Bodenzoologie

Sektionsübergreifende Projekte

Projekt DiGraSo

Das Projekt „DiGraSo“ untersucht die Ursachen für den Rückgang der Grünlandvielfalt in Schutzgebieten der tschechisch-sächsischen Grenzregion und läuft vom 1. April 2024 bis 31. März 2027. Die Europäische Union fördert das Projekt insgesamt mit 1.079.743 Euro, SGN erhält davon 244.414,33 Euro. Beteiligt sind die Technische Universität Liberec als Lead Partner sowie die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, die Tschechische Agraruniversität Prag und die Technische Universität Dresden.

Wiesen und Weiden zählen zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas, doch ihre Vielfalt nimmt trotz Naturschutzbemühungen ab. Die bisherigen Managementmethoden reichen offenbar nicht aus, um negative Einflüsse von Mensch und Klimawandel auf die Biodiversität zu verhindern. Welche Faktoren den Artenverlust im Grünland verursachen und wie man dem entgegenwirken kann, ist bisher unklar. Während Vegetation und Nährstoffverfügbarkeit untersucht wurden, gibt es nur wenig Wissen über den Einfluss der Bodenkomponenten auf die Pflanzendiversität.

Im DiGraSo-Projekt erfasst ein tschechisch-sächsisches Forschungsteam die über- und unterirdische Biodiversität in gemanagten Schutzgebieten mit artenreichem und artenarmem Grünland im deutsch-tschechischem Grenzgebiet. Ziel ist es, Schlüsselfaktoren zu identifizieren, die die Artenvielfalt auf diesen Flächen beeinflussen. Dazu werden 36 Flächen, jeweils 18 in Tschechien und Sachsen, untersucht. Auf jeder der 36 Flächen wird ein Bereich mit artenreicher Vegetation mit einem Bereich mit artenarmer Vegetation verglichen.

Es werden Pflanzen- und Bodenparameter erfasst, darunter die Pflanzenbedeckung, der Trockenmasseertrag, bodenphysikalische und bodenchemische Parameter sowie die Bodenfauna (Regenwürmer, Hornmilben und Fadenwürmer) und -flora. Ziel ist es, durch die Analyse der Wechselwirkungen zwischen diesen Parametern sowie der Wetter- und Klimabedingungen geeignete, standortspezifische Bewirtschaftungsmethoden zu empfehlen.

Projekt INPEDIV

Integrative Analyse des Einflusses von Pestiziden und Landnutzung auf die Biodiversität in Deutschland

Im von der Leibniz-„Kooperative Exzellenz“ geförderten Projekt INPEDIV untersuchen wir die Folgen der ökologischen und konventionellen Landwirtschaft auf die Biodiversität in deutschen Schutzgebieten. INPEDIV ist ein interdisziplinäres Gemeinschaftsprojekt von sieben Partnerinstituten unter der Leitung des Zoologischen Forschungsmuseums Alexander Koenig in Bonn und wird im Rahmen des Leibniz-Wettbewerbs seit Anfang 2019 bis Ende 2023 gefördert. Unter Verwendung etablierter Methoden und neuer Technologien untersuchen wir gemeinsam die Auswirkungen der landwirtschaftlichen Bodennutzung mit besonderem Schwerpunkt auf die Wirkung von Pestiziden auf eine Vielzahl von Pflanzen- und Tiergruppen. Die Untersuchungsflächen befinden sich im Rheinland und in Brandenburg.

Im Hinblick auf diese Ziele untersuchen die Bodenzoolog*innen von Senckenberg Görlitz die relative Bedeutung lokaler und landschaftlicher Faktoren für die Diversität und Abundanz von Bodentieren und die bodenbiologische Aktivität. Der Schwerpunkt auf Artniveau liegt dabei auf den Hornmilben (Oribatida), Fadenwürmern (Nematoda) und Regenwürmern (Lumbricidae). Wir untersuchen, wie sich ihre Muster entlang eines Gradienten der Pestizidbelastung, des Bodennährstoffgehalts und der Bewirtschaftungsintensität verändern – vom Ackerland in die angrenzenden Schutzgebiete.

In enger Zusammenarbeit mit Kolleg*innen vom ZALF und der Universität Bonn untersucht die Görlitzer Abteilung Botanik Veränderungen in der Zusammensetzung von Pflanzengemeinschaften von Ackerflächen zu Trockenrasen mit Schwerpunkt auf der Übergangszone. Wir messen außerdem Unterschiede in den Bodennährstoffbedingungen und kartieren Unterschiede in der Landschaftsstruktur mithilfe von GIS-basierten Analysen von Drohnenbildern.

