Genetische Analysen identifizieren neue Giraffenarten. Giraffe ist nicht gleich Giraffe. Was wie eine Binsenweisheit klingt, war eine handfeste Überraschung nach intensiven Genvergleichen.
Giraffen kennt wohl jedes Kind, gehören sie mit ihren bis zu sechs Meter Körperhöhe doch zu den auffälligsten landlebenden Säugetieren und zu den Publikumslieblingen in jedem zoologischen Garten. In der Wissenschaft dagegen erfahren Giraffen erst in den letzten Jahren größere Aufmerksamkeit. Dies ist vor allem der Giraffe Conservation Foundation (GCF) zu verdanken, einer Organisation, die sich dem Schutz der Art verschrieben hat.
Schutz der Art? Lange Zeit ging man davon aus,dass es nur eine Giraffenart (Spezies) mit neun Unterarten (Subspezies) gibt, die von West- über Ost- bis nach Südafrika verbreitet sind. Diese Unterarten werden traditionell anhand ihrer Fellzeichnung, der fellüberzogenen Stirnzapfen sowie der geografischen Verbreitung beschrieben und klassifiziert. Um diese Einteilung zu überprüfen, nahmen GCF-Mitarbeiter mit Biopsiepfeilen Hunderte Gewebeproben von Individuen der verschiedenen Unterarten, die anschließend am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum genetisch untersucht wurden.
Verwandtschaftsverhältnisse gelüftet
Genetisches Material in Form von DNA findet sich bei Säugetieren nicht nur im Kern der Zellen, sondern auch in ihren Mitochondrien. Da mitochondriale DNA ausschließlich von den Müttern (maternal) weitergegeben wird, können die Unterarten eindeutig bestimmt werden. Bei den Analysen zeigte sich, dass die Thornicroft-Giraffe und die Massai-Giraffe sowie die Rothschild-Giraffe und die Nubische Giraffe genetisch identisch sind. Damit hatte sich die Zahl der Unterarten von neun auf sieben verringert. Mit dieser Methode werden die GCF und Senckenberg in den nächsten Jahren die Genotypen aller wesentlichen Giraffenpopulationen bestimmen, um Wiederansiedelungsprojekte wissenschaftlich zu begleiten und mehr über die tatsächliche Verbreitung der einzelnen Unterarten zu erfahren. In den ersten Untersuchungen zeigte sich zum Beispiel, dass die Angola-Giraffe weiter verbreitet ist als bisher angenommen.
Die Ergebnisse der Mitochondrien-DNA-Analysen warfen die Frage auf, ob sich ähnliche genetische Unterschiede auch im Kerngenom finden lassen. Und tatsächlich erbrachten die Untersuchungen kernkodierter Marker erstaunliche Neuigkeiten: Die sieben Unterarten teilen sich genetisch in vier Gruppen auf – mit großen Unterschieden (ähnlich wie bei Braun- und Polarbär). Aktuelle genetische Studien zeigen, dass es nur sehr begrenzten Genfluss zwischen den Gruppen gibt. Dieser liegt bei weniger als einer Hybridisierung pro Generation. Letzteres ist ein Indiz dafür, dass es sich bei den „Gruppen“ um Arten handelt, da die meisten Artdefinitionen von reproduktiver Isolation ausgehen. Es kommt zu keiner Vermischung des Genoms zwischen Arten.
Aufgrund unserer Befunde haben wir die vier neuen Giraffenarten zusammen mit dem Taxonomen Uwe Fritz vom Senckenberg-Standort Dresden beschrieben. Wenn man genau hinsieht, unterscheiden sich die vier Arten deutlich im Fellmuster, innerhalb der Unterarten dagegen sind die Unterschiede geringer. Berechnungen aus den genetische Daten ergeben, dass die Aufspaltung der Giraffenarten vor circa 1–2 Millionen Jahren stattfand und damit früher als die von Polar- und Braunbär. In einer Folgestudie werden wir die vollständigen Genome aller Unterarten sequenzieren, um mehr über Evolution und Genfluss der verschiedenen Giraffenarten und -unterarten zu erfahren. Bisher ist unklar, warum sich die vier Arten in freier Wildbahn offenbar nicht kreuzen. Irgendetwas hält sie getrennt. Zeitgleich wollen wir zusammen mit der GCF und weiteren Partnern in Kenia, wo sich drei der vier Arten geografisch nahekommen, intensiv nach Hybriden suchen. Wenn es keine gibt oder sie nur sehr selten zu finden sind, würde dies unserer Ergebnisse bestätigen.
Genetisches Wissen hilft, die Giraffen besser zu schützen
Die Ergebnisse der genetischen Analysen sind wichtig für den Schutz der Giraffen in Afrika. Der Giraffenbestand hat sich in den letzten 30 Jahren um 40 Prozent auf rund 100 000 Individuen reduziert. Dafür verantwortlich sind vor allem Lebensraumverlust und Wilderei. Die Weltnaturschutzorganisation IUCN hat die Giraffe aus diesem Grund (bisher noch als eine Art) Ende 2016 in der Roten Liste bedrohter Tierarten als „gefährdet“ eingestuft. Von den vier neuen Arten sind zwei weniger als 10 000 Individuen stark und damit ähnlich gefährdet wie das Spitzmaulnashorn, das mit circa 5000 Tieren als „vom Aussterben bedroht“ angesehen wird. Als Mitglied der IUCN Specialist Group wird sich Axel Janke dafür einsetzen, die einzelnen Arten besser zu schützen, damit unsere Kinder diese freundlichen Riesen auch in Zukunft noch in freier Wildbahn bestaunen können.
kam 2010 von der Universität Lund (Schweden) an das SBiK-F und die Frankfurter Goethe-Universität. Als Genetiker ist er an der Evolution von Wirbeltieren, insbesondere der von Säugetieren interessiert. Heute studieren er und sein Team unter anderem die Genetik von Artbildung unter Genfluss. Seit 2011 arbeitet Axel Janke zusammen mit der GCF an der Genetik von Giraffen, um deren Bio-diversität und Evolution besser zu verstehen und damit zum Schutz der Großsäuger beizutragen.
