Projekt “CollembolAI” : Angewandte Computervisualisierung für die Bodenmesofauna
Im Rahmen des Projektes entwickeln wir Bildverarbeitungsmethoden, um die Analyse von Mesofauna-Gemeinschaften im Boden zu unterstützen und die Digitalisierung umfangreicher Sammlungen winziger Tiere in Ethanol zu erleichtern, wie z. B. die Collembolen und Proturen, die den Großteil der Apterygoten-Sammlung in Senckenberg Görlitz ausmachen.
Die Versuchsanlage besteht aus einer automatischen Makrofotografie-Plattform, um den Inhalt von Petrischalen in hoher Auflösung zu erfassen. Mit ihrer Hilfe entwickeln wir eine Deep-Learning-Anwendung, die bei der Erstellung von Objekterkennungs- und Klassifizierungsprogrammen hilft, die die Tiere auf den Bildern automatisch zählen und klassifizieren können (https://github.com/stasys-hub/Collembola_AI).
Unser Ziel ist es, Modelle des maschinellen Lernens zu erstellen, die die Hauptgruppen der Collembolen (die unsere Kernkompetenz sind), aber auch die Hauptgruppen anderer wirbelloser Bodentiere erkennen. Außerdem möchten wir Computer-Vision und molekulare Techniken zusammenbringen, um eine effiziente Methode zur Charakterisierung der Artenvielfalt von Bodentiergemeinschaften, der Artenhäufigkeit und Biomasse sowie der Morphologie der Arten zu schaffen.
CollembolAI wird in Zusammenarbeit mit Stanislav Sys, Stephan Weißbach und Prof. Dr. Susanne Gerber, Institut für Humangenetik, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, entwickelt.
Beteiligung an sektionsübergreifenden Projekten
Abgeschlossene Forschungsschwerpunkte der Sektion Apterygota
Langzeituntersuchungen zur Collembolenfauna des Harzes (PR III)
Vom 14.10 – 18.10.2016 wurden erneut Boden- und Moosproben von insgesamt 17 Standorten des Harzes entnommen und in einer Expeditions-Berleseapparatur zur Auslese gebracht. Im Vordergrund stand die Untersuchung von 2 Blockhalden- und älteren Laubwaldstandorten. Die Bestimmungsarbeiten beginnen im Januar 2017.
Beitrag zur Kenntnis der Collembolen der Kanarischen Inseln
In den 70er und 80er des vergangenen Jahrhunderts haben Arne Fjellberg und Willem N. Ellis Aufsammlungen von Springschwänzen auf den Kanarischen Inseln durchgeführt. Sie entnahmen größtenteils Moosauflagen von Felsen, Streuauflagen oder führten Streifnetzfänge in Vegetationsschichten durch. Ein Teil der dadurch gesammelten Collembolen wurde durch Dr. Fjellberg der Sektion Apterygota freundlicherweise zur Verfügung gestellt. Dieses unbestimmte Material wurde und wird derzeit determiniert.
In der Fauna Europaea (letzte Aktualisierung, 29 August 2013) werden 103 Unterarten/Arten für die Kanarischen Inseln aufgelistet. Die ersten Bestimmungsergebnisse ergaben bereits einige Neunachweise für die Kanaren; z. B. Sminthurus hispanicus Nayrolles, 1995, Desoria trispinata (MacGillivray, 1896) und
Caprainea bremondi (Delamare Deboutteville & Bassot, 1957). Bemerkenswert ist auch der erneute Nachweis von Mesogastrura libyca (Caroli, 1914) auf Teneriffa.
Fortsetzung der Langzeitstudien zur Collembolenfauna in Mooren
Es wurden Aufsammlungen aus dem Dubringer Moor aus dem Jahre 2012 determiniert. Diese ergaben insgesamt 50 Arten. Neben einer Vielzahl von hydrophilen Arten konnten drei tyrphobionte Arten wieder nachgewiesen werden (Ceratophysella scotica (Carpenter & Evans, 1899), Neelides minutus (Folsom, 1901) und Pachyotoma crassicauda (Tullberg, 1871)).
