Biotopkartierung: Kollage Forschung

Biotopkartierung Frankfurt

Forschung

Aktuelle Forschung

Stadtbiotopkartierung in Frankfurt

Seit Gründung der Arbeitsgruppe im Jahr 1985 ist die Biotoptypenkartierung im Stadtgebiet von Frankfurt ein zentraler Bestandteil des Aufgabengebiets. Der erste Kartierdurchgang fand zwischen 1985 und 1990 statt, seitdem wurden regelmäßige Revisionskartierungen durchgeführt, durch die der Datenbestand fortwährend aktualisiert wurde. Mittlerweile läuft der siebte Kartierdurchgang, der im Jahr 2024 begann. Die Stadtbiotopkartierung hat sich somit zu einem bedeutenden Langzeitmonitoring entwickelt.

Ein Kartierdurchgang dauert in der Regel sechs Jahre, wobei verschiedene Bereiche des Stadtgebiets nach einem festgelegten Rhythmus erfasst werden (Abbildung Karte). Die Innenstadt (blau gefärbt) und der Stadtwald (grün gefärbt) werden hierbei nur in jedem zweiten Durchgang bearbeitet.

Zentrales Arbeitswerkzeug ist von Beginn an der Biotoptypenschlüssel, in dem die unterschiedlichen Kartiereinheiten, bestehend aus natürlichen Lebensräumen und Stadtstrukturtypen (z. B. verschiedene Bebauungsformen, Verkehrsflächen), präzise definiert sind. Für die Biotoptypenkartierung wurde von der Arbeitsgruppe ein eigener Kartierschlüssel erarbeitet, der an die Frankfurter Gegebenheiten adaptiert ist und über die Jahrzehnte hinweg mehrfach angepasst und verbessert wurde. Aktuell findet die vierte Fassung des Biotoptypenschlüssels (Bönsel et al. 2007) Anwendung, eine fünfte überarbeitete und ergänzte Version wird derzeit vorbereitet. Die flächendeckende Kartierung des Stadtgebiets erfolgt im Maßstab von 1:2000. Ein Fokus liegt dabei auch auf der Dokumentation gesetzlich geschützter Biotope und Lebensraumtypen des Anhangs I der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie der EU.

Die Ergebnisse der Kartierung werden digitalisiert und liegen als Geodaten vor. Diese sind auf dem Geoportal der Stadt Frankfurt frei verfügbar (im Menü unter Themen -> Fachdaten -> Umwelt -> Biotopkartierung).

Die umfangreiche und langfristige Datengrundlage ermöglicht eine quantitative und räumliche Analyse der Veränderungen der verschiedenen Biotoptypen innerhalb des Stadtgebiets. Hieraus lassen sich auch Rückschlüsse auf die Ursachen des Wandels ziehen, wie etwa Nutzungsintensivierungen oder Auswirkungen des Klimawandels. Somit lassen sich durch die Arbeitsgruppe auch Schutzmaßnahmen und Handlungsempfehlungen erarbeiten, um negativen Entwicklungen entgegenzuwirken.

Flora von Frankfurt

Ein Forschungsschwerpunkt der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ist seit ihrer Gründung die Flora des Rhein-Main-Gebiets und Hessens. Dies wird durch zahlreiche Publikationen sowie umfangreiche Herbarsammlungen und unveröffentlichte Daten im Herbarium Senckenbergianum (FR) dokumentiert. Durch die Stadtbiotopkartierung und Sonderprojekte zur Biodiversitätserfassung liegt eine einzigartige, umfangreiche Datenbasis zum Inventar und zur Verbreitung der Pflanzenarten in Frankfurt vor.

Auf Basis dieser Daten und jahrelanger Geländearbeit wurde eine aktuelle Liste der Farn- und Blütenpflanzen in Frankfurt am Main erstellt, die hier als Download abrufbar ist. Hierzu erschien im September 2008 eine Publikation in der Zeitschrift Senckenbergiana biologica. Die Artenliste wird in regelmäßigen Abständen aktualisiert.

