Waxweiler Gelände

Palynologie und Mikrovertebrata des Paläozoikums: Forschung


Die Forschungen in der Sektion stehen zu einem großen Teil in Zusammenhang mit der in der Abteilung Paläontologie und Historische Geologie angesiedelten Paläzoikumsforschung, wobei hier die Devonforschung in dem übergeordneten Senckenbergischen Forschungsfeldes RF IV, „Biodiversität und Erdsystem-Dynamik“ und dort im Forschungsgebiet 4.1 „Evolving Earth and Environment“ (EEE) den Schwerpunkt bildet. 

In diesem Kontext steht auch das maßgeblich von unserer Devon-Arbeitsgruppe initiierte International Geoscience Programme (IGCP 499) “Devonian land-sea interaction: Evolution of Ecosystems and Climate” (DEVEC) mit dem bilateralen Türkisch-Deutschen Teilprojekt DEVEC-TR „Comparison of Laurasia-Gondwana coastal sequences und dessen Nachfolgeprojekt Devonian Cycles and Global Events in the Northern Gondwanan Taurides’ (DECENT). Eine Vielzahl der laufenden Forschungen ist eingebunden in interdisziplinäre Projekte und wird in Kooperation mit Kollegen aus dem In- und Ausland durchgeführt. Eine Auswahl der entsprechenden Projekte wird im Folgenden kurz dargestellt.

Rheinisches Schiefergebirge und Eifel

Zu der seit langer Zeit am Forschungsgebiet Senckenberg betriebenen internationalen Devon-Forschung gehören auch die in Deutschland beheimateten klassischen Gebiete des Rheinischen Schiefergebirges und der Eifel.

Die aktuellen Forschungen beziehen sich dabei insbesondere auf die siliziklastischen Sequenzen des Unterdevons im Mittleren Rheintal, der Mosel und dem Lahntal sowie im Gebiet der südlichen Eifeler Kalkmulden. Die hier durchgeführten palynologischen Untersuchungen liefern wichtige Daten zur Stratigraphie und des Paläoenvironments. So sind Häufigkeit und Verteilung der terrestrischen zu marinen Palynomorphen entscheidende Indikatoren zur Charakterisierung der sehr sensiblen aber im Untersuchungsgebiet besonders gut ausgebildeten Land-Meer-Übergangssysteme. In diesem Zusammenhang steht auch ein spezielles Projekt an der Schnittstelle Palynologie/Paläobotanik, das die Beziehung frühe Landpflanzen und Sporenvorkommen in ihrem Lebensraum im Unterdevon (wenn möglich an in-situ-Material, Sporangien) und der frühen Bodenbildung untersucht. 

Die Forschungen erfolgen in Zusammenarbeit mit Dr. Schultka, HU Berlin, den Kollegen des Senckenberg Forschungsinstitutes in Frankfurt und Wilhelmshaven (Aktuopaläontologie) und schließen auch den Fossil/Rezent-Vergleich mit ein.

In jüngerer Zeit stehen neben den silziklastischen Sequenzen auch wieder verstärkt die karbonatischen Abfolgen des Mitteldevons im Fokus. Im Rahmen eines deutsch-amerikanischen Kooperationsprojektes werden hier umfangreiche, interdisziplinäre Studien zur Paläoökologie, Sequenz- und Zyklostratigraphie sowie der Palynofazies durchgeführt. Beteiligte sind die Kollegen der Devon-Forschergruppe in Frankfurt  der Univ. Göttingen (Prof. Dr. W. Riegel), der Univ. Cincinnati, Ohio (Prof. C. Brett) und des Geologischen Dienstes des NRW in Krefeld (C. Hartkopf-Fröder).

Äthiopien

Aus dem nördlichen Äthiopien (Mekelle-Becken) werden in einem Kooperationsprojekt mit der TU Berlin und der Universität Lüttich Aufschlüsse aus dem Grenzbereich Ordovizium/Silur palynologisch und sedimentologisch untersucht. Mit Hilfe der Palynologie (Biostratigraphie) konnte erstmals festgestellt werden, dass die glaziogenen Sedimentabfolgen der Post-Hirnantia-Vereisung zu zurechnen sind. Geprüft wird, ob die zwischengeschalteten dunklen Ton/Siltsteine transgressiv sind und damit möglicherweise ein Äquivalent der „hot shales“ aus Sedimentbecken in Teilen Nordafrikas darstellen. Die Oberflächensedimente haben außergewöhnlich gut erhaltene Palynomorphen (z.B. Cryptosporen) geliefert, die auf ein vorwiegend terrestrisch beeinflusstes Environment hinweisen

Kooperationpartner

Dr. Robert Bussert, Technische Universität Berlin, Institut für Angewandte Geowissenschaften; Dr. Phillipe Steemans, University of Liège, Paleobotany, Paleopalynology and Micropaleontology, Liège, Belgium UCL Liège.

Türkei, DEVEC-TR, DECENT

Im Rahmen des Projektes “Devonian Ecosystem and Climate of Turkey“, DEVEC-TR (Teilprojekt des  IGCP 499 ) wurden in den Tauriden und Pontiden (Türkei) umfangreiche geologische und paläontologische Untersuchungen teils wenig bekannter Devon-Sequenzen durchgeführt. Im laufenden Nachfolgeprojekt „Devonian Cycles and Global Events in the Northern Gondwanan Taurides“, DECENT konzentrieren sich die Untersuchungen nun auf die Korrelation stratigraphisch etablierter Profile vom oberen Silur bis in das untere Karbon hinsichtlich Paläoökosystem- und geologischer Prozessforschung. Die Projekte erfolgen in Kooperation mit Prof. Dr. N. Yalcin (Univ. Istanbul) und weiteren Institutionen und Kollegen in der Türkei und unserer Arbeitsgruppe am Senckenberg Forschungsinstitut.

