Die meisten Bergregenwälder in den Anden liegen wie Inseln in einer vom Menschen entwaldeten Landschaft.
Tiere pflanzen den Wald von morgen
Pflanzen benötigen Transportmittel für die Ausbreitung ihrer Samen. Dazu dienen Wind, Wasser oder Tiere, die Pflanzensamen aufnehmen und in der Landschaft verteilen. Vor allem in Wäldern übernehmen tierische Samenausbreiter eine sehr wichtige ökologische Funktion.
Die Dienstleistung der Samenausbreitung erbringen Tiere für Pflanzen keineswegs umsonst, denn Früchte und Samen sind für sie wichtige Nahrungsquellen. Pflanzen und Tiere profitieren daher von dieser mutualistischen Beziehung, die sich für beide Partner vorteilhaft auswirkt. In Wäldern sind viele Pflanzen auf die Ausbreitung durch Tiere angewiesen und ganze Waldökosysteme sind von diesen Tier-Pflanze-Interaktionen abhängig. Die Samenausbreitung durch Tiere und die Folgen des Klimawandels für diese wichtige Ökosystemfunktion werden von Senckenberg-Forschern an verschiedenen Orten untersucht.
Ameisen fördern Wiederbewaldung
In den bolivianischen Anden sind Wälder auf kleine Inseln in einer entwaldeten Landschaft zurückgedrängt. Senckenberg-Forscher untersuchen hier, welche Prozesse die Renaturierung der Bergregenwälder antreiben. Meist werden nur wenige Samen von Tieren aus dem Wald herausgetragen – und selbst die Samen, die das Offenland erreichen, haben schlechte Chancen zu keimen, denn sie sind nicht an Trockenstress angepasst. Dennoch beobachteten die Forscher, dass sich einige Baumkeimlinge auch fern des Waldes etablierten. Ein Experiment lieferte hierfür eine erstaunliche Erklärung. Ameisen verschleppten die von den Forschern ausgestreuten Samen und deponierten sie unter der schützenden Streuschicht – erst dort verzehrten die Ameisen den energiereichen Samenmantel. Dieser Effekt erhöhte die Etablierung der Pflanzen etwa um das Fünffache: Unter der schützenden Streuschicht fanden die Samen bessere Bedingungen für die Keimung und wurden seltener von Samenräubern gefressen. Langfristig fördern die Ameisen so die Wiederbewaldung der Anden.
Die Forscher streuten die leuchtend orangenen Samen von Clusia trochiformis aus und markierten sie mit kleinen Fähnchen, um sie später verfolgen zu können. Schon nach zwei Tagen hatten Ameisen mehr als die Hälfte der Samen verschleppt.
Die Forscher streuten die leuchtend orangenen Samen von Clusia trochiformis aus und markierten sie mit kleinen Fähnchen, um sie später verfolgen zu können. Schon nach zwei Tagen hatten Ameisen mehr als die Hälfte der Samen verschleppt.
Die Forscher streuten die leuchtend orangenen Samen von Clusia trochiformis aus und markierten sie mit kleinen Fähnchen, um sie später verfolgen zu können. Schon nach zwei Tagen hatten Ameisen mehr als die Hälfte der Samen verschleppt.
Hornvögel vernetzen Waldinseln
Auch die Wälder an der Ostküste Südafrikas liegen wie ein Flickenteppich in der Landschaft. Die Waldinseln sind oft mehrere Kilometer voneinander entfernt und nur wenige Tierarten breiten Samen über diese großen Distanzen aus. Durch die Kombination von Satellitentelemetrie und Computersimulationen wurden hier die Bewegungen der Trompeterhornvögel erforscht. Die Mobilität der Vögel war beachtlich: Sie trugen mehr als ein Viertel der gefressenen Samen aus einer Waldinsel heraus und die potenziellen Routen der Samenausbreitung umfassten eine Fläche von etwa 1500 km². Entscheidend für die Bewegungen der Vögel waren bestimmte Waldinseln, die als Knotenpunkte die einzelnen Wälder verknüpften. Ohne diese Trittsteine in der Landschaft könnten die Vögel und die von ihnen ausgebreiteten Samen viele Gebiete nicht mehr erreichen. Mobile Samenausbreiter können die Funktionalität eines fragmentierten Ökosystems auch für die Zukunft erhalten, aber nur dort, wo die fragmentierten Habitate ausreichend vernetzt sind.