Bitte zitieren Sie die Liste der Frankfurter Flora in Publikationen wie folgt:
Bönsel, D., Ottich, I., Malten, A., Zizka, G. (2008). An updated list of the vascular plants of Frankfurt am Main (Pteridophyta & Spermatophyta). Senckenberg. Biol. 88 (1): 111-121.

Um die Ergebnisse der botanischen Erforschung des Stadtgebiets einem breiten Publikum zugänglich zu machen, ist seit 2009 die Webseite www.flora-frankfurt.de online. Hier werden alle aus Frankfurt nachgewiesenen Arten in kurzen Portraits vorgestellt. Die bekannten Vorkommen der Art werden in Karten mit vielfältigen Darstellungsoptionen wiedergegeben. Eine Besonderheit der Webseite ist, dass sie auch über die Geschichte der Arten in der Region informiert, z. B. über ihre Ausbreitung, frühere Nutzung, Rückgang und Gefährdungsursachen.

Derzeit wird die Website grundlegend überarbeitet und steht voraussichtlich ab Sommer 2025 in neuem Design und erweiterten Darstellungsoptionen zur Verfügung.

Monitoring naturschutzfachlich relevanter Arten und Lebensräume

Einen wichtigen Forschungsbestandteil der Arbeitsgruppe Biotopkartierung stellt das im Jahr 2023 gestartete Monitoring ausgewählter Arten und Lebensräume im Stadtgebiet dar, die aus naturschutzfachlicher Sicht eine hohe Bedeutung besitzen. So werden insgesamt 24 Untersuchungsgebiete bearbeitet, die zentrale Lebensraumtypen in Frankfurt abbilden. Dies umfasst landwirtschaftliche Flächen, neue (kürzlich angelegte) und alte (bereits länger bestehende) Parks, Renaturierungsflächen, Streuobstgebiete, städtische Waldinseln, Waldweiher und sonstige Gewässer (jeweils drei Untersuchungsgebiete für jeden der acht Lebensraumtypen). Auf allen 24 Flächen werden im 3-Jahresturnus folgende Untersuchungen durchgeführt:

  • Revierkartierung aller Brutvögel
  • Erfassung aller Farn- und Samenpflanzen durch Erstellen von vollständigen Florenlisten
  • Monitoring des Heldbockkäfers (in Gebieten mit rezenten Vorkommen der Art)

Ein besonderer Fokus des Monitorings liegt auf den sogenannten Ziel- und Verantwortungsarten des Arten- und Biotopschutzkonzept der Stadt Frankfurt (ABSK). Zielarten im Sinne des ABSK sind schutzbedürftige Arten, die als besonders selten oder gefährdet gelten oder deren besondere Ansprüche an ihren Lebensraum als relevant für andere Artengruppen eingestuft werden. Bei Verantwortungsarten handelt es sich um Arten, für die die Stadt Frankfurt sowie das Land Hessen in hohem Maße eine wichtige Verantwortung für ihren Erhalt tragen und Arten, die entweder hochgefährdet sind oder deren Überleben von stabilen Beständen in städtischen Räumen abhängt.

Die 24 Untersuchungsgebiete werden durch 16 Zusatzgebiete ergänzt, in denen einzelne Artengruppen erfasst werden, für die diese Flächen jeweils eine besondere Wichtigkeit besitzen.

Neben dem Monitoring der naturschutzfachlich relevanten Lebensräume werden auch die Brutbestände ausgewählter Vogelarten im gesamten Stadtgebiet im 3-Jahresrhythmus erfasst. Hierzu zählen Flussregenpfeifer, Drosselrohrsänger, Feldschwirl, Turteltaube, Weißstorch, Rohrweihe und Neuntöter, die allesamt Ziel- oder Verantwortungsarten des ABSK sind.

Das Monitoring der naturschutzfachlich relevanten Arten und Lebensräume soll eine langfristige Analyse des Wandels von Artengemeinschaften und die Veränderungen von Populationen bedrohter Arten in Frankfurt ermöglichen. Hierbei sollen die Einflüsse von Landnutzung, Klimawandel und weiteren Faktoren identifiziert werden. Teilweise können hierbei auch Ergebnisse aus früheren Untersuchungen der Arbeitsgruppe mit einfließen.

