten Subarktis – einst Heimat der Mammute – kam es mit dem Aussterben der Megaherbivoren zu weitreichenden Ökosystemveränderungen. Vormals hatten die Tierriesen Bäume kleingehalten, andere Pflanzen fanden genügend Raum und Nährstoffangebot, um zu wachsen – mit den oben bereits erwähnten positiven Effekten auf die Biodiversität. Mit dem Verschwinden großen Pflanzenfresser entwickelten sich die Steppen zu borealen Nadelwäldern, was sich wiederum auf das globale Klima auswirkte.

Die Folge war eine Verringerung des sogenannten Albedo-Effekts: Im Gegensatz zu einer weißen Schneefläche im Winter oder einer von
trockenen Gräsern dominierten gelb lichen Landschaft im Sommer, absorbiert das dunkle Grün der Wälder die Sonneneinstrahlung stärker, was zur globalen Erderwärmung führt. Zudem waren die Böden der Mammutsteppe trockener und emittierten weniger Methan.

Könnte es – um die Biodiversität zu fördern und den Klimawandel einzudämmen – in einigen Regionen unserer Erde also förderlich sein, wieder große Pflanzenfresser anzusiedeln? In diesem Zusammenhang steht die Frage im Raum, wie die einzelnen Vertreter der ausgestorbenen Megafauna die Ökosysteme wie auch das Klima von damals prägten beziehungsweise beeinflussten und ob sich diese Ergebnisse auf rezente Tiere übertragen lassen. Eine hochinteressante Forschungsfrage. Jedenfalls ließen sich durch eine Neuansiedlung großer Pflanzenfresser einige ökologische Funktionen wiederbeleben; Nährstoffkreislauf und Biomasseproduktion würden angekurbelt und könnten sogar die globale Erderwärmung abmildern – was aber durch weitere paläobiologische Studien zu klären wäre.

Team HEP Bocherens
Prof. Dr.  Hervé Bocherens
Leader of the AG Biogeology in HEP

Main research interests
• Interaction of primates, hominins and humans with their environment through time
• Evolution of mammalian communities in interaction with their environment
• Isotopic tracking of terrestrial paleoecosystems
• Conservation paleobiology

Since 2008 Professor, Chair of Biogeology, Department of Geosciences, Univ. Tübingen (Germany)
2006 – 2007 Invited Researcher, Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters, Univ. Tübingen (Germany)
2005 – 2006 Humboldt Foundation Senior Research Fellow, Institut für Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters, Univ. Tübingen (Germany)
2003 – 2004 Invited Researcher, Prairie & Northern Wildlife Research Centre, Canadian Wildlife Service, Environment Canada, Saskatoon (Canada)
2001 – 2008 Associate Researcher, CNRS, Inst. Sciences de l’Evolution, Univ. Montpellier 2 (France)
1996 – 2001 Associate Researcher, CNRS, Lab. Biogéochimie Isotopique, Univ. Paris 6. (France)
1994 – 1996 Assistant Researcher, CNRS, Lab. Biogéochimie Isotopique, Univ. Paris 6. (France)
1992 – 1994 Post-Doctoral Fellow, Carnegie Institution & Smithsonian Institute, Washington D.C. (USA)

List of Publications (10 exemplary publications of the last 4 years – out of 180 peer-reviewed articles since 1988)

  • Bocherens, H., 2018. The rise of the anthroposphere since 50,000 years: an ecological replacement of megaherbivores by humans in terrestrial ecoystems? Frontiers in Ecology and Evolution 6:3. https://doi.org/10.3389/fevo.2018.00003

  • Bocherens, H. 2019. Isotopic insights on cave bear palaeodiet. Historical Biology 31: 410-421. https://doi.org/10.1080/08912963.2018.14465419

  • Bocherens, H., Díaz-Zorita Bonilla, M., Moncel, M.-H., Daujeard, C., Raynal, J.-P., 2016. Direct isotopic evidence for subsistence adaptability in middle Pleistocene Neandertals (Payre, southeastern France). Quaternary Science Reviews 154: 226-236. https://doi.org/10.1016/j.quascirev.2016.11.004

  • Bocherens, H., Cotte, M., Bonini, R., Straccia, P., Scian, D., Soibelzon, L., Prevosti, F.,J., 2017. Isotopic insight on paleodiet of extinct Pleistocene megafaunal xenarthrans from Argentina. Gondwana Research 48: 7-14, https://doi.org/10.1016/j.gr.2017.04.003

  • Drucker, D.G., Naito, Y.I., Péan, S.C., Prat, S., Crépin, L., Patou-Mathis, M., Chikaraishi, Y., Ohkouchi, N., Puaud, S., Lázničková-Galetova, M., Yanevich, A., Bocherens, H., 2017. Isotopic analyses suggest mammoth and plant in the diet of the oldest anatomically modern humans from far southeast Europe. Scientific Reports 7: 6833. https://doi.org/10.1038/s41598-017-07065-3

  • Hofman-Kaminska, E., Bocherens, H., Borowik, T., Drucker, D.G., Kowalczyk, R., 2018. Stable isotope signatures of large herbivore foraging habits across Europe. PLoS ONE 13(1): e0190723. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0190723

  • Ma, J., Wang, Y., Jin, C., Hu, Y., Bocherens, H., 2019. Ecological flexibility and differential survival of Pleistocene Stegodon orientalis and Elephas maximus in mainland southeast Asia revealed by stable isotope (C, O) analysis. Quaternary Science Reviews 212 : 33-44. https://doi.org/10.1016/ j.quascirev.2019.03.021

  • Owocki, K., Kremer, B., Cotte, M., Bocherens, H., 2019. Diet preferences and climate inferred from Oxygen and Carbon isotopes of tooth enamel of Tarbosaurus baatar (Nemegt Formation, Mongolia) Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology in press. https://doi.org/10.1016/j.palaeo.2019.05.012

  • Posth, C., Wißing, C., Kitagawa, K., Pagani, L., Racimo, F., van Holstein, L., Wehrberger, K., Conard, N.J., Kind, C.J., Bocherens, H., Krause, J., 2017. Deeply divergent archaic mitochondrial genome provides lower time boundary for African gene flow into Neandertals. Nature Communications 8: 16046. https://doi.org/ 10.1038/ncomms16046

  • Wißing, C., Rougier, H., Baumann, C., Comeyne, A., Crevecoeur, I., Drucker, D.G., Gaudzinski-Windheuser, S., Germonpré, M., Gómez-Olivencia, A., Krause, J., Matthies, T., Naito, Y.I., Posth, C., Semal, P., Street, M., Bocherens, H., 2019. Stable isotopes reveal patterns of diet and mobility in last Neandertals and first modern humans in Europe. Scientific Reports 9:4433. https://doi.org/10.1038/s41598-019-41033-3

 

see also Research-ID (F-3580-2011) and ORCID-ID (0000-0002-0494-0126)

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Academia (https://uni-tuebingen.academia.edu/HerveBocherens/Papers)