„Gefiederte Förster“ in den Alpen
Die Samen der Zirbelkiefer stecken in einem Zapfen, der sich nicht von allein öffnet. Glücklicherweise gibt es den Tannenhäher, der mit seinem Schnabel die Zapfen aufhackt und sich von den Samen der Zirbelkiefer ernährt. Als Vorrat für den Winter vergräbt er die Samen im Boden und trägt somit zur Ausbreitung der Pflanze bei. Senckenberg-Forscher haben herausgefunden, dass der Tannenhäher dabei nicht uneigennützig vorgeht. Er versteckt die Samen meist an Stellen, die für die Keimung der Samen eher ungünstig sind. Aus der Sicht des Vogels ergibt sein Verhalten Sinn, denn Samen, die nicht keimen, sind länger haltbar und dadurch auch später noch als Futter verfügbar. Dass die Regeneration des Waldes in den Schweizer Alpen dennoch funktioniert, zeigen zahlreiche junge Zirbelkiefern, die nur aus Hähersaat entstanden sein können. Offensichtlich vergisst der Tannenhäher so manches Depot und sät so den Wald von morgen.
Autor*innen
PD Dr. Matthias Schleuning
erforscht am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) die mutualistischen Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen und Tieren. Sein größtes Interesse gilt der Bestäubung und Samenausbreitung durch Vögel in den Tropen. In seinen Forschungsprojekten untersucht er die gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen interagierenden Arten und möchte damit die Funktionen von Ökosystemen verstehen und für die Zukunft besser vorhersagen können.
I am fascinated by interactions between organisms, especially if they are mutually beneficial for both partners*. To understand the structure and function of ecological networks, I study species interactions in ecological communities along environmental gradients and across large spatial scales. My research uses trait-based approaches in combination with field studies, experiments and simulation models to predict the impacts of climate and land-use change on ecosystem functions and services. (*I usually become enthusiastic if one of the interaction partners has wings and a beak.)
Research
– Plant-animal interactions and ecological networks
– Functional diversity of ecological communities
– Biodiversity and ecosystem functioning
– Pollination and seed dispersal by animals
– Nature’s contributions to people
Methods
– Observational and experimental field studies
– Functional trait measurements
– Network analyses
– Trait-based analyses and models
Study areas
– Tropical Andes
– Tropical and subtropical Africa
– Germany
Barczyk, M.K., Acosta‐Rojas, D.C., Espinosa, C.I., Homeier, J., Tinoco, B.A., Velescu, A., Wilcke, W., Schleuning, M., Neuschulz, E. L. (2024). Environmental conditions differently shape leaf, seed and seedling trait composition between and within elevations of tropical montane forests. Oikos, e10421.
Bello, C., Schleuning, M. & Graham, C.H. (2023). Analyzing trophic ecosystem functions with the interaction functional space. Trends in Ecology & Evolution, 38, 424-434.
Bianco, G., Manning, P., Schleuning, M. (2024). A quantitative framework for identifying the role of individual species in Nature’s Contributions to People. Ecology Letters, 27, e14371.
Martins, L.P., Stouffer, D.B., Blendinger, P.G., Böhning-Gaese, K., Costa, J.M., Dehling, D.M., Donatti, C.I., Emer, C., Galetti, M., Heleno, R., Menezes, I., Morante-Filho, J.C., Muñoz, M.C., Neuschulz, E.L., Pizo, M.A., Quitián, M., Ruggera, R.A., Saavedra, F., Santillán, V., Schleuning, M., da Silva, L.P., da Silva, F.R., Tobias, J.A., Traveset, A., Vollstädt, M.G.R., Tylianakis, J.M. (2024). Birds optimize fruit size consumed near their geographic range limits. Science, 385, 331-336.
