Messelfund: Schlange mit Luftröhrenerhaltung
Neu entdecktes Fossil wird beim Grubenfest am 27.08. präsentiert
Das Senckenberg-Grabungsteam hat innerhalb von vier Wochen im Juni und Juli über 800 Funde aus den 47 Millionen Jahre alten Ölschiefern der Grube Messel geborgen. Unter ihnen befindet sich auch ein spektakulär gut und nahezu vollständig überliefertes Schlangenfossil, dessen Luftröhre erhalten ist. Verschiedene Merkmale lassen darauf schließen, dass es sich bei dem etwa 40 Zentimeter langen Reptil vermutlich um ein Jungtier eines Pythons handelt. Die Schlange kann am Sonntag, den 27. August, während des ersten Messeler Grubenfests, bei dem sich alle am UNESCO Welterbe Grube Messel aktiven Institutionen beteiligen, im Rahmen einer Führung besichtigt werden.
Gemeinsam mit vier studentischen Grabungshelfer*innen hat das Senckenberg-Team vom 12. Juni bis 7. Juli in der ersten diesjährigen Grabungskampagne 820 neue Funde aus dem UNESCO Welterbe Grube Messel protokolliert. „Etwa 80 Prozent der neuen Fossilien sind Insekten und Pflanzen, die restlichen 20 Prozent setzen sich aus Wirbeltieren, hauptsächlich Fischen, aber auch unvollständigen Resten von drei Vögeln zusammen“, erläutert Grabungsleiterin Dr. Sonja Wedmann vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt.
Unter den zahlreichen und durch die besonderen geologischen Verhältnisse in der Grube Messel exzellent erhaltenen Fossilien befindet sich erneut ein besonderer Fund: Ein etwa 41 Zentimeter langes Jungtier einer Schlange. „Beim Aufspalten der Schieferplatten war erstmal nicht abzusehen, in welchem Zustand das Reptil ist – ob es sich beispielsweise nur um ein Stück Wirbelsäule handelt oder ob auch der Kopf oder der Schwanz des Tiers überliefert wurden. Unser Senckenberg-Präparator Bruno Behr hat dann die ‚grabungsfreie Zeit‘ genutzt und direkt angefangen, die Schlange zu präparieren. Seine überaus sorgfältige und gute – aktuell noch nicht abgeschlossene – Arbeit hat erst die Besonderheit des Fossils ans Tageslicht gebracht“, erzählt Wedmann.
So stellten die Senckenberger*innen nicht nur fest, dass die Schlange nahezu komplett erhalten wurde und sowohl Kopf als auch Schwanz vorhanden sind, Präparator Behr gelang es auch, die Luftröhre des Tiers freizulegen.
„Schlangen besitzen, wie andere Landwirbeltiere, Lungen. Die Form der Lungenflügel ist aber stark modifiziert: Die rechte Lunge ist viel größer als die linke, die sogar ganz fehlen kann. Zudem ist die Lunge schlauchförmig verlängert. Bei einem fünf Meter langen, rezenten Python wurde beispielsweise festgestellt, dass dessen rechte Lunge 40 Prozent der Körperlänge entsprach. Auf den Menschen übertragen würde das bedeuten, dass unsere Lunge so lang wie ein Arm ist!“, erklärt PD Dr. Krister Smith vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt. Entsprechend der Modifikationen der Lungen sei auch die Luftröhre bei Schlangen viel länger als beim Menschen und die Verzweigung in die beiden Bronchien weit nach hinten verlagert, so der Paläoherpetologe. Smith ergänzt: „An dem neu entdeckten Fossil kann man dies fantastisch beobachten, weil die Form und die Lage der Luftröhre perfekt durch schützende, gut erhaltene Knorpelringe gekennzeichnet sind. Die Erhaltung der Luftröhre ist einmalig für Messel!“
Die taxonomische Zugehörigkeit der kleinen Schlange ist bislang noch unklar. Bereits sichtbare Merkmale, wie das Vorhandensein von Zähnen am Zwischenkiefer, sprechen für eine Zuordnung dieses Jungtieres zu den Pythons. „Das Vorhandensein dieser Schlangengruppe in Messel konnten wir erst vor wenigen Jahren mit Messelopython freyi 2020 und Palaeopython schaali 2022 nachweisen. Es dürfte sich bei dem neuen Fund um eine noch unbekannte Art handeln – eine genauere Beurteilung können wir aber erst nach Abschluss der Präparation, insbesondere der noch im Gestein befindlichen Schädelseite, vornehmen“, so Smith.
Bereits am Sonntag (27. August) haben Besucher*innen des ersten Messeler Grubenfests am UNESCO Weltnaturerbe Grube Messel von 10 bis 17 Uhr Gelegenheit, sich das neue Schlangenfossil anzuschauen. Das Senckenberg-Grabungsteam ist vor Ort und kann im Rahmen von stündlich angebotenen Führungen besucht werden. Als Highlight wird auch die frisch entdeckte Schlange an der Grabungsstelle präsentiert.