Projekt BonaRes ‑ Boden als nachhaltige Ressource für die Bioökonomie

Mit dem BonaRes – Zentrum für Bodenforschung entstand innerhalb der BMBF-geförderten Forschungsinitiative bonares.de  ein neues Wissenszentrum für Bodenfunktionen und Services in Deutschland. Das Zentrum ist ein kooperatives Vorhaben des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung – UFZ, des Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF), des Senckenberg Museums für Naturkunde Görlitz (SMNG), der TU München, der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Ziel ist es, die Wirkung der Landnutzung auf Bodenfunktionen zu erforschen und Strategien für eine nachhaltige Nutzung und Bewirtschaftung von Böden zu erarbeiten. Dazu wird ein Boden-Informationssystem etabliert, das die Expertise von Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Bereichen (u.a. Bodenkunde, Mikrobiologie, Bodenzoologie) bündelt. Das SMNG ist in diesem Vorhaben vor allem für bodenzoologische Aspekte und die Vernetzung mit Edaphobase zuständig.

Böden sind ein komplexes System, in dem viele Faktoren und Prozesse zusammen ein kompliziertes Wirkungsgefüge ergeben. Das Ergebnis der vielfältigen physikalischen, chemischen und biologischen Interaktionen sind Bodenfunktionen und ökosystemare Dienstleistungen wie z.B. Nährstoffrecycling, Wasserfilterung oder Entwicklung und Stabilisierung der Bodenstruktur. Letztendlich hängt von diesen Prozessen die landwirtschaftliche Primärproduktion ab. Um Erträge langfristig zu sichern oder zu steigern, ist ein umfassendes Verstehen des Bodensystems somit essentiell.

Hierzu arbeitet das SMNG an der Identifikation und Quantifizierung von bodenfaunistischen Treibern von Bodenfunktionen, der Entwicklung von Indikatoren zur Beurteilung dieser Funktionen, der Analyse des Einflusses landwirtschaftlicher Bewirtschaftungsmaßnahmen auf die Bodenfauna sowie der Bereitstellung von biologischen Parametern für Modellierungen innerhalb des BonaRes-Vorhabens.

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Projektträger Jülich (PtJ), unter FKZ 031B0511D finanziert.

Edaphobase – eine online-Datenbank für die biologische Vielfalt im Boden

Edaphobase ist eine nicht-kommerzielle Dateninfrastruktur, die vom Senckenbergmuseum für Naturkunde Görlitz entwickelt und gehostet wird und Daten aus heterogenen Quellen zu Bodentieren, ihrer Verbreitung und den Habitatparametern ihrer Vorkommensorte zusammenführt und der Öffentlichkeit im Open Access zur Verfügung stellt. Edaphobase lebt von der Unterstützung zahlreicher Bodenzoolog*innen, die ihre Daten in der Datenbank hochladen und damit für weiter umfassende Analysen und Erkenntnisse verfügbar machen. Die Datenbank fokussiert sich derzeit auf europaweite Daten zur Boden-Biodiversität, enthält aber auch Daten aus der ganzen Welt.

Edaphobase enthält derzeit Daten zu Nematoda, Collembola, Oribatida, Gamasina, Chilopoda, Diplopoda, Isopoda, Enchytraeidae und Lumbricidae. Das Datenmodell erlaubt das einfache Hinzufügen zusätzlicher taxonomischer Gruppen, sofern die aktuelle (nomenklatorisch vollständige) Taxonomie und Systematik der Gruppe zur Verfügung steht. Edaphobase kombiniert Daten über die Taxonomie, Zoogeographie und Ökologie dieser Organismen in umfassender Weise

Die Daten in Edaphobase stammen aus der wissenschaftlichen Literatur, unveröffentlichten Ergebnissen von Feldstudien (Dissertationen, Berichte), Sammlungen von Museen und Forschungseinrichtungen sowie Rohdaten aus Forschungsstudien und fundierten Beobachtungen. Die Datentypen umfassen moderne taxonomische Nomenklaturen und Synonyme, geographische Referenzen, Quantitäten der gesammelten Organismen, Bodenparameter, Vegetation, meteorologische Daten, Probenahme- und Extraktionsmethoden, Identifikationsmethoden, Präparationstechniken und Verhaltensdaten. Insgesamt können Daten in (derzeit) ca. 620 verfügbare Datenfelder der oben genannten Kategorien eingegeben werden.

