Systematik, Verbreitung und Gemeinschaftsstruktur von Harpacticoidengemeinschaften von Seebergen
Seeberge sind unterseeische Erhebungen meist vulkanischen Ursprungs, die sich aus der Tiefsee erheben und mindestens 1.000m Höhe erreichen. Über 100.000 Seeberge sind bisher weltweit in den Ozeanen registriert, die meisten von ihnen im Pazifik.
Seeberge tragen möglicherweise maßgeblich zur Verbreitung mariner Organismen bei, insbesondere von solchen, die an den Meeresboden flacher Meeresregionen (z.B. Schelfgebiete, Randmeere, Küsten) gebunden sind und für die die Tiefsee eigentlich eine Ausbreitungsbarriere darstellt. Für diese Flachwassertiere könnten Seeberge über entsprechende Zeiträume gewissermaßen als „Trittsteine“ („stepping stones“) eine Ausbreitung in den Ozeanen, über die Tiefseebarrieren hinweg dienen. Träfe diese Annahme zu, ließe sich das „Meiofauna-Paradoxon“ erklären, das ist die weite bis weltweite Verbreitung von Flachwasser-Meiofauna-Organismen, die selbst gar nicht in der Lage sind, die riesigen Tiefsee-Regionen zu überwinden.
Andererseits ist es denkbar, dass Seeberge aufgrund besonderer hydro- und topographischer Umstände als isolierte Gebilde regelrechte „Fallen“ („trapping stones“) für die sie besiedelnden Organismen darstellen. Eine Zu- oder Abwanderung von ihren Gipfeln ist dann über lange Zeiträume unmöglich. Dies kann zur Ausbildung einzigartiger Gemeinschaften führen, die durch einen hohen Anteil von endemischen, d.h. nur dort vorkommender Arten gekennzeichnet sind.
In meinen Untersuchungen geht es um die Fragen, woher die auf den Seebergkuppen lebenden Harpacticoida kommen: Sind es bekannte oder unbekannte Arten? Sind sie aus der Tiefe oder aus geographisch benachbarten Flachwasser-Regionen eingewandert, oder sind sie auf den Kuppen selbst evolviert und stammen von Vorfahren ab, die bereits Tausende oder gar Millionen Jahre zuvor einwanderten? Gibt es heute einen regelmäßigen bathymetrischen und/oder geographischen Austausch, oder handelt es sich bei der Kuppenfauna um einzigartige Gemeinschaften? In diesem Zusammenhang werden unbekannte Arten beschrieben und chorologische Vergleiche angestellt, die über Fragen zur Verbreitung der Arten Aufschluss geben.