HOCHKANTSCHILL
Ein Beispiel aus dem makrotidalen Bereich des Wattenmeeres der Nordsee
Einleitung
Schalenanhäufungen die durch mäßige Energiebedingungen entstehen werden durch Imbrikationslagerung oder Pflasterlagerung charakterisiert, nach Sturmereignissen hingegen lagern die Klappen bevorzugt mit ihrer konvexen Seite nach unten. Bei allen diesen, bereits gut beschriebenen, Lagerungszuständen liegt die lange Achse der Klappen stets horizontal. Im Gegensatz dazu sind vertikal angeordnete Schalen (sog. Hochkantschille) und andere flach ausgebildete Körper, in der Vergangenheit kaum beschrieben worden (Abb. 1 & 2).
Ziel des Projektes
In diesem Projekt untersuchen wir nach derzeitigem Wissensstand das weltweit größte Vorkommen von vertikal angeordneten Muschelschalenakkumulationen des Deutschen Wattenmeeres (Abb. 3).
Diese Studie umfasst nicht nur das gegenwärtige, experimentelle Arbeiten in einem Wellenkanal, sondern auch das Erforschen von fossilen Beispielen, wie beispielsweise vertikal angeordnete „sand dollars“ (Echinoidea=Seeigel) aus dem Miozän in Ägypten.
3
Ziel der Arbeit ist es ein Zustandsmodell zu entwickeln aus dem sich die wesentlichen Randparameter ablesen lassen, die zur Bildung solcher Vorkommen führen.
Als Endergebnis soll ein „Geo-Tool“ zur Verfügung stehen, dass eine detaillierte Rekonstruktion des Energieniveaus einer Küstenregion erlaubt.
Methoden
Erste Auswertungen von Luftbildserien werden mit Hilfe eines Standard GIS- Programms durchgeführt, womit wir erstmals Verbreitung sowie zeitliche Veränderung der HKS- Vorkommen im Arbeitsgebiet dokumentieren konnten (Abb. 3 & 17). Detailuntersuchungen von internen Strukturen innerhalb der HKS-Vorkommen werden an 35 cm langen Sedimentkernen durchgeführt (Abb. 4).
Für experimentelle Studien steht ein ca. 19 m langer Wellenkanal zur Verfügung, der es erlaubt mit verschiedenen Wellenparametern, unterschiedliche Prozesse zu beobachten (Abb. 5 & 6).
Ergebnisse
Für die Genese von Hochkantschill sind mehrer Prozesse entscheidend:
– ein Freilegen der Mya arenaria -Schlickhorizonte durch Erosion bei sehr starkem Seegang (Abb. 7,8 & 19)
– Konzentration des Schalenmaterials (Komplette und Fragmente)
Während die anfänglichen Prozesse der Entstehung von HKS durch Einzelereignisse verursacht werden (z.B. Sturmereignisse), ist dagegen die Konzentration sowie die anschließende vertikale Einreglung des Schalenmaterials ein langwieriger Prozess der unter normalen Wetterbedingungen entsteht. Anhand von Geländeuntersuchungen als auch durch Experimente im Wellenkanal (Abb. 5 & 6) können bislang fünf verschiedene Lagerungszustände von einander unterscheiden werden. Dabei treten die unterschiedlichen Zustände zeitgleich auf und können zudem ineinander übergehen.
Hochkanschill (HKS):
Besteht aus dicht gepackten sowie ineinander geschachtelten Einzelklappen der Muschel Mya arenaria die mit ihrer langen Achse mehr oder weniger vertikal steht (Abb. 1, 2, 6 & 9). Die Lagerungsbasis wird aus horizontal und konkav lagernden Klappen gebildet. Unter guten Wetterbedingungen mit relativ normalen Seegang stapeln sich immer mehr Klappen ineinander, so dass aufgrund ihrer schüsselförmigen Form, diese sich gegenseitig abstützten und sich schließlich in eine fächerartige, vertikale Position bringen (Abb. 14 & 16). Die Klappen stehen aufrecht und weichen mit ihrer Längsachse ca. 90° aus der horizontalen Lage ab.
Pflasterlagerung:
Einzelklappen liegen mit ihrer konvexen Seite nach oben zeigend auf der Sedimentoberfläche nebeneinander ohne sich gegenseitig zu berühren (Abb. 11).
Imbrikationslagerung:
Die Klappen lagern mit dem Wirbel nach oben zeigend dachziegelartig übereinander und bilden ein fischschuppenartiges Muster (Abb. 12).
Vertikal gepackte Chips:
Diese Schichten können einige cm Mächtig sein und bestehen aus starren, überwiegend konzentrisch angeordneten Schalenbruchstücken (Hauptsächlich Fragmente von Mya und Macoma Schalen). Die Verbreitung dieser Chips beschränkt sich nur auf die Oberfläche der HKS -Bänke. Der Durchmesser der Fragmente beträgt nicht mehr als 2 cm (Abb. 13).
Konzentrisch, Rosettenartige Muster von HKS:
HKS- Flächen sowie Chips- Areale können rosettenartig und konzentrisch angeordnet sein. Dabei lagern sich die Komponenten anfänglich um einzelne Schalenbündel herum (Abb. 13, 14 & 16).
Luftbildanalysen
Um einen Eindruck über die zeitliche Veränderung sowie der Verbreitung der HKS- Vorkommen zu erhalten werden Luftbildserien aus unterschiedlichen Jahren untersucht.
Von 1996 bis ins Jahr 2004 hat sich die räumliche Ausdehnung der HKS- Vorkommen um das 5 -fache erhöht (Abb. 17). Kurzfristiger Transport sowie Ablagerung des Schalenmaterials haben innerhalb nur eines Sommers einen ca. 4 Jahre alten Durchbruch, innerhalb der HKS- Bank, komplett „repariert“ (Abb. 10).
Projekt Bearbeiter: Christian Federolf