Edaphobase ist auf die gemeinsame Wiederverwendung von Daten und die Bereitstellung von Daten und Online-Analysewerkzeug ausgerichtet. Edaphobase folgt den FAIR-Prinzipien und kann DOIs für eingereichte Datensätze anbieten. Metadaten werden vom Datengeber definiert (einschließlich obligatorischer und empfohlener Felder; in Übereinstimmung mit z.B. DataCite- und INSPIRE-Standards), ebenso alle Datenfelder in der Datenbank (einschließlich ihrer Formate, Einheiten etc.).

Edaphobase ist über ein webbasiertes Portal öffentlich zugänglich (Open Access). Alle Daten (sofern sie nicht anonymisiert sind oder sich in einer Embargo-Periode befinden) können über mehrere Filter abgefragt und zusammengestellt und von registrierten Benutzern heruntergeladen werden. Einfache Abfragen sind ebenso möglich wie anspruchsvollere Analysen verschiedener Datengruppen. Spezifische Anwendungen sind z.B. die Kartierung der Verbreitung von Taxa, die Ermittlung artspezifischer Habitatpräferenzen (ökologischer Nischenraum) oder Umweltkorrelationen mit Populationsdichten.

Edaphobase ist ein Datenlieferant für die Global Biodiversity Information Facility (GBIF).

European Soil-Biology Data Warehouse for Soil Protection

 

The Section Mesofauna currently chairs the EU COST Action “EUdaphobase”, a European consortium of presently more than 80 participants from 30 countries, including the European Commission as well as European agencies.

At least 18 EU directives presently address the protection of soil, soil ecosystem services and/or soil biodiversity. Furthermore, many soil functions leading to ecosystem services are biotically driven. Soil protection thus requires coordinated efforts for the evaluation of soil biota throughout Europe. Without proper baseline data and reliable tools for soil-state assessment, it is currently difficult to efficiently address such goals. European authorities and stakeholders therefore urgently need reliable tools for monitoring and evaluating the biotic condition of soils within policy assessment. Procedures for assessing soil biodiversity as well as establishing baselines and current states must be based on existing data and knowledge, preferably accumulated from national or local databanks.

The EUdaphobase Action is expanding the Edaphobase soil-biodiversity data platform, creating the structures and procedures necessary for developing an open-access Europe-wide data infrastructure for soil invertebrate, fungi, bacteria and archaea. The goal is to establish a pan-European data and knowledge warehouse for understanding, protecting and sustainably managing soil biodiversity and its functions. A focal approach is to combine available soil biota’s distributional & trait data with environmental metadata to gain insight into functional relationships in soils. The activities follow an information flow from data providers to users of assessment tools. The data warehouse will host and allow open sharing of data. The consortium is developing standardized terminologies, data quality-control protocols and ecological traits used as proxies for soil ecosystem services (ESS). The Action will curate, harmonize, quality check and standardize existing data according to protocols agreed upon during the Action. To operationalize assessments of the state of soil concerning biodiversity and ESS, specific analytical tools will be developed that recognize and visualize (i.e. on maps) functional biological characteristics of soils related to type, use and management practices as well as determine and delineate ecosystem services, baselines, relationships and set the basis for forecasting changes.

The Action is financed by the Horizon 2020 Program of the EU under the Action number CA18237.

 

Projekt Hühnerwasser

Primärsukzession

Zusammen mit der BTU Cottbus werden seit 2005 die räumlichen und zeitlichen Kolonisationsdynamiken von Bodentieren in einem 6-ha großen künstlich hergestellten initialen Ökosystem untersucht. Bis 2009 erfolgten die Untersuchungen im Rahmen des DFG-Sonderforschungsbereichs Transregio 38. Bereits wenige Wochen nach ihrer Entstehung waren die neuen Böden mit Nematoden und Mikroarthropoden besiedelt. Die Sektionen Mesofauna, Nematoda, Apterygota, Arachnida und Oribatida untersuchen die zeitliche Abfolge der Besiedlung durch weitere Arten, den Populationsaufbau bereits immigrierter Arten innerhalb der Untersuchungsfläche und somit den räumlich-zeitlichen Gemeinschaftsaufbau während der Primärsukzession. Neben der Abhängigkeit solcher Prozesse von dem gleichzeitig stattfindenden Vegetationsaufbau und der Bodenentwicklung, werden die ökologischen Ansprüche primärbesiedelnder Arten sowie der zeitliche Aufbau der trophischen Ebenen im Bodennahrungsnetz untersucht.

