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Pressemitteilung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK)

Vor der UN-Weltnaturkonferenz COP15: Zehn „Must-Dos“ aus der Biodiversitätsforschung


Bis 2030 sollten 30 Prozent des Landes und der Meere unseres Planeten unter Schutz gestellt werden. Alle zur Schädigung von Natur führenden Subventionen sollten umgelenkt werden. Das sind zwei der Empfehlungen aus den „10 Must-Dos“ des Leibniz-Forschungsnetzwerks Biodiversität. Die Forschenden veröffentlichen ihre Vorschläge aus Anlass der Weltnaturkonferenz COP15 der Vereinten Nationen, die am Mittwoch im kanadischen Montreal beginnt.

„Die Natur bietet die Lebensgrundlagen der Menschheit – diese Lebensgrundlagen müssen wir sichern“, erklärt Kirsten Thonicke vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Sprecherin des Forschungsnetzwerks. „Die Natur nützt uns, aber wir schaden der Natur. Das Artensterben, der Klimawandel, die Schädigung natürlicher Lebensräume – am Ende trifft all das uns selbst. Wenn etwa Wälder schrumpfen, durch Rodung oder zunehmende Dürren, dann mindert das ihre Leistung als Kohlenstoffsenken und für gesunde Wasserkreisläufe. Es geht ums Ganze. Deshalb diese ‚10 Must-Dos‘.“

Die Forschenden stützen sich bei ihren Empfehlungen auf den Stand der Forschung, wie er unter anderem in Berichten der Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) veröffentlicht wurde. Die bevorstehende COP15, Biodiversitäts-Konferenz der Vereinten Nationen, an der unter dem Vorsitz Chinas Vertreterinnen und Vertreter von Regierungen fast aller Staaten weltweit teilnehmen, soll zu einer globalen Rahmenvereinbarung für den Erhalt der Artenvielfalt führen. Das Ergebnis ist offen.

Subventionen umlenken, so dass sie Natur erhalten statt zerstören

„Der Weltnaturgipfel in Montreal entscheidet über das Schicksal der Biodiversität“, sagt Katrin Böhning-Gaese vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum, die bereits selbst an Biodiversitäts-Konferenzen der Vereinten Nationen und des Weltbiodiversitätsrats teilgenommen hat. „Artenvielfalt ist kein Luxus. Sie sichert unsere menschliche Existenz. Biodiversität liefert Nahrung, sauberes Wasser und Medikamente. Sie sorgt dafür, dass Ökosysteme funktionieren. Wir brauchen biologische Vielfalt für unsere Gesundheit, unsere Identität. Damit geht es auf dem Weltnaturgipfel um die Frage, ob wir und unsere Kinder und Enkelkinder in Zukunft gut auf der Erde leben können.“

Dabei geht es konkret auch um Geld. Allein in der Landwirtschaft fließen jährlich rund 540 Milliarden US-Dollar an öffentlichen Subventionen – diese Mittel sollten so eingesetzt werden, dass sie Natur erhalten statt zerstören, heißt es in den „10 Must-Dos“. „Statt umweltschädliche Subventionen zu verteilen sollten die Mittel genutzt werden, um Biodiversität zu erhalten“, so der Ökonom Martin Quaas vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv). „Denn es sollte sich für Landwirtinnen und Landwirte auch wirtschaftlich lohnen, Leistungen der Ökosysteme zu erhalten, die für uns alle wertvoll sind.“

„10 Must-Dos aus der Biodiversitätsforschung“

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Stimmen von weiteren Forschenden, die an den „10 Must-Dos“ mitgewirkt haben

Almut Arneth, Karlsruher Institut für Technologie:
„Biodiversität, die Vielfalt an Genen, Organismen und Ökosystemen ist schlichtweg die Lebensgrundlage, die das Überleben des Menschen sichert. Warum wir Menschen es nicht schaffen, den fortschreitenden Biodiversitätsverlust aufzuhalten und letztlich somit unsere eigene Existenzgrundlage in Frage stellen -wie übrigens auch im Falle des fortschreitenden Klimawandels- ist schleierhaft. Besonders ’sapiens‘ ist es auf jeden Fall nicht.“

