Monte Scherbelino Juni 2018

Botanik & Molekulare Evolutionsforschung

Biotopkartierung Frankfurt


Die Arbeitsgruppe Biotopkartierung erfasst seit 1985 die Biotoptypen im Frankfurter Stadtgebiet und führt darüber hinaus vertiefende floristische und zoologische Untersuchungen durch. Im Jahr 2023 erfolgte eine Neuauflage des Projekts in Form einer 12-jährigen Forschungskooperation zwischen der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und dem Umweltamt der Stadt Frankfurt mit dem Titel „Förderung der Arten- und Biotopvielfalt in Frankfurt am Main – Identifizierung von Maßnahmen zur Minderung der Folgen von Klimawandel und Nutzungsdruck“.

Die Tier- und Pflanzenwelt im Großraum Frankfurt wird bereits seit über 200 Jahren in den Sammlungen der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (SGN) wissenschaftlich untersucht und dokumentiert. Die Anbindung der Arbeitsgruppe Biotopkartierung an das Senckenberg Forschungsinstitut ist somit naheliegend, da hier die besten Voraussetzungen gegeben sind, um die Veränderungen von Flora, Fauna und Biotopen erfassen, analysieren und beurteilen zu können.

Geschichte der Arbeitsgruppe Biotopkartierung

Die Beauftragung des Senckenberg Forschungsinstituts mit einer flächendeckenden Biotopkartierung durch den Magistrat der Stadt Frankfurt im Jahr 1985 stellte den Beginn einer langjährigen Zusammenarbeit dar. Mittlerweile ist daraus ein bedeutendes Langzeitmonitoring hervorgegangen. Die Intention war von Beginn an, das Wissen über die Natur und ihren Wandel im Stadtgebiet zu vertiefen und zu vervollständigen, um damit eine solide Grundlage für eine zielführende und effektivere Stadtplanung und Naturschutzarbeit zu ermöglichen.

Im Jahr 1990 wurde der erste Durchgang der Biotopkartierung des Stadtgebiets abgeschlossen, seitdem erfolgen in etwa sechsjährigem Turnus Revisionskartierungen, die für eine stetige Aktualisierung der Datengrundlage sorgen. Ab dem Jahr 2000 wurde die Biotopkartierung auch auf den Stadtwald ausgedehnt, der vorher von den Untersuchungen ausgenommen war. Seit Gründung der Arbeitsgruppe wurden zusätzlich in Form von sogenannten Präzisierungskartierungen vertiefende floristisch-faunistische Untersuchungen in ausgewählten Gebieten und Lebensräumen durchgeführt. Darüber hinaus wurden im Rahmen umfassender Sonderprojekte (z. B. Frankfurt 21, Flughafen-Projekt, Frankfurter Kreuz, Städte wagen Wildnis) Themenkomplexe wie landschaftsstrukturelle Ausstattung und Biotopverbund, Arteninventar, Naturschutz sowie Pflege und Entwicklung bearbeitet.

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe Biotopkartierung liefern wissenschaftlich fundierte Informationen über Zustand, Gefährdung und Schutzbedürftigkeit sowie die Entwicklungsfähigkeit der Natur in der Großstadt. Hinzu kommen Kenntnisse über die Verbreitung von Lebensräumen, Pflanzen- und Tierarten, die zur Planung von Pflege- und Schutzmaßnahmen herangezogen werden können. Sie sind damit eine unverzichtbare Basis für die Fachplanungen der Stadt, etwa im Hinblick auf Eingriffsregelungen und waren eine zentrale Grundlage für das 2021 erschienene Arten- und Biotopschutzkonzept.

Thematische Schwerpunkte der Forschungskooperation

Ein wesentlicher Schwerpunkt der Arbeitsgruppe liegt unverändert seit vier Jahrzehnten auf der Kartierung der Biotoptypen im Stadtgebiet, der Digitalisierung der Ergebnisse und der Auswertung der Veränderungen. Mittlerweile läuft der siebte Durchgang der Stadtbiotopkartierung, seit 1985 fand sie in folgenden Zeiträumen statt:

  1. Kartierung                 1985-1990
  2. Kartierung                 1993-1997
  3. Kartierung                 1998-2003
  4. Kartierung                 2005-2012
  5. Kartierung                 2013-2017
  6. Kartierung                 2018-2023
  7. Kartierung                 seit 2024

Der aktuellste Stand der Kartierungen wird für die Allgemeinheit auf dem Geoportal der Stadt Frankfurt zur Verfügung gestellt.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Monitoring ausgewählter Biotope, Tier- und Pflanzenarten: In 24 Untersuchungsgebieten, die repräsentative Lebensräume innerhalb des Stadtgebiets abbilden, werden im 3-Jahresturnus die gesamte Flora und Avifauna und – falls vorhanden – die Vorkommen des Heldbockkäfers dokumentiert. Zusätzlich werden in 16 weiteren Gebieten einzelne Artengruppen erfasst, für die diese Flächen eine besondere Relevanz besitzen. Ein spezieller Fokus liegt in allen Untersuchungsgebieten auf dem Vorkommen von Ziel- und Verantwortungsarten des Frankfurter Arten- und Biotopschutzkonzepts und auf neu einwandernden Arten (Neobiota), die punktgenau verortet werden.

Darüber hinaus werden Veränderungen der Vegetation durch ein Monitoring von über 100 Dauerbeobachtungsflächen in den Lebensräumen Wald, Grünland, Gewässer, Schotterflächen, Magerrasen und Heiden untersucht. Hieraus lassen sich beispielsweise Rückschlüsse auf Auswirkungen von Nutzungsintensivierung und Klimawandel ziehen.

Die Arbeitsgruppe erforscht zudem intensiv den langfristigen Wandel der Flora von Frankfurt. Auf der Basis von Herbarbelegen und Archivmaterial konnte die Veränderung der Frankfurter Pflanzenwelt für einen Zeitraum von 300 Jahren ermittelt werden. Aus den Daten ließen sich auch die Ursachen für das Verschwinden vieler Arten aus dem Stadtgebiet ableiten sowie Ansiedlung und Ausbreitung neu einwandernder Pflanzenarten (Neophyten) rekonstruieren. Die wichtigsten Informationen zur Frankfurter Pflanzenwelt werden seit 2009 auf der Webseite „ Flora von Frankfurt“ in Form von Steckbriefen für alle Naturinteressierten zugänglich gemacht.

Die Ergebnisse aus der Biotopkartierung haben sich in mehreren hundert unveröffentlichten Gutachten, Berichten, Schutz- und Pflegekonzepten sowie allgemein zugänglichen Publikationen wie Broschüren und Stadtnaturbüchern niedergeschlagen. Durch die enge Kooperation von Senckenberg Forschungsinstitut und Goethe-Universität Frankfurt am Main im Bereich der Biologie entstanden im Rahmen der Untersuchungen bereits eine Reihe von Abschlussarbeiten.