MetaInvert: Metagenomisches Monitoring von Bodentiergemeinschaften

Böden sind Lebensraum für eine ungeheure Vielfalt von Tieren und Mikroorganismen, deren biologische Aktivität die Basis vieler Bodenfunktionen und Ökosystemleistungen ist. Trotz ihrer Bedeutung ist ein umfassendes Monitoring der Bodenfauna bisher nicht möglich, da Methoden fehlen, mit denen die Zusammensetzung der Wirbellosengemeinschaften, ihre Biomasse und ihre Funktionen in großem Maßstab erfasst werden könnten. In MetaInvert entwickeln wir daher die notwendigen genomischen Ressourcen, Labor- und Bioinformatik-Werkzeuge für ein Metagenom-basiertes Monitoring von wirbellosen Bodentiergemeinschaften.

Dafür erstellen wir eine Genomdatenbank für vorerst etwa 300 Arten eines breiten taxonomischen Spektrums wirbelloser Bodentiere: Springschwänze, Hornmilben, Fadenwürmer, Enchyträen, Bärtierchen, Tausendfüßer, Landasseln und mehrere andere Gruppen.

Genauigkeit und Effizienz des metagenomischen Ansatzes werden mit künstlichen zusammengestellten Bodentiergemeinschaften überprüft. Diese künstlichen Gemeinschaften ermöglichen Sensitivitäts- und Spezifizitätsanalysen im Hinblick auf die taxonomische Identifizierung und die Gewinnung von Biomasse-Informationen aus der Anzahl der sequenzierten DNA-Abschnitte.

 

Project VIRMISCO

The Virtual Microscope Slide Collection

Entwicklung von Standards zur fotografischen Dokumentation lichtmikroskopischer Dauerpräparate in prekären Einschlussmedien

Die wissenschaftlich motivierte Digitalisierung wird nicht als neue Technik, sondern als Normalfall verstanden.

DFG-Praxisregeln „Digitalisierung“ 02/2013 gefördert vom DFG: DFG XY 12/6-1

Durch diese Digitalisierung wird der Forschung der schnelle Zugang zu den Objekten ermöglicht und die Originale werden geschont. Die Vernetzung der unterschiedlichsten online verfügbaren Ressourcen schafft eine Forschungs-Infrastruktur, die der Wissenschaft ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Für die Nutzung der digitalen Abbilder der Objekte in der Forschung müssen die Digitalisate unter den gleichen dokumentierten Bedingungen hergestellt worden sein. Das erfordert die Festlegung klarer Standards für die Digitalisierung.

Für transparente und semitransparente dreidimensionale mikroskopische Objekte, wie z.B. Mikroinvertebraten oder mikroskopische Teile von Pilzen, Pflanzen oder anderen Tieren, befindet sich diese Entwicklung von Standards noch im Anfangsstadium. In diesem durch die DFG geförderten Projekt sollen diese Standards und Empfehlungen entwickelt werden.

Wir empfehlen als Standard zur Digitalisierung von dreidimensionalen Objekten in mikroskopischen Dauerpräparaten von Bodentieren: (1) die Herstellung von Bildserien über verschiedene Fokalebenen bzw. von optischen Schnitten (Z-Stapel); (2) die Verwendung eines Mikroskops mit Motorfokus; (3) min. ein Bild mit Maßstabsbalken und Längenmaß; (4) Hellfeldmikroskopie, insbesondere Differentialinterferenzkontrastes (DIC); (5) als Metadaten sollten folgende Daten aufgenommen werden: Hersteller/Person der Aufnahmen, Aufnahmedatum, Hersteller/Typ von Mikroskop, Typ/Hersteller von Kamera.

Die Vorteile von Virmisco:

  • Virtueller Zugang zu Sammlungen
    für taxonomische Studien, wie Typus-Material: Ausleihen werden obsolet und verhindern Beschädigungen oder Verlust, vor allem bei altem oder in schlechten Zustand befindlichen Material.
  • Neue Möglichkeiten von taxonomischen Publikationen: Die Hinterlegung von Bildserien in VIRMISCO als Ergänzung zur Beschreibung führt zu einer objektiveren und nachvollziehbareren Dokumentation der untersuchten Objekte.
  • Lehre und taxonomische Ausbildung, da es eine virtuelle Referenz-Sammlung darstellt.

Virmisco  enthält mehr als 4.700 Bildserien von ca. 172 Arten und über 354 Typen aus Sammlungsmaterial des Senckenberg Museums für Naturkunde Görlitz; Acari (Gamasina, Uropodina, Oribatida), Collembola, Myriapoda (Diplopoda, Chilopoda, Pauropoda), Nematoda, Plathelminthes, Tardigrada, Insecta (Diptera).

 

Kontakt:

Dr. Axel Christian,
Tel. +49 3581 476052-01
axel.christian@senckenberg.de

 
Virmisco: www.virmisco.org