mögliches Teaserbild Bäume

Projekt Hessische Naturwaldreservate

Forschung


Seit 1990 werden die hessischen Naturwaldreservate sukzessive forstlich (vormals FENA, Gießen, jetzt NW-FVA, Göttingen), botanisch (FENA, NW-FVA, Gutachterbüros) und zoologisch (Senckenberg) untersucht. 

Forstliche und botanische Untersuchungen

Im jedem Naturwaldreservat werden in einem 100×100 m Raster Probekreise mit einem Radius von 17,84 m durch die NW-FVA eingerichtet. In diesen werden alle 10-20 Jahre zahlreiche Parameter erfasst: Hangrichtung, Hangneigung, Hanglage, Standortstypen, alle lebenden und toten Bäume über einem Durchmesser von 7 cm nach Baumart, Brusthöhendurchmesser, Höhe, Bewuchs, Schäden. Die Bodenvegetation wird in einem Subplot von 10×10 m erfasst, in dessen südöstlicher Ecke Bodenparameter (Substrat, Humusform, Bodentyp) dokumentiert werden. In einem 5×5 m Subplot wird die Verjüngung ermittelt. Künftig wird auch eine flächendeckenden Biotop- und Berstandstypenkartierung durch botanische Gutachter und die NW-FVA durchgeführt, die eine wesentliche Grundlage für die zoologischen Untersuchungen darstellt.

Zoologische Untersuchungen

Im Jahre 1990 wurde Senckenberg mit der Erarbeitung eines Konzeptes für zoologische Untersuchungen beauftragt. Mit reproduzierbaren Methoden soll eine möglichst umfassende Bestandsaufnahme der Tierwelt in den Naturwaldreservaten, d. h. sowohl im Totalrerservat als auch in der Vergleichsfläche erreicht und durch Wiederholungsuntersuchungen der Verlauf der Sukzession langfristig dokumentiert werden.

Auf der Basis der flächendeckenden Biotop- und Berstandstypenkartierung und eignene Begehung durch Senckenberg erfolgt die Festlegung der Fallenstandorte. Ein breites Fallenspektrum (ca. 50 Fallen pro Totalreservat/Vergleichsfläche), welches das Arteninventar zahlreicher Tiergruppen repräsentativ erfasst, wird pro Gebiet durchgehend zwei Jahre lang eingesetzt und von März bis November monatlich geleert.

Parallel werden gezielte Aufsammlungen, ornithologische Begehungen und lepidopterologische Licht- und Köderfänge durchgeführt. In einer Synthesephase wird das Fallenmaterial auf Ordnungsniveau aussortiert, in einer Probenbank archiviert und an die Spezialisten verteilt, determiniert und diese Daten EDV-gespeichert.

Diese sieben Standard-Tiergruppen decken etwa 25 % der einheimischen Arten ab. Weitere Tiergruppen werden, wenn möglich, auf ehrenamtlicher Basis ebenfalls bearbeitet. Auf diese Weise konnten bisher pro Gebiet durchschnittlich 35 % der deutschen Fauna auf Artniveau berücksichtigt werden. Aus den ermittelten Daten wird für jedes Naturwaldreservat eine ausführliche Gebietsmonographie in der Zeitrschriftenreihe „Naturwaldreservate in Hessen“ sowie eine Broschüre in der Reihe „Hessische Naturwaldreservate im Portrait“ erstellt. In den Monographien wird die vorgefundene Artengemeinschaft nach verschiedenen ökologischen Parametern (Bemerkenswerte Arten, Dominanz, Verbreitung, Phänologie, Größenklassen, Flugfähigkeit, Ansprüche der Arten an Lebensräume, abiotische Faktoren, Nahrung) beschrieben, ggf. die Fauneninventare von Totalreservat und Vergleichsfläche gegenübergestellt, die Stellung der Tiergruppe in der Lebensgemeinschaft des jeweiligen Waldtyps besprochen sowie ihre Bedeutung für Forst- und Landwirtschaft diskutiert. Nachdem alle Naturwaldreservate inventarisiert wurden, soll der nächste Untersuchungsdurchgang zur Ermittlung erster Veränderungen im Laufe der Sukzession erfolgen. Das Projekt ist zeitlich unbegrenzt.

Zoologisch untersuchte Hessische Naturwaldreservate

Wichtigste Ergebnisse

Die Fauna mitteleuropäischer Buchenwälder ist 3-4mal artenreicher, als bisher angenommen wurde und kann selbst auf kleinen (ca. 50 ha großen) Flächen 5000-6000 Arten erreichen.

•Es konnten zusätzlich zu den bisher bekannten Tiergruppen weitere für die Wälder bedeutsame identifiziert werden, etwa Wanzen und Stechimmen.

•Nur der Einsatz eines breiten Methodenspektrums kann eine repräsentative Erfassung der Biozönose ermöglichen.

•Nur eine Bearbeitung der Tiere auf Artebene kann ihre Rolle in der Lebensgemeinschaft korrekt darstellen und gegensätzliche Trends zwischen Arten oder Artengruppen aufdecken.

•Die Erfassung der zoologisch relevanten Strukturen in Wäldern und die Ausrichtung der Erfassung der Fauna auf diese Strukturen ist essentiell, um ein repräsentatives Bild der Biozönose zu bekommen. Auch ehemalige Wirtschaftswälder sind zu reich strukturiert, um mit Rasterverfahren oder Zufallsstichproben repäsentative Ergebnisse zu erzielen.

•Bei der Analyse der Fauna müssen Struktur-Komplexe Berücksichtigung finden. Zahlreiche Arten können nur vorkommen, wenn in relativ kurzer Entferung die geeigneten Nahrungs-, Rast-, Nist- und Überwinterungshabitate vorhanden sind.