Die geowissenschaftlichen Sammlungen gliedern sich in einen historischen und einen neuzeitlichen Sammlungsbereich.
Der ca. 9000 Objekte umfassende historische Teil aus der Zeit von 1823 bis 1945 ist nach der systematischen Grundgliederung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts wieder hergestellt. Das bot sich an, da dieser Sammlungsteil nahezu unverändert mit den Originalschränken und Originaletiketten und ohne größere Überarbeitungen seit ca. 100 Jahren die Zeit „überstanden“ hat. Sie repräsentiert somit eine „Zeitkapsel“ für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, und damit den Beginn der modernen Geowissenschaften.
Eine Lausitzsammlung (2800 Nummern) und eine Weltsammlung (3000 Nummern) bauen den neuzeitlichen Sammlungsteil auf. Darüber hinaus bestehen separate Spezialsammlungen zu tertiären Pflanzenfossilien, vor allem aus dem Braunkohlentagebau Berzdorf (ca. 3700 Blätter, Früchte, Samen und Hölzer) und eine Geschiebe- und Geröllsammlung aus der Oberlausitz (ca. 2000 Objekte).
Permanenten Zuwachs erhält aktuell eine Vulkanitsammlung, die eine historische Sammlung von Basalten als Vorläufer hat (ca. 450 Objekte). Dazu zählt eine Schwermineralsammlung aus Vulkangesteinen, die ca. 90 Nummern mit einigen tausend Einzelkristallen enthält. Bedeutend ist z.B. eine 1997 angekaufte Schwermineralsammlung von der berühmten Edelsteinfundstelle vom Seufzergründel in der Sächsischen Schweiz mit 13 000 Einzelmineralen, darunter 4700 Zirkonkristalle.
Geschichte der geowissenschaftlichen Sammlung
Die Geschichte des Naturkundemuseums in Görlitz und der geowissenschaftlichen Sammlungen ist unmittelbar mit der Naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz (1823–1945) verbunden. Seit der Gründung der Gesellschaft im Jahre 1823 lassen sich bereits größere geowissenschaftliche Sammlungsteile nachweisen. Wichtige Impulse für die Vermehrung der Sammlungen gaben der Museumsneubau der Naturforschenden Gesellschaft im Jahre 1860 am Marienplatz und die 1938 erfolgte Abtrennung der Magazinsammlung von der eigentlichen Schausammlung, was durch den Erwerb des Humboldthauses möglich wurde.
Vier Phasen prägten die geowissenschaftliche Sammlungstätigkeit am Naturkundemuseum Görlitz bis 1994, die eng an die jeweils wirkenden Kustoden und die politisch-wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gebunden waren.
In der ersten Phase (1811–1859), die zunächst unter der Ornithologischen Gesellschaft und ab 1823 unter der umbenannten Naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz verlief, bildeten die Geowissenschaften neben Wirbeltieren, Vögeln sowie Botanik einen von vier großen Sammlungsbereiche. Für 1827 werden 1300 geowissenschaftliche Objekte verzeichnet, die systematisch und regional geordnet waren.
Die zweite Sammlungsphase (1859–1921) ist durch einen enormen Aufschwung der geowissenschaftlichen Sammlung charakterisiert, der dem Wirken der beiden Kustoden Reinhard Peck (1859–1895) und Hugo von Rabenau (1895–1921) zu verdanken ist. Etwa 80% aller historischen Sammlungseingänge stammen aus dieser Zeit, zahlreiche Sammlungsschränke sowie handgeschriebene Sichtetiketten.
Eine überregional angelegte Sammlungskonzeption und ein hoher Anteil wertvoller Schenkungen durch weltweit vertretene Gesellschaftsmitglieder kennzeichnen diese beiden Sammlungsphasen. Ziel war stets die Dokumentation bedeutender Fundstellen, ohne thematische oder regionale Schwerpunkte zu setzten. Jedoch gab es auch größere regionale Sammlungsteile, wie aus der damaligen Provinz Schlesien (z.B. aus den Sudeten), zu der auch Görlitz zwischen 1815 und 1945 gehörte.
Die dritte Sammlungsphase (1921–1942) war den politisch-wirtschaftlichen Einschränkungen der Weltwirtschaftskrise unterworfen. Infolge der gesellschaftlichen Veränderungen seit 1932 wurden nur noch wenige und vermehrt einheimische Objekte gesammelt.
Zwischen 1945 und 1994 (vierte Sammlungsphase) gab es für die geowissenschaftliche Sammlungstätigkeit äußerst ungünstige Bedingungen, die zur Abgabe großer Teile der Mineralogischen Sammlung an das Staatliche Museum für Mineralogie und Geologie zu Dresden führten. Die verbliebenen ca. 10 000 Objekte umfassenden Sammlungen gerieten zunehmend in einen desolaten Zustand. Neueingänge waren bis auf einige Ausnahmen recht unbedeutend, wurden aber erstmalig inventarisiert und in einen Sammlungskatalog aufgenommen.
Mit der Schaffung und Besetzung einer Konservatorstelle für Geologie am Staatlichen Museum für Naturkunde Görlitz im September 1994 begann eine umfassende Überarbeitung aller geowissenschaftlichen Sammlungsteile und eine systematische Sammlungserweiterung im Zuge laufender Forschungsarbeiten.