Zurück in die Zukunft: Klimaentwicklung in Zentralasien
Monsunklima kurbelt Vegetationsänderung vor 56 Millionen Jahren an
Forschende des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums haben im Rahmen des Forschungskonsortiums „VeWA“ gemeinsam mit internationalen Kolleg*innen Niederschlag und Flora Zentralasiens in der Zeit des Eozäns untersucht. In ihrer heute im Fachjournal „Nature Geoscience“ erschienenen Studie zeigen sie, dass in der Zeit vor 56 Millionen Jahren ein Anstieg von Treibhausgasen in der Atmosphäre zu einem abrupten Vegetationswechsel führte. Ziel der Forschenden ist es, aus den Warmzeiten der Erdgeschichte für die – vom globalen Klimawandel geprägte – Zukunft zu lernen.
Weite, baumlose Steppen prägen die heutige Landschaft Zentralasiens. Die spärlichen Niederschläge, die das asiatische Binnenland erreichen, stammen zumeist von den Monsunereignissen im Sommer oder den Westwinden der mittleren Breiten im Winter und Frühjahr. „Solche Graslandsteppen sind besonders anfällig für die Folgen von Temperatur- und Niederschlagsveränderungen – mit allen Konsequenzen für ihre Bewohner wie beispielsweise die Saiga-Antilope oder das vom Aussterben bedrohte Przewalski-Pferd“, erklärt Dr. Niels Meijer vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum (SBiK-F) und fährt fort: „Eine der großen Unwägbarkeiten des globalen Klimawandels ist, wie der asiatische Monsun und die von ihm geprägten Regionen in Zentralasien auf zukünftige Veränderungen des Klimas reagieren.“
Meijer hat gemeinsam mit einem internationalen Forschungsteam in seiner aktuellen Studie Vegetation und Niederschlagsmengen in Zentralasien während der Zeit des frühen Eozäns vor 57 bis 44 Millionen Jahren erforscht. „Wir möchten aus diesem besonderen Zeitabschnitt der Erdgeschichte Erkenntnisse für zukünftige extreme CO2-Szenarien ziehen. Nur wenn wir Klimaänderungen der Vergangenheit kennen und verstehen, können wir Vorhersagen für die Zukunft heutiger Ökosysteme verbessern“, erläutert Mit-Autor Prof. Dr. Andreas Mulch, SBiK-F und Goethe-Universität Frankfurt.
Um die damaligen Niederschlagsmuster zu rekonstruieren, nutzten die Forschenden einen neuartigen Ansatz, in dem sie fossile Pollen und Sporen sowie geochemische Daten aus fossilen Böden kombinierten. „In der von uns untersuchten Zeitspanne haben sich die Niederschläge – bedingt durch die höheren Temperaturen – vorübergehend verdoppelt und die regionale Steppe wurde durch eine Waldlandschaft ersetzt“, gibt Meijer die Ergebnisse wider und fügt hinzu: „Viel wichtiger aber: Wir konnten anhand geochemischer Daten zeigen, dass die Böden im Winter austrockneten, das heißt, dass die meisten Niederschläge entgegen der Erwartung während der Sommerzeit fielen – vergleichbar mit dem modernen Monsun.“
Die ungewöhnlich feuchte Zeit während des „Paläozän/Eozän-Temperaturmaximums“ führen die Wissenschaftler*innen auf eine weit landeinwärts gerichtete Ausdehnung von Niederschlägen – sogenannte Proto-Monsune – zurück. Die damalige globale Warmphase war mit einem stark erhöhten Eintrag von Treibhausgasen in die Erdatmosphäre und Weltmeere verbunden. Während dieser Zeit stieg die globale Temperatur innerhalb von wenigen tausend Jahren um durchschnittlich sechs Grad Celsius.
„Die aus dem Monsunklima resultierende abrupte Begrünung der zentralasiatischen Steppenwüste ermöglichte vermutlich auch die Ausbreitung von neuen Säugetierarten und könnte zudem eine Rolle bei den Rückkopplungen des globalen Kohlenstoffkreislaufs gespielt haben“ resümiert Meijer und schließt: „Unsere Arbeit liefert paläoklimatische Belege für eine abrupte und nichtlineare Reaktion der asiatischen Monsune auf extreme Treibhausbedingungen. Obwohl sich die Paläogeografie Asiens im Eozän deutlich von der heutigen unterschied, verdeutlichen die Daten das Potenzial für abrupte Veränderungen der zentralasiatischen Niederschläge und Ökosysteme bei einer künftigen globalen Erwärmung. Eine weitere Belastung für die heute schon durch anthropogene Landnutzung gefährdete zentralasiatische Steppe und ihre Flora und Fauna.“