Aletta Bonn, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung:
„Natürlich gesund und glücklich! Wir sollten Biodiversität, Klima und Gesundheit zusammendenken, denn unser Wohlbefinden hängt von einer gesunden Natur ab. Wenn wir Natur als unsere Lebensgrundlage und auch als Genussfaktor begreifen, können wir nachhaltige, naturbasierte Lösungen für unsere großen gesellschaftlichen Herausforderungen finden.“

Bettina Matzdorf, Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung:
„Wir brauchen klare umweltpolitische Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft und ein langfristig ausgerichtetes, flexibles Honorierungssystem für Biodiversität und andere Ökosystemleistungen. Wir werden nur gemeinsam mit motivierten Landwirtinnen und Landwirten die vielfältigen Agrarlandschaften entwickeln, die für den Erhalt der Biodiversität notwendig sind.“

Bernhard Misof, Leibniz-Institut zur Analyse des Biodoversitätswandels:
„Biodiversitätsschutz heißt Zukunft sichern. Wir sehen, dass trotz vieler jahrzehntelanger Warnungen wir es nicht geschafft haben, eine Trendwende im globalen Biodiversitätsverlust einzuleiten. Eine Zukunft für nachfolgende Generationen ist daher unsicher. Der unbefriedigende Ausgang des Global Climate Summit in Ägypten ist ein Ausdruck dieser mangelnden Handlungsfähigkeit. Wir als Wissenschaftler sind gefordert, klare und eindeutig anwendbare Bemessungslogiken zum Schutz der Biodiversität vorzuschlagen als Grundlage politischer Entscheidungen und gesellschaftlicher Entwicklungen. Auch die Wissenschaft ist in einer Bringschuld.“

Tonjes Veenstra, Leibniz-Zentrum für Allgemeine Sprachwissenschaften:
„Etwa 5.000 indigene Völker, die noch auf der Erde leben, sind als Jäger, Sammler und Fischer auf eine intakte Natur angewiesen. Mit dem Verlust ihrer Sprachen verlieren wir nicht nur ihr Wissen über die biologische Vielfalt, sondern auch ihr traditionelles ökologisches Wissen, das für die Erhaltung und den Schutz ihres natürlichen Lebensraums von entscheidender Bedeutung ist. Daher ist die Vergabe von Landtiteln an indigene Völker und lokale Gemeinschaften von größter Bedeutung für den Erhalt ihres Wissens über die Umgebung, in der sie leben.“

Wolfgang Wende, Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung:
„Die Renaturierung und die umfangreiche Wiederherstellung von Lebensräumen für mehr biologische Vielfalt ist eine echte Zukunftsaufgabe, aber angesichts des Artensterbens dringend geboten, sagt Prof. Dr. Wolfgang Wende vom Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung.“

Die folgenden Forschungsinstitute und Universitäten zeichnen die „10 Must-Dos“ mit:

Leibniz-Forschungsnetzwerk Biodiversität:

  • Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
  • Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft
  • Deutsches Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung
  • Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen
  • Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien
  • Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie
  • Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels
  • Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenanbau
  • Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei
  • Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung
  • Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde
  • Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung
  • Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie
  • Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung
  • Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft
  • Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung
  • Museum für Naturkunde, Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung
  • Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

Weitere Einrichtungen:

  • Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg
  • Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
  • Eidgenössische Technische Hochschule Zürich
  • Future Earth Global Secretariat Hub Japan
  • German Institute of Development and Sustainability
  • Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
  • Karlsruher Institut für Technologie
  • Universität Rostock
  • Universität Ulm
  • Universität Zürich
  • University of Ottawa
  • University of Queensland