Weibchen am Nest, Foto: P. Westrich.

Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut

„Insekt des Jahres“ 2019


Am 06.12.2018 wurde in der Bundesgeschäftstelle des NABU in Berlin das „Insekt des Jahres“ 2019 bekannt gegeben.

Frühjahrsboten an Blüten

Die Rostrote Mauerbiene Osmia bicornis und eine zweite Art, die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta), die ab Mitte März, etwa zwei Wochen vor Osmia bicornis, zu fliegen beginnt, gehören im Frühjahr zu den sicheren Anzeigern der wiedererwachten Natur. Ihr Erscheinen bekundet, dass die andauernden Fröste vorbei sind und Frühjahrsblüher als Pollenspender zuverlässig zur Verfügung stehen. Jetzt können die Mauerbienen mit ihrem Brutgeschäft beginnen: sie bauen ihre Nester und versehen sie fleißig sammelnd mit Pollen und Nektar als Futter für ihre Nachkommenschaft. Natürlich ist das für die betreffenden Blütenpflanzen von gleicher Bedeutung für ihren eigenen Lebenszyklus.

Auffälliges Verhalten in Hausnähe

Unsere Biene fällt nicht nur dem aufmerksamen Naturbeobachter auf. Sie verhält sich insofern merkwürdig, als sie häufig an Gebäuden fliegt, offensichtlich auf der Suche, und dabei gerät sie auch in Innenräume. Das sollte uns nicht verstören, denn als eine Biene – und damit als Sympathieträger – ist sie ja schnell zu erkennen. Und diese ist überhaupt nicht zum Stechen aufgelegt. Durch ihren langflorigen bunten Pelz wirkt sie wie eine kleine schlanke Hummel. Sie erinnert auch an eine Honigbiene, ist aber kleiner und farbiger. Die Begegnung wäre doch ein guter Anlass, sie in Ruhe weiter zu beobachten. Immerhin hat sich das Tier in unserem Siedlungsbereich eingerichtet, und das nicht nur auf dem Lande. Was findet es in unserem „Habitat“, und wie kann das Wildtier hier leben?

Erkennungsmerkmal: Hörnchen

Es lohnt sich, die Tierchen etwas genauer anzuschauen. Sie sind zwischen 8 und 13 mm lang und auffallend pelzig behaart. Der Kopf trägt dichte schwarze Haare, während der Pelz von Rücken und Brustseiten gelblich hellgrau erscheint. Auffällig ist beim Weibchen die lange rostrote Behaarung der vorderen drei Hinterleibs-Segmente, vor allem jedoch die dichte, glatt anliegende orangerote Bauchbürste, in der der gesammelte Pollen zusammengehalten und transportiert wird. Die hinteren Bauchsegmente sind oben schwarz behaart. Das Männchen ist im Färbungsmuster sehr ähnlich, nur fehlt ihm die Bauchbürste; es ist etwas kleiner, hat aber deutlich längere schlanke Fühler. Schaut man das Weibchen ganz genau an, erkennt man zu beiden Seiten des Kopfschilds spatelartige Hörnchen, die eine Art Körbchen bilden, mit dem bei bestimmten Blüten der Pollen geerntet wird.
Darauf bezieht sich die Artbezeichnung „bicornis“ (lat.: zweihörnig).

Nistweise: Brutzellen in Längsreihen

Mauerbienen gehören zu den einzeln (solitär) lebenden Bienen, den „Einsiedlerbienen“, die im Unterschied zur Honigbiene und den meisten Hummel-Arten (soziale Bienen) kein Gemeinschaftsnest bilden. Als Solitärbienen
obliegen jedem Tier sämtliche Tätigkeiten des Lebensprozesses, wobei die Fürsorge für die Nachkommenschaft im Vordergrund steht. Dabei treffen wir unsere Rostrote Mauerbiene auch am häufigsten an. Es sind die Weibchen, die nach Nistmöglichkeiten suchen. Sie sind hier gar nicht sehr wählerisch, Boden und Wände müssen nur halbwegs beständig, trocken und geschützt sein; die Größe sollte passen, aber die Biene kann sich darin auch mit eigenen Baumaßnahmen einrichten. Unsere Mauerbiene gehört ohnedies zu den flexibelsten Baumeistern, die alle möglichen (und oft erstaunlichen) Requisiten nutzen können. Entsprechend lang ist die Liste von Stellen, an denen man schon Nester der Rostroten Mauerbiene gefunden hat: Hohlräume in Holzbauten, in Strangfalzziegeln, Papierrollen, im Türschloss, sogar in einer Flöte; bei Freunden war die Plastikhülse eines Rollladen-Stoppers belegt. Der menschliche Siedlungsraum bietet offenkundig eine Fülle von Möglichkeiten, die die Biene nutzt. Gern nimmt sie auch hohle Pflanzenstängel (Schilfrohr, Bambus) oder tiefe Bohrlöcher in Holz und Stein an, wie sie von Nisthilfen geboten werden. Sie sollten einen Innendurchmesser von 5 bis 7 mm haben. Sind sie größer, kann die Biene mit selbst zubereitetem Mörtel aus Erde oder Lehm gestalten. In solchen Brutröhren legt sie serielle
Linienbauten an, d.h. die Brutzellen sind hintereinander angeordnet, bis zu 20 Zellen in einer Reihe. Zwischen die Zellen werden Trennwände aus Mörtel eingezogen, ganz vorn verschließt ein fester Deckel von 3 bis 12 mm Stärke die Anlage. Natürlich schlüpfen die Tiere aus den zuletzt angelegten Zellen zuerst. Hungrige Meisen versuchen den Verschluss aufzuhacken, aber zwischen der letzten Brutzelle und dem Verschluss belässt die Biene noch eine Leerzelle, und die Meise mit ihrem kurzen Schnabel hat das Nachsehen.

 

Unterstützer des Insekt des Jahres 2018

Wir möchten uns an dieser Stelle unseren Unterstützern danken, die die Herausgabe des Flyers und des Plakats zum Insekt des Jahes 2018 ermöglicht haben.
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