Lieber Herr Mosbrugger,
in den 15 Jahren, in denen Sie Senckenberg geführt haben, war es mir immer eine besondere Freude, mit Ihnen zu arbeiten.
Senckenberg hat formidable Sammlungen, von den Dinosauriern bis zu der Boa mit ihrem Wasserschwein, die mich seit 80 Jahren fasziniert.
Ihr Fach ist die Ökologie über erdgeschichtliche Zeiträume, und so denken Sie in einem systemaren Blick aufs Ganze, in dem die Einzelstücke zu sprechen beginnen und den Blick auf Mensch, Natur und Kosmos öffnen.
Daraus hat sich Senckenbergs Wissenschaft in stupender Dynamik entwickelt. Die Zahl der Veröffentlichungen hat sich vervielfacht, und ihr Gewicht im weltweiten Gespräch der Forschung hat stärker zugenommen als bei irgendeinem anderen Institut.
Heute sind die Eingriffe des Menschen nicht mehr gering gegenüber den Gleichgewichten der Natur. Die Bedrohung durch den Klimawandel und die Gefährdung der Vielfalt der Arten, von Tieren und Pflanzen – das ist Ihr großes Thema.
Aus diesem Verständnis, Strategien zur Bewahrung der Schöpfung zu entwickeln, die Menschen dafür zu gewinnen, den Politikern zu raten, was zu tun sei: Das war der gute Geist, aus dem Sie Senckenberg geführt haben und dieser Geist hat unsere Wissenschaftler motiviert.
Senckenberg ist gewachsen. In Frankfurt in die alten Gebäude unserer Universität, in Deutschland durch die Einbeziehung starker Institute in mehreren Bundesländern.
Ihr Nachfolger Klement Tockner wird die Idee weiterführen und die hohe Kompetenz der Einzelinstitute weiter zusammenführen im Blick aufs Ganze.
So bin ich gespannt, was uns die kommenden Jahre bringen werden, an wissenschaftlicher Erkenntnis, an Rat für die Politik; und ich bin gespannt auf das, was sich aus Ihrer Idee eines neuen großen Museums entwickeln wird und aus Ihrem Ziel einer immer engeren Vernetzung Ihrer Wissenschaft in Europa und weltweit.
Senckenberg bleiben Sie verbunden über große Projekte, die Sie begonnen haben und die wir gemeinsam weiterführen werden. Aber zugleich brechen Sie auf in eine neue Zeit der Freiheit, und als Präsident unserer traditionsreichen Polytechnischen Gesellschaft in Frankfurt finden Sie eine große Aufgabe, die Ihre Kraft zur Vision ebenso fordert wie Ihre Erfahrung in der Umsetzung von Ideen.
Dazu wünsche ich Ihnen Freude und allen Erfolg. Unsere freundschaftliche Verbundenheit bleibt. Und ich freue mich auf unsere Gespräche in meinem Garten über das Fortschreiten der Wissenschaft, über die Kraft der Vernunft und über die Verantwortung aller Bürger für die Zukunft unserer Gesellschaft und unserer reichen Natur.
Herzlich, Ihr Heinz Riesenhuber