I am interested in the evolution of vertebrates in general, including marsupials, birds, almost every placental mammalian order, lizards, snakes, crocodiles and fishes. Besides reconstructing and dating their evolutionary tree, placing the events into larger contexts of e.g. biogeography, plate tectonics and climate is exciting. The increasing amount of genomic data show that evolution may not be a bifurcating process, but seeing it as a network will enhance our understanding of evolution. Currently – as of January 2017 – I am interested and working on the following topics for which PhD, master or project students are welcome: Giraffe Research
Mammalian phylogenomics (see D2.3)
Arctic adaptation (see D2.4)
Genomics and speciation (see D2.3)
Genomics and climate (environmental) change (see D2.4)
The basic divergences of crocodiles
The evolution of marsupials
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Bruno Lopes da Silva Ferrette, Raphael TF Coimbra, Sven Winter, Menno J De Jong, Samuel Mackey Williams, Rui Coelho, Daniela Rosa, Matheus Marcos Rotundo, Freddy Arocha, Bruno Leite Mourato, Fernando Fernandes Mendonça, Axel Janke (2023) Seascape genomics and mitogenomic phylogeography of the sailfish (Istiophorus platypterus) . Genome Biology and Evolution
Menno J de Jong, Aidin Niamir, Magnus Wolf, Andrew C Kitchener, Nicolas Lecomte, Ivan V Seryodkin, Steven R Fain, Snorre B Hagen, Urmas Saarma, Axel Janke (2023) Range-wide whole-genome resequencing of the brown bear reveals drivers of intraspecies divergence. Communications Biology 6 (1), 153
Magnus Wolf, Menno De Jong, Sverrir Daníel Halldórsson, Úlfur Árnason, Axel Janke (2022) Genomic Impact of Whaling in North Atlantic Fin Whales. Molecular biology and evolution 39 (5)
Raphael TF Coimbra, Sven Winter, Vikas Kumar, Klaus-Peter Koepfli, Rebecca M Gooley, Pavel Dobrynin, Julian Fennessy, Axel Janke (2021) Whole-genome analysis of giraffe supports four distinct species. Current Biology
Stefan Prost, Sven Winter, Jordi De Raad, Raphael TF Coimbra, Magnus Wolf, Maria A Nilsson, Malte Petersen, Deepak K Gupta, Tilman Schell, Fritjof Lammers, Axel Janke (2020) Education in the genomics era: Generating high-quality genome assemblies in university courses. Gigascience
Arnason, U., Lammers, F., Kumar, V., Nilsson, M.A. Janke A (2018) Whole-genome sequencing of the blue whale and other rorquals finds signatures for introgressive gene flow. Science Advances
Kumar, V., Lammers, F., Bidon, T., Pfenninger, M., Kolter, L., Nilsson, M.A. and Janke, A. (2017) The
evolutionary history of bears is characterized by gene flow across species. Scientific Reports
Fennessy, J., Bidon, T., Reuss, F., Kumar, V., Elkan, P., Nilsson, M.A., Vamberger, M., Fritz, U. and Janke, A. (2016) Multi-locus analyses reveal four giraffe species instead of one. Current Biology
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Arnason, U., Lammers, F., Kumar, V., Nilsson, M.A. Janke A (2018): Whole-genome sequencing of the blue whale and other rorquals finds signatures for introgressive gene flow. Science Advances.
studierte in Bonn und Wien Biologie mit Schwerpunkt Zoologie. Er beschäftigte sich unter anderem mit der Ökologie von Leopard, Brauner Hyäne und Schabrackenschakal in Namibia. Seit 2016 ist er Doktorand in der Arbeitsgruppe Evolutionäre Genomik. Sein Ziel ist es, die Evolution und Artbildung innerhalb der Giraffen genauer zu verstehen sowie Populationsstrukturen und Verbreitung verschiedener Giraffenpopulationen zu untersuchen.
I am interested in evolutionary biology and taxonomy of mammals. Since visiting Namibia for my Bachelor thesis I am fascinated of large African mammals. Currently, my research focuses on evolutionary genomics and population genetics of giraffe (Giraffa carmelopardalis). The aim is to identify structure and gene flow of wild giraffe populations based on mitochondrial and nuclear markers in order to examine the need for a taxonomic revision in giraffes.
CV Since 2016 PhD student at Biodiversity and Climate Reasearch Centre (BiK-F), Frankfurt am Main, Germany
Working group of Prof. Dr. Axel Janke
2016 Master of Science (Zoology) at University of Vienna, Austria.
Master thesis: „A molecular phylogeny and divergence times of the weevil tribe Apionini (Brentidae, Curculionoidea, Coleoptera“, Supervisor: Prof. Dr. Konrad Fiedler
2014 – 2016 Studies of biology at University of Vienna, Austria
Master degree course: Zoology
2013 Bachelor of Science at Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Germany
Bachelor thesis: „Beutespektren namibischer Prädatoren mit Schwerpunkt auf dem Leopard Panthera pardus auf Farmland in Namibia“ (Prey spectra of namibian predators with focus on leopard Panthera pardus on Farmland in Namibia), Supervisor: Dr. Renate van den Elzen
2010 – 2013 Studies of biology at Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Germany. Bachelor degree course: Biology