Coleoptera

Forschung

Die Forschung der Sektion ist einem breiten Spektrum entomologischer Themen gewidmet. Die vergleichende und funktionelle Morphologie von Exoskelett und Muskulatur der Insekten steht im Vordergrund; weitere Projekte befassen sich mit der Phylogenetik, Taxonomie, Paläontologie und Faunistik verschiedener Insektengruppen; und auch Projekte zur Bionik sind vertreten.

Die Morphologie des Postabdomens und der männlichen und weiblichen Genitalorgane ist seit langem das zentrale Forschungsthema der Sektion. Laufende Projekte behandeln die weibliche Genitalregion der Mantodea (Gottesanbeterinnen), Phasmatodea (Stabschrecken), Orthoptera (Heuschrecken i.w.S.) und Odonata (Libellen, v.a. Aeshnidae) sowie die männliche Genitalregion der Zygentoma (Fischchen) und Odonata (im Rahmen von Master- und Doktorarbeiten und einer Kooperation mit der Universität Kiew). Ziel dieser Arbeiten ist es, für die hochkomplexen und sehr diversen postabdominalen und v.a. genitalen Strukturen die Homologiebeziehungen über die verschiedenen Insektenordnungen hinweg zu klären, den Grundplan und die Evolution bei den Insekten zu rekonstruieren und die Funktionalitäten der vielen Strukturelemente zu eruieren. Auch die unterschiedliche Evolution homonomer Strukturelemente in den beiden Geschlechtern und die bei verschiedenen Insekten sehr unterschiedliche Verteilung pädomorpher Tendenzen (mit vielfacher Parallelevolution) sind hier wichtige Aspekte. Dadurch wird eine verbesserte Basis geschaffen für die Analyse genitaler Interaktion zwischen den Geschlechtern, diesbezüglicher wechselseitiger Anpassungen und der Rolle dieser Prozesse in der Artbildung. Dies führt letztlich zu einem verbesserten Verständnis der Genitalmorphologie bei Insekten, die von zentraler Bedeutung für die Fortpflanzungsbiologie und in der Systematik ist.

Die Dictyoptera (die Schaben-Termiten-Gottesanbeterinnen-Gruppe) sind eines der zentralen Taxa in unserer Forschung. Neben den Genitalstrukturen untersuchen wir verschiedene Teilabschnitte der Beine und der Mundwerkzeuge vergleichend bei den einzelnen Untergruppen. In Zusammmenarbeit mit WissenschaftlerInnen der Zoologischen Staatssammlung München und der Universitäten Aarhus und Prag sind eine taxonomische Revision der winzigen myrmekophilen Schaben der Gattung Attaphila und eine molekulargenetische Analyse der artenreichen Schabengruppe Blaberoidea aktuelle Schwerpunkte.

Die Mantophasmatodea (Fersenläufer, „Gladiatoren“) sind ein weiteres Schwerpunkttaxon. In Zusammenarbeit mit WissenschaftlerInnen der Universitäten Greifswald und Köln führen wir Studien zur Morphologie (v.a. Genitalstrukturen) sowie zur Artenvielfalt und Phylogenie der Gruppe durch.

Unsere Forschung zu Coleoptera beinhaltet – in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität Viçosa (Brasilien) – Arbeiten zur Morphologie, Taxonomie und Phylogenie der Ciidae (Schwammkäfer). Schwerpunkte der morphologischen Arbeit liegen derzeit auf der Kopfmorphologie und einer detaillierten Analyse der Oberflächenstrukturen von Pronotum und Elytren (im Rahmen von Doktorarbeiten). Unser Team trägt ferner zur ökofaunistischen Erfassung der Käfer in Ost-Deutschland bei, mit einem Fokus auf wasserlebenden Taxa.

Unsere Forschung im Bereich Bionik zielt darauf ab, Funktionen und Mechanismen des Skelettmuskelsystems der Insekten innovativ in technische Anwendungen einzubringen. Dies wird einerseits konkret in einem Kooperationsprojekt mit IngenieurInnen der TU Dresden verfolgt, bei dem Elemente der Insektenbeine in neu entwickelte textile Verbundmaterialien integriert werden, um z.B. leichtgewichtige Greifsysteme zu entwickeln. Über Lehre an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Dresden werden Studierenden des Bereichs Design Grundlagen der Insektenmorphologie und -mechanik vermittelt, die danach breit in verschiedenste Ausbildungsprojekte einfließen.