Editorial

Liebe Mitglieder und Freund*innen von Senckenberg,

für diese Ausgabe unseres Wissenschaftsmagazins haben wir Neuland betreten: ein Dinosaurier-Bonebed in den Great Plains von Wyoming, USA. Lesen Sie, was unser Grabungs- und Bergungsteam alles erlebte, was die Wissenschaftler*innen bei den ersten Untersuchungen über unseren Protagonisten „Edmond“ herausfanden und wie unsere Ausstellungsmacher*innen dies in Szene setzen.

Dahingehend haben sie einen wahrlich großen Schritt getan: Sie verfrachteten das Bonebed, eine 20 Quadratmeter und gut einen halben Meter mächtige Sedimentschicht – 16 palettengroße Quader von jeweils eineinhalb Tonnen Gewicht – per Überseecontainer mit nach Frankfurt, um die Fossilien vor den Augen der Allgemeinheit auszugraben.

Viele Beteiligte haben Anteil daran, dass dieses schier unglaubliche Vorhaben Wirklichkeit werden konnte. Erstmals mit an Bord: National Geographic, die das Projekt exklusiv in Gelände und Labor begleitet hat und darüber online sowie in ihren Printmedien berichtet. Etliche Filme sind entstanden und auch diese NFM-Ausgabe profitiert von den faszinierenden Aufnahmen von Jonas Eiden und Janosch Boerckel. Als langjähriger Partner von Senckenberg ist das Wyoming Dinosaur Center mit dabei, dem wir das Bonebed verdanken. Sein Gründer Dr. Burkhard Pohl hat uns mit Rat und Tat unterstützt – als Ideengeber und beratend über die gesamte Projektlaufzeit, aber ebenso im Gelände beim Graben und sogar als Baggerfahrer! Ebenfalls wieder mit an Bord ist das Team des Frankfurter Kunstvereins um Franziska Nori, das sich zusammen mit der Künstler*innengruppe YRD. Works Gedanken zur Inszenierung der Dinograbung gemacht und ein Gebäude entwickelt hat, um unseren Museumsbesucher*innen ein intensives „Live“-Erlebnis zu garantieren. Unser besonderer Dank gilt der Lipoid Stiftung, allen voran Birgit und Herbert Rebmann, die uns als Förder*innen zum wiederholten Male zur Seite stehen und deren großzügige Unterstützung das Edmontosaurus-Projekt erst ermöglicht hat. Dass die Dinograbung in Frankfurt nun tatsächlich stattfinden kann, ist schon ein kleines Wunder und nicht zuletzt das Verdienst unseres Projektleiters und Paläontologen Philipe Havlik aus dem Stab Zentrale Museumsentwicklung.

Das Edmontosaurus-Projekt in Zahlen

Eigentlich lief alles nach Plan: die ersten Prospektionen, die Suche nach einem geeigneten Bonebed, dessen Freilegung und Bergung, der Transport nach Frankfurt, die Herstellung der Exponate und Schautafeln, der Bau der neuen Ausstellungshalle – alles steht bereit und die Fossilien warten nun darauf, freigelegt zu werden. Was wir nicht in der Hand hatten, ist das Auftreten der Corona-Pandemie, die nun weltweit das gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Leben aus dem Tritt gebracht hat. Hier müssen wir uns im Interesse der Gemeinschaft und von uns selbst in Geduld üben und solidarisch den Empfehlungen von Wissenschaft und Politik folgen. Doch das Warten hat nun ein Ende. Am 4. Juni 2020 ist es endlich so weit. Für den Ihren Besuch der Edmontosaurus-Ausstellung und Grabung geben wir Ihnen in dieser Online-Ausgabe unseres Wissenschaftsmagazins spannende Hintergrundinformationen zur Hand – schauen Sie damit unseren Ausstellungsmacher*innen und Forscher*innen über die Schulter!

Herzlichst, Ihr

Prof. Dr. Dr. h. c. Volker Mosbrugger
Generaldirektor und Herausgeber

Aus der Redaktion

Liebe Leser*innen,

aus den Laboren direkt ins Heft – so aktuell waren wir noch nie. Es ist in vielerlei Hinsicht eine außergewöhnliche Magazinausgabe, die Sie quasi in Echtzeit hinter die Kulissen von Forschungs- und Ausstellungsbetrieb führt.

Im November 2019 kamen wir erstmalig im kleinen Kreis zusammen, um mögliche Inhalte für ein „Edmontosaurus Spezial“ zu diskutieren, im Februar fand das erste Autor*innentreffen statt. Projektleiter Philipe Havlik gab Einblick in Bergung und Transport des Bonebeds und die nächsten Meilensteine bis hin zur Dinograbung in Frankfurt! Paläontologe Dieter Uhl nahm uns mit auf eine Zeitreise ins Jahr 1910, fasste zusammen, welche Forschungsergebnisse zu dem neuen Bonebed bereits vorlagen und was weiter geplant ist. Vielen von uns war bis dato nicht bewusst gewesen, was alles hinter diesem Vorhaben steckte, und groß war die Begeisterung. Wir gingen auseinander mit einem konkretisierten Seitenplan und einem um Dieter Uhl und Philipe Havlik erweiterten Redaktionsteam. Für die Printausgabe, die bereits am 15. April 2020 erschien, standen wir innerhalb der letzten vier Wochen eigentlich ständig im Austausch. Und da ein Wissenschaftsmagazin nicht zuletzt von seiner Gestaltung und seinen Bildern lebt, die wir auch für die Online-Ausgabe verwendet haben, soll der Einsatz von Layouter Daniel Carrascal – ebenfalls immer online und am Verschönern – sowie Senckenberg-Fotograf Sven Tränkner für die vielen gelungenen Aufnahmen nicht unerwähnt bleiben.

Die Arbeit an diesem Heft war überhaupt ziemlich aufregend, denn als es richtig losging, waren einige Funde noch nicht untersucht worden. Neben den Dinosaurierfossilien standen Bernstein, Holzkohle, fossile Pollen und die Überreste anderer Tierarten auf dem Prüfstand.

Die Reise durch Edmonds Urzeitreich war sehr lehrreich, der Stoff immer wieder fordernd, und auch die Strukturierung der Inhalte hat uns im Stab Kommunikation gemeinsam mit Katrin Böhning-Gaese, die bei Senckenberg die Schnittstelle „Wissenschaft & Gesellschaft“ verantwortet, und Andreas Mulch, der das Edmontosaurus-Projekt von wissenschaftlicher Seite betreut, bis zum Schluss in Atem gehalten. Das Ergebnis liegt nun vor Ihnen, es ist aber erst der Anfang der Erforschung von Edmontosaurus, und so dürfen wir alle gespannt sein, was die Dinograbung in Frankfurt nun zutage fördern wird. Forscher*innen leben tagtäglich in dieser Ungewissheit, das macht ihren Beruf so faszinierend – und damit auch den meinen immer wieder aufs Neue spannend und überraschend! Lassen auch Sie sich begeistern von den vielen Facetten der Forschungs- und Museumsarbeit in dieser Ausgabe!

Ihr

Thorsten Wenzel
Editor-in-Chief