Polymita picta

Voting für wundersame Weichtiere

Öffentliche Abstimmung zur „Molluske des Jahres 2022“

2021 war das Große Papierboot (Argonauta argo) der Gewinner – jetzt kandidieren fünf andere Weichtierarten in einer öffentlichen Abstimmung um den Titel „Molluske des Jahres 2022“. Sie wurden aus rund 50 Nominierungen aus aller Welt von einer Jury ausgewählt, die aus Wissenschaftler*innen des Senckenberg Naturmuseums Frankfurt, des LOEWE-Zentrums für Translationale Biodiversitätsgenomik (TBG) und der weltweiten Gesellschaft für Molluskenforschung (Unitas Malacolgica) besteht. Für die Gewinner-Art wird die gesamte Erbinformation entschlüsselt.

Kaum eine Gruppe von Lebewesen ist so vielfältig und artenreich wie die der Weichtiere (Mollusken), die nach den Gliederfüßern den zweitgrößten Tierstamm bilden. Doch so sehr sie sich auch in Größe, Form, Verhaltensweisen und bevorzugten Lebensräumen unterscheiden: Gemeinsam ist ihnen, dass sie weder Knochen noch Zähne haben und ihr Körper aus einem Kopf, einem „Fuß“ – einem starken Muskel zur Fortbewegung – und einem Sack für die Eingeweide besteht. Die meisten Arten leben im Wasser.

Obwohl Weichtiere sich bereits vor etwa 500 Millionen Jahren entwickelten, gehören sie vor allem aus genomischer Sicht immer noch zu den weitgehend unerforschten Tiergruppen. Viele Arten warten sogar noch auf ihre Entdeckung. Es fehlen auch viele Informationen, die dazu beitragen könnten, ihre evolutionäre Entwicklung, Verwandtschaftsbeziehungen, Anpassungsweisen und Verhaltensmuster zu verstehen. Während die Entschlüsselung des Erbguts von vielen anderen Tierstämmen auf Hochtouren läuft, gibt es bei den Mollusken nur wenige Arten, deren Genom vollständig sequenziert ist.

Hier setzt der internationale Wettbewerb „Molluske des Jahres“ an, den Wissenschaftler*innen des Senckenberg Naturmuseums, des LOEWE-Zentrums für Translationale Biodiversitätsgenomik (TBG) und der Unitas Malacologica, der weltweiten Gesellschaft für Molluskenforschung, Ende 2020 ins Leben gerufen haben. „Unser Ziel ist es, mehr Aufmerksamkeit auf Weichtiere zu lenken und sie bekannter zu machen“, erklärt Dr. Carola Greve, Laborleiterin am LOEWE-Zentrum TBG. „Im vergangenen Jahr waren wir sehr überrascht und erfreut, wie viele interessante und seltene Arten von Forscherinnen und Forschern, aber auch aus der Öffentlichkeit nominiert wurden. Nun sind wir auf den neuen Wettbewerb gespannt!“

Dr. Julia Sigwart, Sektionsleiterin der Abteilung Malakologie des Senckenberg Naturmuseums Frankfurt, betont: „Mit dem Projekt wollen wir die Forschung an unterschiedlichen Weichtierarten fördern. Die Analyse der Genome ermöglicht dabei wichtige Erkenntnisse zu ihrer Evolution und Anpassungsstrategien. Daher wird das gesamte Genom des Weichtiers, das den Wettbewerb gewinnt, über das LOEWE-Zentrum TBG sequenziert.“

Unter den fünf nominierten Arten sind drei Schneckenarten, eine Muschelart und ein Kahnfüßer. Die Schnecken werden durch den filigranen, transparenten Seeschmetterling (Cymbulia peronii), eine Sedimentschnecke mit kegelförmiger, gleichmäßig strukturierter Schale (Telescopium telescopium) und eine farbenfrohe, luftatmende Landschnecke (Polymita picta) vertreten. Zu den marinen Muscheln zählen schalenlose Schiffsbohrwürmer (Teredo navalis), die Holz verdauen und durch die Verarbeitung pflanzlicher Biomasse in den Ozeanen eine Schlüsselrolle im globalen Kohlenstoffkreislauf spielen. Der Kahnfüßer (Fustiaria rubescens) lebt im Meeresboden und erinnert mit seiner langen Gehäuseform an einen kleinen Elefantenzahn.

Die Abstimmung läuft bis zum 15. März 2022 auf der Webseite des LOEWE-Zentrums TBG.

Die „Molluske des Jahres 2022“ wird am 18. März 2022 bekannt gegeben.