Flüsse und multimediale Exponate
Kooperation von Senckenberg und Mainova AG eröffnet außergewöhnliche Möglichkeiten
Für die neue Ausstellung „Flüsse“ konnte das Senckenberg Naturmuseum mit Unterstützung der Mainova AG neue Wege beschreiten. Zu den Highlights der Ausstellung zählen ein interaktiver Wasserkreislauf und ein begehbarer Wassertropfen. Sie werden neben anderen Mitmachstationen zunächst im Senckenberg-Museum und dann an öffentlichen Orten in und um Frankfurt zu sehen und zu erleben sein.
Flüsse sind Lebensadern. Schon jeher haben sich Menschen an Flüssen angesiedelt, sie als Quelle für Nahrung, Trink- sowie Brauchwasser und als Verkehrsweg genutzt, und viele Kulturen sprechen „ihrem“ Fluss eine religiöse Bedeutung zu. Durch die intensive Nutzung wächst der Druck auf die Fließgewässer – und auf ihre Lebensgemeinschaften.
Sorgenkind Fluss
Heute sind 90 Prozent aller Fließgewässer in Deutschland in keinem guten Zustand. Hohe Nährstoffbelastungen und der Umbau der Flussbetten haben dramatische Folgen für Lebensgemeinschaften im Wasser, die sich unter den völlig veränderten Rahmenbedingungen wandeln. Es entstehen Artengemeinschaften, die in den jeweiligen Naturräumen nicht vorkommen würden: alteingesessene Arten verschwinden, gebietsfremde finden gute Lebensbedingungen. In vielen Fällen kommen die ursprünglich heimischen Arten erst nach einer Renaturierung wieder zurück. Ein Beispiel dafür ist die Nidda.
Renaturierung reicht nicht aus
Nach ihrer Renaturierung bieten Flusslauf und direkte Umgebung wieder Lebensraum für Eisvogel, Barbe und Nase, den Fisch des Jahres 2020, aber auch für eine Vielzahl neu eingewanderter Arten. Das wissen wir aus Erhebungen der Wissenschaftler*innen am Senckenberg-Standort Gelnhausen. Sie gehen der Frage nach, warum trotz umfangreicher Renaturierungsmaßnahmen die naturraumtypischen Lebensgemeinschaften nicht wiederhergestellt werden konnten.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Ein weiteres Problem erwächst aus der höheren Attraktivität renaturierter Flüsse für den Menschen. Es macht Freude, sich am Ufer aufzuhalten, zu paddeln und zu baden, aber genau diese Aktivitäten können die Wiederansiedlung von Arten verzögern oder gar unterbinden – eine Gratwanderung zwischen Schutz und Nutzung, denn für die kostspieligen Renaturierungen braucht es auch das Verständnis der lokalen Bevölkerung.
Trinkwasser schmeckt regional
Flüsse bieten noch einen ganz wesentlichen Nutzen: Wir gewinnen Trinkwasser aus ihnen. Kann man die unterschiedliche Herkunft von Trinkwasser, also die Geologie des Wassers schmecken? Je nachdem wo man im Rhein-Main-Gebiet wohnt, kommt ganz unterschiedlich schmeckendes Trinkwasser aus der Leitung. Warum das so ist, kann man nicht nur in der Ausstellung sehen, sondern sogar im direkten Vergleich schmecken.
Begehbarer Wassertropfen
Highlight der Ausstellung ist ein begehbarer Wassertropfen. Besucher*innen können direkt in seinen Mikrokosmos eintauchen und lernen die im Wasser lebenden Mikroorganismen kennen, ihre Bewegungsabläufe, ihre ökologischen Funktionen und die Selbstreinigungskraft des Wassers. Das Ausstellungsstück wurde von Student*innen des Studiengangs Intermedia Design der Hochschule Trier entwickelt und wirkt wie ein Kunstwerk.
Wie Trinkwasser gebildet wird, kann man im „Regionalen Wasserkreislauf“ sehen. Das interaktive Exponat haben wir mit Unterstützung des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie entwickelt. An dieser Station können unsere Besucher*innen selbst in den Wasserkreislauf eingreifen, indem sie die Landnutzung verändern, etwa die Fläche in Südhessen größtenteils versiegeln, bewalden oder mit landwirtschaftlicher Fläche versehen – und sie bekommen die Auswirkungen ihres Handelns direkt vor Augen geführt.
Globale Dimension
Sauberes Wasser ist eines unserer wertvollsten Güter. Wie unterschiedlich die Ressource Wasser weltweit verteilt ist, kann man an einem interaktiven Exponat erfahren, das in Zusammenarbeit mit unserem Kooperationspartner, dem Fachbereich Geografie der Goethe-Universität Frankfurt, entstanden ist.
Die Ausstellung „Flüsse“ öffnet ihren Blick auf die großen Fließgewässer weltweit: auf Amazonas, Ganges, Nil und Rhein. Auch auf ihre Beziehung zum Menschen – ob als Treiber für die Industrie, als Flussgöttin, Hauptverkehrsader oder auch als Lebensader.