Böhmen, Tschechische Republik

Geochemische, sedimentologische und palynologische Untersuchungen an der Silur/Devon-Grenze wurden an dem entsprechenden Stratotypen Klonk (Böhmen, Tschechische Republik) sowie in der Südost Türkei (Abbildung) umfangreiche palynostratigraphische und palynofazielle Forschungen durchgeführt. Mithilfe der Palynologie konnten an den in diesen Gebieten abgeteuften Bohrungen eindeutige stratigraphische Zuordnungen erfolgen. Diese Forschungen wurden initial im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms SPP 99 aufgegriffen.

Ein weiteres Projekt befasst sich mit Fragestellungen zu Nahrungsketten im Paläozoikum, insbesondere zu Interaktionen von Primärproduzenten und ihrer möglichen Konsumenten. Das Devon mit seinen Events bietet in Böhmen besonders erfolgversprechende Voraussetzungen. So werden zur Zeit an der Typuslokalität des Chotec-Events detaillierte palynologische und paläontologische Untersuchungen in Kooperation mit tschechischen Kollegen durchgeführt.

In einem Projekt zur stratigraphischen Gliederung im Unterdevon, speziell zur Untergliederung und überregionalen Korrelation des Emsium, werden in Zusammenarbeit mit der Karls-Universität in Prag (Dr. O. Fatka) die dortigen rein marinen Sequenzen untersucht. Die Palynologie liefert hierbei wichtige stratigraphische und fazielle Daten für die im Rahmen der internationalen stratigraphischen Devon-Kommission (SDS) statt findenden Devon-Korrelation.

 

Palynologie und organische Geochemie

Einen weiteren Schwerpunkt in der Sektion bilden kombinierte organisch-geochemische Untersuchungen an spezifischen Palynomorphen-Gruppen. Ausgehend von außergewöhnlich gut erhaltenem Material bei gleichzeitig niedriger thermischer Überprägung des organischen Bestandteils werden z. B. aus der SE-Türkei Chitinozoen, Prasinophyten und Scolecodonten isoliert, die sich als geeignet für diese Untersuchungen herausgestellt haben. Es handelt sich dabei in erster Linie um Pyrolse-Verfahren (z.B. Cupy-GC-MS) und Spektroskopie-Messungen (micro-FTIR) an spezifischen Palynomorphengruppen. Die dafür notwendigen Techniken und Methoden zur Isolierung einzelner Palynomorphen wurden in unserem Labor entwickelt bzw. verbessert.

Ägypten

Palynologie und Organische Geochemie miozäner Ablagerungen: Paläoumwelt und paläoklimatische Interpretationen im Golf von Suez, Ägypten.

Die Sedimentabfolgen aus dem Miozän am Golf von Suez, Ägypten sind teilweise gut durch kalkige Nannofossilien und Foraminiferen stratigraphisch bearbeitet, es gibt jedoch weiterhin einen hohen Bedarf an hochauflösender Biostratigraphie, insbesondere für die Erdöl/Reservoir-Geologie – und dies erfordert neue Forschungsansätze.

Die Palynologie ist ein bisher nur wenig angewandter Forschungsansatz am Golf von Suez. Aber genau diese Methodik bietet die Möglichkeit wichtige Fragen zur Beckenentwicklung, Ablagerungsgeschichte und Sequenzanalyse im Miozän zu lösen, letztendlich um die regionale Geologie am Golf von Suez besser beurteilen zu können. Untersuchungsmethoden, wie z.B. Vitrinitreflexion und Sporen/Pollen-Farbindex, sollen helfen, die Genese der Erdölmuttergesteine und die thermische Reife der Sedimente in dieser Region zu bewerten. Die Ergebnisse dieser Arbeit, eine Kombination von Palynofazies, Palynostratigraphie sowie organischer Geochemie und organischer Petrologie, sind auch wirtschaftlich von immenser Bedeutung für die untersuchte Region.

Dieses Forschungprojek wird vom Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) als Promotionsstipendium (Haytham El Atfy; DAAD – A/10/92695) finanziert.

Palynologische Studien im Paläozoikum

Das Paläozoikum und insbesondere das Devon von Ägypten sind bisher nur sehr wenig palynologisch untersucht. Lediglich aus Bohrungen im Westen Ägyptens (Western Desert) sind vereinzelt Daten, meist unveröffentlicht, bekannt. Es ist daher zwingend erforderlich, entsprechende Untersuchungen zur Altersbestimmung und Paläoökologie der paläozoischen Sedimentabfolgen in diesem Gebiet durchzuführen. In Kooperation mit Dr. Atef Hosny (Al-Azhar-Universität, Ägypten) wurde in einem von der DFG geförderten Pilotprojekt Probenmaterial aus Erdölbohrungen aus dem Western Desert Gebiet untersucht. Weiterführende Forschungen sollen nun in einem größeren Rahmen, neben Ägypten auch andere Gebiete am Nordrand von Gondwana betreffend, durchgeführt werden.