Kurator Philipe Havlik hebt die verschiedenen Ebenen hervor, auf denen sich Besucher*innen mit dem Korallenriff auseinandersetzen können: „Es ist möglich, die Lebensraumdarstellung wie ein großes Wimmelbild zu genießen und die vielen Geschichten zu entdecken, die wir mit unseren Objekten erzählen. Wer mag, kann das Wissen vertiefen und unseren Bestimmungsschlüssel oder Mediaguide zur Hand nehmen und einzelne Objekte identifizieren.“ Die Gestaltung des Raumes geht auf diese verschiedenen Ebenen ein: Bänke laden zum Verweilen ein, ein Beamer projiziert Fakten rund um das Ökosystem an die Decke, an einer interaktiven Station können Besucher*innen testen, was mit einem Riff geschieht, wenn sich die Wassertemperatur erhöht, Mediastationen ermöglichen Begegnungen mit Riff-Akteur*innen. Die Gestaltung des Raumes und die begleitenden digitalen Medien haben Studierende des Studiengangs „Intermediadesign“ von der Hochschule Trier unter der Leitung von Prof. Daniel Gilgen übernommen. „Ein tolles Kooperationsprojekt“ lobt Gilgen die Zusammenarbeit. „Hier haben unsere Studierenden die besondere Gelegenheit erhalten, ihre Ideen mit wissenschaftlicher Begleitung in die Praxis umzusetzen und sie in einer Dauerausstellung des Senckenberg Naturmuseums realisiert zu sehen“, fährt er fort.
Die Zoologische Präparatorin Hildegard Enting hat gemeinsam mit ihrem Team bestehend aus Kay Weber, Anna Frenkel, Sylva Scheer und Ute Raudonat über drei Jahre das Riff erarbeitet, Modelle gebaut, vorhandenes Material koloriert und aufgearbeitet. „Für uns war die enge Zusammenarbeit mit unseren Wissenschaftler*innen sehr wichtig“, erklärt Enting. „Wir haben uns bei den jeweiligen Expert*innen von Senckenberg und vom ZMT über die unterschiedlichen Arten informiert und mit ihnen unsere Modelle kritisch besprochen – zum Teil bis ins kleinste Detail, obwohl wir wissen, dass diese Feinheiten in der Ausstellung später kaum zu sehen sein werden. Wir hatten immer den Anspruch, dass die Objekte realistisch und auch aus Sicht der Forschenden korrekt sind“, erklärt Enting.
Prof. Dr. Angelika Brandt leitet die Abteilung Marine Zoologie bei Senckenberg und verweist darauf, dass 2021 die UN-Dekade für Ozeanforschung begonnen hat. „Das ist ein perfekter Zeitpunkt um nach den Ausstellungen Tiefsee und Meeresforschung nun auch unsere neue Riff-Ausstellung zu eröffnen“, erklärt Brandt. „So können wir das Bewusstsein dafür stärken, dass die Bedrohung der Korallenriffe durch Klimawandel, Versauerung der Ozeane, Überfischung, Habitatzerstörung, invasive Arten und Verschmutzung eine globale Herausforderung darstellt. Es ist die Aufgabe der Meereswissenschaften in Zusammenarbeit mit der Politik, Gesellschaft und Industrie die Transformation z.B. zu einem saubereren und gesundereren Ozean bis 2030 zu leisten.
An der Schnittstelle von Ökosystem und Mensch, von Ökologie und Sozialwissenschaften forscht Dr. Sebastian Ferse vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen. Das ZMT ist Wissenschaftspartner der Ausstellung und hat die Entstehung des neuen Themenraums beratend begleitet. Die Interaktion von Mensch und Korallenriff liegt im Fokus der Ausstellung und durchzieht alle begleitenden Medien. Sebastian Ferse untersucht die Bedrohung der Korallenriffe und erforscht die Möglichkeiten, sie zu restaurieren. Dabei sieht er einen globalen und einen lokalen Handlungsansatz: „Global muss es uns gelingen, die Politik zu einem schnelleren und konsequenteren Handeln in Sachen Klimapolitik zu bewegen“. Vor Ort erforscht Ferse aber auch die Möglichkeiten und Chancen des lokalen Riff-Managements: „Lokale Maßnahmen wie die Einrichtung von Meeresschutzgebieten vor Ort, der Schutz von Lebensräumen wie Seegraswiesen und Mangroven in Nachbarschaft der Riffe, aber auch das Fischereimanagement sind enorm wichtig – sie leisten einen spürbaren Beitrag zur Widerstandsfähigkeit von Korallenriffen“, so Ferse.
„Gemeinsam mit den sieben anderen Museen der Leibniz Gemeinschaft begreifen wir uns zunehmend als Orte des Dialogs, die Impulse setzen für eine gesellschaftliche Transformation“, erläutert Katrin Böhning-Gaese. „Der Senckenberg-Schwerpunkt liegt dabei auf dem Schutz und der Förderung der Biodiversität“, ergänzt sie. „Die Ausstellung Korallenriff leistet einen wichtigen Beitrag zu diesen Prozessen und sie wurde maßgeblich durch den Aktionsplan Leibniz Forschungsmuseen gefördert“, schließt Brigitte Franzen.
Neue Dauerausstellung „Korallenriff“, ab 16. Juli 2021 im Senckenberg Naturmuseum Frankfurt, Senckenberganlage 25, 60325 Frankfurt am Main. Kombitickets: 12 Euro für Erwachsene, 6 Euro für Kinder und Jugendliche (6 bis 15 Jahre) sowie 30 Euro für Familien (2 Erwachsene und bis zu 3 Kinder). Öffnungszeiten: Mo, Di, Do, Fr 9 – 17 Uhr, Mi 9 – 20 Uhr, Sa, So und Feiertage 9 – 18 Uhr.