Paläobotanik

Forschung

Die Forschungsthemen der Sektion sind überwiegend dem Tätigkeitsschwerpunkt „Evolving Earth and Environments“ innerhalb des Forschungsbereichs Biodiversität und Erdsystem-Dynamik zugeordnet. Darüber hinaus finden ausgewählte Forschungsprojekte Eingang in den Tätigkeitsschwerpunkt „Taxonomie und Systematik“ des Forschungsbereichs Biodiversität und Systematik
 

Projekt: Integrated Leaf Trait Analysis a new tool for analyzing Paleogene European ecosystems

Das Projekt dient der Etablierung einer neuen, aussagekräftigen Methode für paläoökologische Untersuchungen an paläogenen Blätterfloren, welche modernste Methoden zur Analyse von funktionalen Blattmerkmalen (Leaf Traits) und Insektenherbivorie (Fraßmuster) miteinander vereint. Der neue Ansatz, Integrated Leaf Trait Analysis genannt, soll eine bessere Charakterisierung von Strukturen und Funktionalitäten terrestrischer Ökosysteme ermöglichen, insbesondere dann, wenn Tierfossilien fehlen. Hauptziel ist die Untersuchung des Einflusses bedeutender klimatischer und floristischer Veränderungen auf die Ökonomie von Pflanzen und die trophische Struktur von Paläoökosystemen. Im Einzelnen soll geklärt werden, welche Effekte dieser Wandel auf Leaf Traits und die Interaktion von Pflanzen und herbivoren Insekten hatte. Die Untersuchungen werden an mitteleuropäische Blätterfloren aus dem Zeitraum oberes Eozän bis oberes Oligozän (ca. 38 23 Mio. Jahre vor heute) aus verschiedenen Habitaten (Küstenebene der Paläo-Nordsee und vulkanisch geprägtes Hinterland) ausgewählt. 

Laufzeit: 2019 2022; Finanzierung: Deutsche Forschungsgemeinschaft

Projektgruppe: Lutz Kunzmann, Christian Müller (Sektion Paläobotanik), Kooperationspartner: Tao Su (XTBG, Yunnan, China), Torsten Wappler (Hessisches Landesmuseum Darmstadt, Deutschland)

Schlüsselpublikationen:

Kunzmann, L., Moraweck, K., Müller, C., Schröder, I., Wappler, T., Grein, M., Roth-Nebelsick, A. (2019): A Paleogene leaf flora (Profen, Sachsen-Anhalt, Germany) and its potentials for palaeoecological and palaeoclimate reconstructions. Flora 254: 71–87. [doi.org/10.1016/j.flora.2018.11.005]

Internationales Kooperationsprojekt: Towards an Integrated Analysis of the Early Cretaceous Crato Fossil Lagerstätte (Ceará, Brazil)

Basierend auf einem, 2016 unterzeichneten Memorandum of Understanding zwischen der Universidade Federal do Ceará, Fortaleza und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung umfasst die bilaterale Kooperation neben gemeinsamen Forschungsprojekten auch die gegenseitige Ausbildung von Nachwuchswissenschaftler*innen und Studierenden sowie Transfer von Wissen über Sammlungsmanagement und Ausstellungsbetrieb. Das Projekt zur Crato-Fossillagerstätte verfolgt die Rekonstruktion von Paläovegetation, Paläoklima und Paläoumweltbedingungen in einem 115 Mio. Jahre alten Fenster in die Erdgeschichte, speziell in die höhere Unterkreidezeit am Äquator in Nordgondwana. Unter heißen und semiariden Klimabedingungen wuchs eine fremdartige Vegetation aus frühen Blütenpflanzen, diversen Gnetophyten und ausgestorbenen Gymnospermen. Die Pflanzenfossilien sind teilweise komplett und dreidimensional erhalten; zelluläre Gewebe sind in eisenoxydische Minerale umgewandelt, aber strukturell intakt. 

Laufzeit: 2019 – 2020; Finanzierung: DAAD (Deutschland) und CAPES (Brasilien)

Projektgruppe: Lutz Kunzmann (Sektion Paläobotanik Dresden), Daniel Rodriguez do Nascimento Jr. Und Wellington Ferreira da Silva Filho (UFC Fortaleza, Brazil), Roberto Iannuzzi (UFRGS, Porto Alegre, Brazil), Dieter Uhl (Sektion Paläoklima und Paläoumwelt, Frankfurt/M.)

Schlüsselpublikationen:

Seyfullah, L. J., Roberts, E. A., Schmidt, A. R., Ragazzi, E., Anderson, K. B., do Nascimento Jr., D. R., da Silva Filho, W. F., Kunzmann, L. (in press). Revealing the diversity of amber source plants from the Early Cretaceous Crato Formation, Brazil. – BMC Evol. Biol. https://doi.org/10.1186/s12862-020-01651-2

Abgeschlossenes Projekt: Ökophysiologische Signale fossiler Pflanzen als Indikatoren klimatischer und atmosphärischer Veränderungen während des Paläogens

