Die Mitarbeiter der Sektion Herpetologie befassen sich mit der Erforschung der Herpetofauna der Neotropen (Mittel- und Südamerika, Mexiko und Antillen) sowie Südostasiens. Schwerpunktländer sind zur Zeit Thailand, Myanmar, Mexiko, Costa Rica, Panama und Bolivien.
Dabei stehen alpha-taxonomische, zoogeographische und phylogenetische Fragestellungen im Vordergrund, die mit einer integrativen Herangehensweise unter Einbeziehung morphologischer, bioakustischer, molekulargenetischer, zoogeografischer und ökologischer Daten und Methoden bearbeitet werden. Die große und historisch gewachsene herpetologische Sammlung am Standort Frankfurt stellt eine wichtige Basis und Referenz für unsere Forschung dar. Durch eigene Aufsammlungen von Amphibien und Reptilien während aktueller Expeditionen in die Lebensräume unserer Studienobjekte, erfährt die Sammlung steten Zuwachs.
Die Herpetologie hat im Forschungsinstitut und Naturmuseum Senckenberg lange und große Tradition. Persönlichkeiten wie Oskar Böttger (1844-1910) und Robert Mertens (1894-1975) haben von Senckenberg aus jahrzehntelang die internationale Herpetologie geprägt und einen erheblichen Kenntniszuwachs auf diesem Gebiet bewirkt.
Oskar Böttger übernahm 1875 die herpetologische Sektion des Museums. In den 35 Jahren forschender Tätigkeit bei Senckenberg hat Böttger die herpetologische Sammlung aus bescheidenen Anfängen zu einer weltweit beachteten Referenzsammlung geführt. Böttger erhielt das Material für seine Forschung im wesentlichen aus zwei Quellen: seine früheren Schüler und Freunde übersandten Belege aus aller Welt, die sie auf Reisen selbst sammeln oder erwerben konnten, und seine Kollegen an den Museen der Welt, die ihm fehlende Arten schenkten oder im Tausch übergaben. Böttger legte großen Wert auf eine fachgerechte Präparation der Sammlungsobjekte und regte früh an, alkoholkonservierte Belege vor Licht und damit vor dem Ausbleichen zu schützen. Bereits 1881 veröffentlichte er eine Präparationsanleitung für Amphibien und Reptilien. Auch die Dokumentation seiner Sammlungen nahm er sehr ernst. Sein dreibändiger handschriftlicher Katalog mit nummerierten Seiten, der auch 1892 bis 1898 veröffentlich wurde, war in mustergültig klarer Handschrift geführt und bis 1920 weiter benutzt. Von den 230 Arten und Unterarten , die Böttger in der Herpetologie beschrieben hat, sind drei Viertel auch nach heutiger Ansicht valide, von den fast 20 Gattungen, die er in die Wissenschaft neu eingeführt hat, sind fast alle anerkannt. Zu ihnen gehören so geläufige Taxa wie Cophixalus, Oreophryne und Stumpffia unter den Froschlurchen und Blaesodactylus, Ebenavia, Quedenfeldtia und Hemirhageris unter den Reptilien.
Robert Mertens war im Laufe seines 80 Jahre währenden Lebens so vielseitig und produktiv, dass er weit über den deutschsprachigen Raum bekannt wurde. Man kann Mertens mit Recht als Universalgelehrten bezeichnen, da er nicht nur ein allgemeines Interesse an Naturwissenschaften hatte, sondern auch interdisziplinär arbeitete und Bereiche wie Systematik, Zoogeographie, Verhalten und Paläontologie in seine Studien mit einbezog. Mertens arbeitete hauptsächlich über die Tropenfauna und bereiste auch zahlreiche mittel- und südamerikanische Länder wie Mexiko, El Salvador, Costa Rica, Dominikanische Republik, Kolumbien, Venezuela, Trinidad und Tobago, Brasilien, Peru, Ecuador und Galapagos, Bolivien, Paraguay und Argentinien. Insgesamt hat er aus der Neotropis 50 neue Taxa der Herpetofauna beschrieben, von denen heute noch 35 auf Art- bzw. Unterartniveau als gültig anerkannt werden.
Antiquarische Bücher
Böttger, O. (1892): Katalog der Batrachier-Sammlung im Museum der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt am Main. 73 S., broschiert. Frankfurt: Gebrüder Knauer.
Böttger, O. (1893): Katalog der Reptilien-Sammlung im Museum der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt am Main. I. Teil (Rhynchocephalen, Schildkröten, Krokodile, Eidechsen, Chamäleons). 140 S., broschiert. Frankfurt: Gebrüder Knauer.
Böttger, O. (1898): Katalog der Reptilien-Sammlung im Museum der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt am Main. II. Teil (Schlangen). 160 S., broschiert. Frankfurt: Gebrüder Knauer
Mertens, R. (1967): Die herpetologische Sektion des Natur-Museums und Forschungs-Institutes Senckenberg in Frankfurt a. M. nebst einem Verzeichnis ihrer Typen. Senckenbergiana Biologica, 48, Sonderheft A, 1-106.