Schleuning, M., García, D., Tobias, J.A. (2023). Animal functional traits: Towards a trait‐based ecology for whole ecosystems. Functional Ecology, 37, 4-12.
leitet die Arbeitsgruppe Bewegungsökologie und Biodiversitätsschutz am BiK-F und der Goethe-Universität Frankfurt. Er erforscht Tierbewegungen, die oft durch zunehmend fragmentierte Landschaften gefährdet sind. Als Beispiel dienen ihm hierfür Fernwanderungen von Gazellen in den östlichen Steppen der Mongolei, soziales Lernen ziehender Kraniche in den USA oder die Bewegungen von Trompeterhornvögeln in den fragmentierten Landschaften Südafrikas.
From basic everyday foraging behaviors to extraordinary long-distance migrations: animal movements are important for species survival, ecosystem functioning, and biodiversity. My research bridges across theoretical and applied aspects of movement ecology, from the behavioral underpinnings and social interactions to ecosystem functions and macro-ecological patterns. I am particular interested in studying the exceptional challenges that an increasing human footprint poses for movements of wildlife, which ultimately leads to the question of human wildlife coexistence. To that end, I pursue an integrated social-ecological research program to better understand human wildlife interactions and develop sustainable conservation recommendations.
Tucker, M. , … , and T.Mueller. 2018. Moving in the Anthropocene: Global reductions in terrestrial mammalian movements. Science, 359, 466-469.
Bracis C. and T. Mueller. 2017. Memory, not just perception, plays an important role in terrestrial mammalian migration. Proceedings B, 284, 20170449.
Teitelbaum C.S., S. Converse, W. Fagan, K. Böhning-Gaese, R. B. O’Hara, A. Lacy, and T. Mueller. 2016. Experience drives innovation of new migration patterns of whooping cranes in response to global change. Nature Communications, 7,12793.
Teitelbaum C.S., W.F. Fagan, C.H. Fleming, G. Dressler, J.M. Calabrese, P. Leimgruber, and T. Mueller. 2015. How far to go? Determinants of migration distance in land mammals.Ecology Letters, 18, 545–552.
untersucht am BiK-F die Funktionen und Dienstleistungen von Vogelgemeinschaften. Sie interessiert sich insbesondere für Samenausbreitung durch Vögel entlang von Höhengradienten in Waldökosystemen der gemäßigten und tropischen Breiten. Ihre aktuelle Forschung beschäftigt sich mit den Beziehungen zwischen Tannenhäher und Zirbelkiefer in den Schweizer Alpen und mit frugivoren Vogelgemeinschaften in den Bergregenwäldern im Süden Ecuadors.
My research focusses on the interplay between plants and animals and their interactions with the abiotic and biotic environment. In particular, I study the dynamics of temperate and tropical forest ecosystems across elevational and land use gradients. In one of my research themes, I study the dispersal of seeds by animals, which is one of the key ecosystem services for natural forest restoration. I combine a diverse set of methods, ranging from field observations and experiments to molecular and meta-analytic approaches and advanced statistical modelling to project the response capacity of plants to land use and climate change.
In one of my projects, we examine seed dispersal pattern by nutcrackers (Nucifraga caryocatactes) along environmental gradients in alpine pine forests. We investigate, how seed deposition by nutcrackers and other biotic and abiotic drivers relate to the potential of Swiss stone pine seedlings (Pinus cembra) to establish.
DFG project NE 1863 2-2 “The role of intraspecific variation in seed dispersal, traits, and genetic diversity for the response capacity of plants to climate change”; PhD student Valentin Graf
In other projects in the tropical Andes, we study how abiotic and biotic filters affect the regeneration of plants of various life history traits across an elevational and disturbance gradient in Southern Ecuador. In Northern Ecuador, we study how seed dispersal networks (birds and rodents) reassemble across a forest disturbance gradient in the Chocó region.
DFG projects NE 1863 3-1 “Trait-dependent effects of biotic and abiotic filters on plant regeneration”, NE 1863 3-2 “Trait-dependent effects of abiotic and biotic filters on plant regeneration in mountain dry forest and mountain rain forest”; PhD students Maciej Barczyk, Lea Kerwer
DFG project NE 1863/4-1 “Seed dispersal by frugivorous birds, bats and rodents” PhD student Anna Rebello Landim