Weiterhin wurde die Auswertung der umfangreichen Probennahmen aus dem seit 2013 laufenden Sernitzmoor-Projekt von Dr. Ricarda Lehmitz
(Sektion Oribatida ) begonnen. Mit Neelides minutus und Pachyotoma crassicauda konnten auch hier zwei typische Moorarten gefunden werden. Insgesamt wurden aus 4 Probeterminen (Juli, Oktober 2013, November 2015 und April 2016) 7419 Exemplare bestimmt, die sich auf 49 Arten verteilen.
Naturwaldreservate in Hessen Studium der Collembolenfauna im Naturwaldreservat “Locheiche”
Das Waldgebiet „Locheiche“ ist Teil des Nationalparkes Edersee-Kellerwald. Diese Region ist durch ausgedehnte alte Buchenwälder gekennzeichnet. Erstmals wurde hier die Collembolenfauna durch Entnahme von Boden- und Moosproben untersucht (mehr als 100 Proben von ca. 50 cm3 Volumen). Die Proben wurden im März, Mai und September 2009 innerhalb einer Gitternetz Versuchsanordnung mittels eines Bodenstechers entnommen.
Annähernd 10 000 Exemplare wurden bestimmt und diese ergaben 44 Arten (Präparation und Bestimmung von Mai bis Juli 2016). Die Mehrheit der nachgewiesenen Arten ist eurytop. Gleichzeitig wurden aber auch typische Waldbewohner gefunden (z.B. Desoria violacea, Lipothrix lubbocki, Micraphorura absoloni and Willemia denisi). Ebenso charakteristische Bewohner von Moos- und Flechtenauflagen auf Steinen und Felsen: Anurophorus laricis, Pseudisotoma sensibilis and Xenylla boerneri. Die beiden häufigsten Arten in den Bodenproben waren Mesaphorura macrochaeta und Parisotoma notabilis.
Aufsammlungen Collembola auf Korsika
Korsika ist hinsichtlich seiner Collembolenfauna wenig untersucht. Auf der nicht mehr aktuellen Checkliste der Fauna Europaea (http://www.faunaeur.org) werden nur 61 Arten angegeben.
Vom 4.4. – 15.4.2014 wurden auf Korsika von 15 Standorten umfangreiche Streu-, Moos- und Bodenproben, entnommen. Zusätzlich wurde innerhalb eines Pinienwaldes zwischen Ospedale und Zonsa 10 Bodenfallen eingesetzt und es wurden auch Exhaustorfänge durchgeführt. Die Auslese aller Proben erfolgte vor Ort mittels einer Expeditions-Berleseapparatur. Als Ergebnis konnten mehr als 8.000 Exemplare ausgelesen werden. Insgesamt konnten 59 Arten festgestellt werden. Hiervon sind 39 Arten als Neunachweise für Korsika zu betrachten. Hervorzuheben sind die Nachweise von Xenylla xavieri, Cryptopygus ponticus und Tetracanthella perezi – charakteristische südeuropäische oder mediterrane Arten. Publikation
Arteninventar Collembola von Binnendünen
Im Rahmen der Berichtspflichten der FFH-Richtlinie der EU wurden von 8 ausgewählten Binnendünenstandorten Sachsen-Anhalts die Springschwänze (Collembola) mittels Bodenproben, Bodenfallen und Gelb/Blau/Weißschalen erfasst.
Die über einen kurzen Zeitraum stattgefundenen Untersuchungen (Oktober 2013 bis Juni 2014) ergaben 49 Arten mit insgesamt 10 618 Exemplaren.
Mit Pseudanurophorus psammophilus (Potapov & Stebaeva, 2002) gelang der Erstnachweis dieser Collembolenart für Deutschland. Gleichzeitig ist sie ein typischer Sandbewohner.
Ein Dünenbewohner ist Folsomina onychiurina (Denis, 1931), [nur sehr wenige Nachweise in Deutschland].
Collembolenfauna des Harzes (PR II)
Durch seine geographische Lage bedingt, treffen in diesem nördlichsten deutschen Mittelgebirge subatlantisch und subkontinental verbreitete Collembolenarten aufeinander und bilden eine diverse Faunengemeinschaft. Die klimatischen Bedingungen für die Artengemeinschaften verändern sich außerdem vertikal entlang der verschiedenen Höhenstufen, die von planar im Harzvorland bis zu submontan und montan im Oberharz reichen (bis 1141 m ü. NN). Die Hochflächen weisen ausgedehnte Moore auf, die von anthropogenen Veränderungen wenig betroffen sind. Hierdurch besitzen sie eine herausragende Bedeutung für den Naturschutz (Baumann 2009).