Monitoring von Neobiota

Unter Neobiota werden Sippen verstanden, die nach 1492 unter direktem oder indirektem Einfluss des Menschen in ein Gebiet (hier Stadtgebiet Frankfurt) gekommen sind und sich dort selbstständig vermehren. Ausschließlich in Kultur oder Haltung befindliche Sippen zählen nicht dazu. Neobiota kommen in unterschiedlichen systematischen Gruppen vor. Allein bei den Farn- und Samenpflanzen sind mehrere hundert neophytische Sippen aus dem Stadtgebiet Frankfurt bekannt. Neobiota existieren auch in verschiedenen Tiergruppen (z. B. Säugetieren, Reptilien, Insekten) und bei Pilzen.

Die Arbeitsgruppe Biotopkartierung führt in Anknüpfung an das Monitoring naturschutzfachlich relevanter Arten und Lebensräume (siehe oben) auch eine gezielte Erfassung der neu eingewanderten Pflanzen (Neophyten) und Tiere (Neozoen) in den 24 Untersuchungs- und 16 Zusatzgebieten durch. Hierbei werden neu eingewanderte Pflanzen- und Vogelarten punktgenau verortet und ihre Populationsgröße ermittelt. Die Vorkommen der in Ausbreitung befindlichen Neozoen Halsbandsittich und Streifengans werden zudem im gesamten Stadtgebiet erfasst.

Durch eine Wiederholung der Erhebungen im 3-Jahresturnus werden Ausbreitungsmuster und Bestandsentwicklungen der nichtheimischen Arten ermittelt. Hieraus können Gefährdungsabschätzungen für die heimische Flora und Fauna entwickelt und gegebenenfalls der Erfolg von Eindämmungsmaßnahmen invasiver Arten beurteilt werden.

Monitoring von Dauerbeobachtungsflächen

Dauerbeobachtungsflächen dienen in erster Linie der Erhebung von Flora und Vegetation, die auf exakt denselben Flächen über längere Zeiträume hinweg immer wieder neu aufgenommen werden. Dies beinhaltet neben einer vollständigen Florenliste auch die Schätzung der Artmächtigkeit bzw. der Deckungsanteile der einzelnen Pflanzenarten in den verschiedenen Vegetationsschichten. Hieraus lassen sich mittel- und langfristige Veränderungen erkennen und ihre Einflussfaktoren identifizieren.

Die Arbeitsgruppe Biotopkartierung führt seit 2023 ein Monitoring auf über 100 Dauerbeobachtungsflächen im Frankfurter Stadtgebiet durch, welches eine Vielzahl an Pflanzengesellschaften und Lebensräumen abdeckt. Es umfasst Wälder, Grünland, Gewässer, Schotterflächen, Magerrasen und Heideflächen. Für das Monitoring wurden sowohl neue Dauerbeobachtungsflächen angelegt als auch bereits bestehende Flächen miteinbezogen, durch die insbesondere ein Vergleich mit früheren Vegetationsaufnahmen möglich ist. Die Erhebungen finden in der Regel in einem dreijährigen Rhythmus statt.

Erarbeitung von Schutzkonzepten

Das Verfassen von Pflege- und Schutzkonzepten gehört seit Jahrzehnten zum Aufgabengebiet der Arbeitsgruppe. Im Rahmen der 12-jährigen Forschungskooperation mit dem Umweltamt der Stadt Frankfurt sollen vier umfangreiche Schutzkonzepte für Amphibien, Reptilien, den Heldbockkäfer und für den Lebensraumtyp Grünland erarbeitet werden. Ein Fokus liegt hierbei auf der Erstellung eines aktuellen Lagebilds, der Identifizierung der Hauptgefährdungsursachen und der Erarbeitung praxisorientierter Lösungsvorschläge, auch im Hinblick auf die erwartbaren Auswirkungen des Klimawandels und Nutzungsänderungen.