Während des Paläogens, einer 66–23 Millionen Jahre zurückliegenden Periode der Erdgeschichte, kam es zu tiefgreifenden Umwälzungen des globalen Klimas. Auf ein an hohen atmosphärischen CO2-Gehalt gekoppeltes extremes Treibhausklima ohne jegliche polare Vereisung folgte eine mehr oder weniger kontinuierliche Phase der globalen Abkühlung, verbunden mit stetig sinkendem CO2-Gehalt. Da pflanzliche Blätter als Organe der Photosynthese Umweltbedingungen in besonders intensiver Weise ausgesetzt sind, sollten blattmorphologische Merkmale, die in Zusammenhang mit ökophysiologischen Parametern stehen, diese Entwicklung widerspiegeln. Ziel dieses Projektes war es, anhand von Sammlungsmaterial fossiler Blätter entsprechende Änderungen blattmorphologischer Merkmale aufzufinden, statistisch nachzuweisen und zu dokumentieren. Die Projektergebnisse tragen somit zum besseren Verständnis der Auswirkungen von Klimaveränderungen auf die Vegetation in der Erdgeschichte beitragen.

Laufzeit: 2013 – 2017; Finanzierung:  http://www.volkswagenstiftung.de

Schlüsselpublikationen:

Roth-Nebelsick, A., Grein, M., Traiser, C., Moraweck, K., Kunzmann, L., Kovar-Eder, J., Kvaček, J., Stiller, S., Neinhuis, C. (2017): Functional leaf traits and leaf economics in the Paleogene — A case study for Central Europe. – Palaeogeogr., Palaeoclimat., Palaeoecol. 472: 1-14.

Moraweck, K., Grein, M., Konrad, W., Kovar-Eder, J., Kvaček, J., Neinhuis, C., Roth-Nebelsick, A., Traiser, C., Kunzmann, L. (2019): Leaf traits of long-ranging Paleogene species and their relationship with depositional facies, climate and atmospheric CO2 level. Palaeontographica B 298 (4-6): 93-172. [doi.org/10.1127/palb/2019/0062]

Forschungsschwerpunkt: Evolution und Diversität von Koniferen in der Erdgeschichte

Auf Grund ihrer taxonomischen Expertise zu fossilen Koniferen kooperiert die Sektion mit anderen Arbeitsgruppen bei der Untersuchung zur Diversität und Paläoökologie von Koniferen. Schwerpunkte liegen dabei im Paläogen Europas, z. B. in der Inklusenflora des eozänen baltischen Bernsteins. Hier kooperieren wir mit der AGs Alexander Schmidt (Georg-August-Universität Göttingen), Eva-Maria Sadowski (Museum für Naturkunde Berlin) und Leyla Seyfullah (Geozentrum Universität Wien).

Schlüsselpublikationen:

Sadowski, E.-M., Schmidt, A. R., Seyfullah1, L. J., Kunzmann, L. (2017). Conifers of the ‘Baltic amber forest’ and their palaeoecological significance. – Stapfia 106: 1-73.

Noll, R., Kunzmann, L. (2020). Diversity in fossil Araucaria Juss.: new species from the Middle Jurassic Jaramillo Petrified Forests in Santa Cruz province, Argentina. – Palaeontographica B.

Projektvorhaben: Die Eozäne Bernsteinart Krantzit im Kontext zur Genese von Braunkohlelagerstätten Mitteldeutschlands und Paläoklimaschwankungen

Das Projekt wird die kausalen Zusammenhänge zwischen (1) der Charakteristik des Ablagerungsraumes der Braunkohlen (Küstenmoore), (2) der Entstehung eines mitteleozänen Braunkohlenflöz-komplexes, (3) der Petrologie der Kohlen, (4) der Vegetation inner- und außerhalb der Kohlenmoore und (5) des Paläoklimas aufdecken, um zu erklären, warum es unter den gegebenen Bedingungen zur Ausbildung einer „Lagerstätte“ der seltenen Bernsteinart Krantzit gekommen ist. Dieses Projekt erlaubt erstmalig, eine mitteldeutsche Bernsteinlagerstätte, die weder genetisch noch harzchemisch mit dem Baltischen Bernstein in Verbindung gebracht werden kann, ganzheitlich zu rekonstruieren. Dabei werden historische und moderne Sammlungen von Bernsteinarten und -varietäten, insbesondere von Krantzit, Sammlungen von Pflanzenfossilien und von Braunkohlen in einem neuen Kontext analysiert und in ein geologisches Raum-Zeit-Klima-Modell zur Genese von eozänen Bernsteinarten überführt. Dies wird den wissenschaftlichen Wert dieser Sammlungen und die Sichtbarkeit der sammlungsbezogenen Forschung an den beteiligten Naturkundemuseen deutlich erhöhen. Im Gegensatz zu allen bisher untersuchten eozänen Bernsteinvorkommen ist am Fundort Profen die einmalige Situation gegeben, dass der „Bernsteinwald“ (Kohlenmoor) und der Ablagerungsort des Bernsteins („Lagerstätte“) in einem flächenhaften Aufschluss für Untersuchungen zugänglich sind.

Projektgruppe: Lutz Kunzmann (Sektion Paläobotanik), Alexander Schmidt (Georg-August-Universität Göttingen), Leyla Seyfullah (Geozentrum Universität Wien), Jochen Rascher (Geomontan GmbH, Freiberg), Claudia Niemz (LAOP, Lauta), Gerda Standke (Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Freiberg/Sa.)