Vom 1.10. – 4.10.2013 wurden die Untersuchungen zur Collembolenfauna des Harzes fortgeführt.
Insgesamt wurden 19 Standorte untersucht. Hierbei waren es vor allen Dingen Waldgebiete (z.B. Bruchberg, Köhlerholz, Eckertal Ost). Es wurden 2-7 Bodenproben (0-5 cm, ca. 50 cm3) mittels Stechzylinder entnommen. Die Auslese der Proben erfolgte vor Ort in einer Expeditions-Berleseapparatur und ergab 3.325 Exemplare. Innerhalb der 43 nachgewiesenen Arten befanden sich typische Waldbewohner, wie Anurida granaria, Anurophorus laricis, Micraphorura absoloni und Xenylla boerneri. Hervorzuheben sind auch die Nachweise von Agrenia bidenticulata (ein Bewohner feuchtkalter Habitate) und von Folsomia albens (Erstnachweis für Deutschland, bisher nur aus den Ostkarpaten bekannt).
Symphypleona innerhalb des UAE Insekten Projektes
„Das Ziel des UAE Insekten Projektes ist es, ein möglichst vollständiges Verzeichnis von den terrestrischen und Süßwasserarthropoden der Vereinigten Arabischen Emirate zu erhalten (Insecta, Arachnida, Myriapoda und Crusteacea)“ – Antonius van Harten, Projektkoordinator, 2007
Der erste Collembolenbeitrag wurde von Barra & van Harten 2009 publiziert (Ordnung Entomobryomorpha, ARTHROPOD FAUNA OFT THE UAE 2009, Band 2).
Es wurden 8 überwiegend südeuropäisch verbreitete Arten bestimmt. Eine weitere Art ist neu für die Wissenschaft und wurde als Denisiella bretfeldi Schulz & van Harten, 2013 beschrieben. Sie ist weltweit die zehnte Art aus dieser Gattung.
Arteninventar Collembola von Streuobstwiesen
Innerhalb der FFH-Richtlinien der EU führt das Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Untersuchungen zum Gesamtartengefüge von Streuobstwiesen im Gebiet des Biosphärenreservates „Mittelelbe“ durch. Die 2012 und 2013 durchgeführten Untersuchungen zur Erfassung der Collembolenfauna von 10 Streuobstwiesenstandorten ergaben den Nachweis von 84 Arten (14170 Exemplare). Hiervon stellt eine Art, Willemia multilobata, einen Erstnachweis für Deutschland dar. Weiterhin konnten für Sachsen-Anhalt 8 neue Arten nachgewiesen werden.
Mofetten
Nicht nur durch Vulkane entweichen Gase aus dem Erdinneren an die Erdoberfläche. In Mofetten steigt beispielsweise postvulkanisch das Gas Kohlendioxid durch Risse und Spalten des Bodens hoch, wirkt in höheren Konzentrationen negativ auf die Vegetation und ab ca. 8% tödlich auf Menschen und viele Tiere. Einige Pflanzen- und Tierarten haben sich allerdings an die erhöhten Konzentrationen angepasst. In einer tschechischen Mofette bei Hartousov wurde bereits eine bisher unbekannte Collembolenart gefunden (siehe Veröffentlichungen). In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. H. Pfanz (Vegetation, Universität Duisburg/Essen), Dr. K. Hohberg (Nematoda, SMNG) und Dr. D. Russell (SMNG) sollen einerseits Anpassungsmechanismen der Arten an veränderte Kohlendioxidbedingungen untersucht werden und andererseits Auswirkungen auf Bodentiere als wichtige Akteure für Nährstoffkreisläufe und Bodenfunktionen.
Binnenlandsalzwiesen
Binnenlandsalzstellen sind sehr interessante Sonderstandorte, die für viele Arten lebensfeindliche Bedingungen aufweisen und nur von speziell angepassten, halotoleranten Tier- und Pflanzenarten besiedelt werden können. Außerdem liegen sie isoliert in einer Landschaft mit ganz anderen Lebensbedingungen und potentielle Rekrutierungsareale wie die Küsten der Meere liegen für diese halotoleranten Arten weit entfernt.
Die letzten Untersuchungen zum Vorkommen von Collembolen in Binnenlandsalzwiesen Deutschlands gehen zurück in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts (Palissa 1955). Seit 2010 wird nun in den wichtigsten Salzstellen von Thüringen und Sachsen-Anhalt die Collembolenfauna intensiv untersucht. Hierbei ergab die Untersuchung der wohl bedeutendsten Salzstelle Sachsen-Anhalts Hecklingen den Nachweis von 2 neuen Arten für die Fauna Deutschland (Parisotoma ekmani (Fjellberg, 1977), Heteromurus major (Moniez, 1899)), sowie einen zweiten Fundort in Deutschland für Mesaphorura simoni Jordana & Arbea, 1994. Diese Art wurde vorher nur in Salzmarschen der Nordsee nachgewiesen.
Besonders bemerkenswert sind zwei Folsomia-Arten, die bisher nur aus europäischen Küstengebieten bekannt sind: Folsomia thalassophila Bagnall, 1940 und F. sexoculata (Tullberg, 1871).
Collembolenfauna des Harzes (PR I)
Durch seine geographische Lage bedingt, treffen in diesem nördlichsten deutschen Mittelgebirge subatlantisch und subkontinental verbreitete Collembolenarten aufeinander und bilden eine diverse Faunengemeinschaft. Die klimatischen Bedingungen für die Artengemeinschaften verändern sich außerdem vertikal entlang der verschiedenen Höhenstufen, die von planar im Harzvorland bis zu submontan und montan im Oberharz reichen (bis 1141 m ü. NN). Die Hochflächen weisen ausgedehnte Moore auf, die von anthropogenen Veränderungen wenig betroffen sind. Hierdurch besitzen sie eine herausragende Bedeutung für den Naturschutz (Baumann 2009).
In Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des Nationalparkes Harz wird diese besondere Collembolenfauna des Harzes in mehreren Moor-und Uferstandorten seit 2011 untersucht. Mit Hilfe unterschiedlicher Erfassungsmethoden wie der Extraktion von Sphagnumproben, dem Abkeschern von Wasseroberflächen und dem Einsatz von Bodenfallen soll ein umfassendes Bild der Artengemeinschaften gewonnen werden. Bisher konnten insgesamt 51 Arten nachgewiesen werden; u.a. die typischen Moorarten Anurophorus atlanticus Fjellberg, 1974, Heterosminthurus claviger (Gisin, 1958) und Heterosminthurus insignis (Reuter, 1876). Bemerkenswert ist auch die Gattung Sminthurides, die mit drei Arten vertreten ist.
Collembolenfauna der Schweiz
Ziel des Projektes ist die Erweiterung des Kenntnisstandes der Collembolenfauna der Schweiz und die Aktualisierung der Checkliste. Ein Schwerpunkt der Erfassungen liegt in der Alp Flix (Graubünden), in der unterschiedliche naturnahe und anthropogen überformte Lebensräume bearbeitet werden. Hier wird in Sonderstandorten die Bindung von Collembolenarten an bestimmte Habitatbedingungen erfasst. Außerdem werden Verbreitung und Anpassungsfähigkeit von Collembolenarten in Fichtenbeständen verschiedener Höhenstufen in Zusammenarbeit mit Dr.
B. Balkenhol (Protura, SMNG) erarbeitet.
Collembolenfauna von Kreta
Die Mittelmeerinsel Kreta ist für ihre endemischen Pflanzen- und Tierarten bekannt. Die letzten Untersuchungen zur Collembolenfauna der Insel stammen von ELLIS aus dem Jahre 1976. Die Fortführung dieser Studien umfasste zunächst die Auswertung von umfangreichem Fallenmaterial (1990-1992) aus den Weißen Bergen Westkretas, danach erfolgten 2004 und 2006 in weiteren Habitaten dieser Region Aufsammlungen von Boden- und Substratproben. 2011 wurde die Erfassung der Collembolen in Ostkreta (u.a. Kritsa Katharo Plateau, Vai Palm Beach, Selakano Plateau) fortgesetzt. Die Checkliste Collembola weist nun mehr als 140 Arten auf.